Auf dem Gelände einer hinduistischen Andachtsstätte aus dem 7. Jahrhundert wurde der buddhistische Ta Prohm Tempel errichtet. Vom alten Tempel (sicher ein Ziegelbau) sind keine Überreste zu sehen, nur die Kenntnis von einem alten Tempel hat überdauert. Der Ta Prohm Tempel (auch Tonle Bati, manchmal sogar Ta Keo Tempel oder genauer Ta Prohm in Ta Keo genannt) zählt zu den größeren Tempelbauten im Süden Kambodschas, die König Jayavarman VII. erbauen ließ. Das Bestreben der heutigen Khmer Verwechslungen mit dem Prasat Ta Prohm in Angkor auszuschließen, ist an Hand der detaillierten Namensgebungen unverkennbar. Der Aufbau vom Ta Prohm Tempel ist schnell erklärt: Eine hohe Laterit-Mauer (geschätzt 150x100m) umgibt einen rechteckigen Galeriebau (42x36m) mit vier Eingangstürmen, in dessen Mitte der zentrale Prasat seinen Standort hat. Symmetrische Anordnung der Mauern und Bauten zeichnet den Tempel aus, woraus sein harmonisches Erscheinungsbild resultiert. Auf der Ost-West-Achse stehen die äußeren und inneren Torbauten (Bild 1 & 2) und der kreuzförmige Zentral-Tempel. Auf der Nord-Süd-Achse stehen die inneren Galerie-Tore. In der äußeren Tempelmauer fehlen die Tore Nord und Süd. Ta Prohm ist folglich als Durchgangs-Tempel von Ost nach West konzipiert. Das Ost-Tor (Bild 1 & 1.1) ist im halbfertigen bzw. zerstörtem Zustand verblieben und wurde bislang noch nicht restauriert, es fehlen innen wie außen die üblichen Sandstein-Vorbauten. Am West-Gopuram ist innseitig ein Vorbau vorhanden, anhand dessen erahnt werden kann, wie einst die beiden äußeren Torbauten des Tempels ausgesehen haben müssen (Bild 2). Ursprünglich wurde der Durchgang im Torbau (Laterit) beidseitig mit Vorbauten verlängert, diese Vorbauten wurden von massiven Pfeilern und Traversen aus Sandstein getragen. Den sichtbaren Abschluss bildeten Reliefgiebel aus Sandstein. Auffällig ist ein am West-Gopuram eingefügtes Giebelfeld aus Lateritsteinen: in der Formgebung entspricht es den Sandstein-Tympana der Bayon-Periode. Außergewöhnlich sticht das zentrale Gottesbild aus dem Laterit-Giebel heraus: ein meditierender Buddha schaut auf die Besucher herab und zum Tempel hin (Bild 2). Eine solche Materialkombination aus Sandstein und Laterit wurde nach Ansicht des Autors während der Bayon-Ära an keinen Tympana angewandt. So wirksam und auffällig der Buddha-Giebel innseitig das westliche Tor (Bild 2) ziert, so fehl ist der Giebel an diesem Platz. Des Rätsels Lösung ist simpel: im östlichen inneren Tempelbereich, jeweils in der Nordost-Ecke bzw. in der Südost-Ecke, geradezu an die Galeriemauern gedrängt, stehen zwei baugleiche kleine Gebäude aus Laterit (Bild 2.5). Nennen wir sie, der Gewohnheit folgend, Bibliotheken. Diese Bauten wurden vollständig aus Lateritsteinen errichtet, auch die Giebel bestehen aus Laterit (Bild 3). Die Eingänge der Bibliotheken zeigen westlich zum Haupttempel, die Ost-Giebel zeigen in Richtung Galerie und fast unglaublich, aber wahr, diese Laterit-Giebel sind mit den oben beschriebenen Buddha-Reliefs verziert (Bild 2.3). Der Vergleich (Bild 2.2. & 2.3 & 2.4) bestätigt die These: ein Buddha-Relief, ursprünglich Giebel einer Bibliothek, wurde als Füllung für die fehlenden Sandstein-Reliefteile am Tympanum vom West-Gopuram verwendet. Bild 2.2 zeigt das ergänzte Tympanum und Bild 2.3 & Bild 2.4 zeigen die Buddha-Reliefs in ihrer Originalposition an einer der Laterit-Bibliotheken, wobei die mauerseitigen Ost-Giebelreliefs (Bild 2.3) im Format größer als die Giebelreliefs über den westlich orientierten Eingängen (Bild 2.4) sind. Was hier am Ta Prohm West-Gopuram (Bild 2.3) beeindruckend, weil einmalig erscheint, lässt sich mit Respekt und Wohlwollen nur als ansehnliches Ergebnis eines gutgemeinten Rekonstruktionsversuches bewerten, der aber keineswegs dem heutigen Erkenntnisstand der Archäologie nahekommt. Jede Khmer-Epoche, die allesamt kunsthistorisch weitestgehend erforscht sind, hat ihre jeweils typischen Stilmerkmale entwickelt, durch welche die verschiedenen Bauperioden kenntlich sind. Niemals wurde in der Khmer-Architektur und der Khmer-Kunst eine derartige Modulation angewandt. Die am Ost-Gopuram verbliebenen Sandsteinfragmente (Bild 2.7 – 2.11) ermöglichen zwar keine komplette Vorstellung vom Gesamtbild des Tympanums, doch die erkennbaren, nur unvollständig vorhandenen Motive, bestätigen abermals die Behauptung, dass die Giebelfelder an den Toren aus Sandstein gefertigt wurden und nicht aus Laterit, womit der suggerierte Eindruck endgültig entkräftet und die vorgetäuschte einzigartige Sandstein-Laterit-Mischung am ursprünglichen Tympanum des Ost-Gopurams auszuschließen ist. Die am Ost-Gopuram erhaltenen Naga-Makara-Endstücke bestätigen den Bayon-Stil, wie auch die Kapitelle der Pfeiler stilgerecht gefertigt wurden (Bild 2.2 & 2.6). Unabhängig von der als Fauxpas entlarvten und ad absurdum geführten Eigentümlichkeit ist auf zwei für die Stilepoche bemerkenswerte Besonderheiten hinzuweisen. Üblicherweise sitzen im unteren Bildregister eines Tympanums betende Männer in Reihe. Am Tympanum vom West-Gopuram (Bild 2.2 & 2.6) und am Fragment (Bild 2.7) sind die zum Gebet versammelten Männer durch aufrecht stehende grimmige Löwen ersetzt. Welche Hauptmotive das verlorene Tympanum schmückten, lässt sich nicht mehr bestimmen. Auf den Tympanum-Fragmenten (Bild 2.8 - 2.11) sind betende Menschen zu sehen. Dieses Motiv ist keineswegs absonderlich, doch ungewöhnlich ist die Gruppierung der Menschen in Doppelreihe. Hinter der vorderen Reihe der Betenden, drängt sich eine zweite Reihe Menschen, von denen nur die Köpfe sichtbar sind. Die Menschen aus der zweiten Reihe blicken den vorderen über die Schultern (Bild 2.8 & 2.11). Die zwei zueinander passenden Teilstücke bilden den Mittelteil vom zweiten Register eines Tympanums, deutlich sind noch die Füße einer stehenden Gottheit zu erkennen und weitere sitzende Personen neben der Gottheit sind anhand der Beinpartien zu ahnen (Bild 2.11). Ehe der überaus interessante Bildschmuck am Zentral-Tempel näher betrachtet wird, sollen einige Fotos eine ungefähre Vorstellung vom Tempel geben und seiner Einbindung in das Galerieensemble. Die nur teilweise begehbare vierseitige Galerie, vollständig mit Lateritsteinen erbaut, wird von Ecktürmen und Tor-Türmen gegliedert. Der kreuzförmige Sandstein-Tempel ist harmonisch in das Galeriegefüge integriert und nach drei Seiten hin offen. Westlich verbindet ein Lateritbau Zentraltempel und Galerie. Die Türme der Galerie wirken selbst wie Tempel, die Innenräume werden als solche genutzt. Im vierseitig zugänglichen Haupttempel wird eine Buddha-Statue verehrt, die angeblich aus dem 13. Jahrhundert stammen soll. Giebelfelder und etliche Türstürze sind in die Gebäudestruktur des Tempels integriert. Einige Türstürze stehen ebenerdig auf dem Boden, was ihre Begutachtung erleichtert. Der Fassadenschmuck entspricht den Prämissen der Bayon-Periode, jedoch nicht alle Türstürze gehören dieser Bauperiode an. Stilistisch lassen sich drei verschiedene Ausprägungen unterscheiden. Zum einen ist logischerweise der Bayon-Stil (Haupttempel & Bibliotheken) dominant, zum anderen befremden einige moderne Veränderungen am Haupttempel und zum dritten sind Lintel zu sehen, die aus früheren Stilepochen stammen müssen. Zwei der drei Tympana am Zentral-Prasat sind noch im Originalzustand (Bayon-Epoche) zu begutachten. Das Relief auf dem Nord-Tympanum (Bild 9) zeigt den Gott Vishnu, auf dem Süd-Tympanum (Bild 7) präsentiert sich ebenfalls Vishnu, jedoch in der Inkarnation als Buddha. Auf beiden Tympana ist die Anwesenheit des Asketen (Gott?) mit erhobenen Armen nicht zu übersehen. Die gestauchten Tympana am Turm zeigen im Regelfall, so auch hier, einen Buddha umgeben von betenden Männern (Bild 8). Scheinfenster als dekorative Zierelemente finden sich häufig in verschiedenen Größen variantenreich ausgeführt an Tempelfassaden. Die herabgelassenen Jalousien an den Ta Prohm-Scheinfenstern im Bayon-Stil sind mit hübschem Blütendekor versehen. Die geringe Fensterbreite erforderte die Engstellung der fein gedrechselten Säulen (Bild 10). Erläuterungen und Fotos zum Thema bietet der Artikel SCHEINFENSTER in diesem Blog, aufzurufen über den folgenden Link: https://www.angkor-temples-in-cambodia.com/schoumlnlein-blog/scheinfenster Das ursprüngliche Tympanum und der Türsturz über dem Tor vom Haupt-Tempel (Bild 11.2) haben sich verloren. Eingehende Vergleiche mit den anderen erhaltenen Tempel-Fassaden schließen mit hoher Wahrscheinlichkeit einen derart desolatem Zustand der Ost-Fassade aus, welcher die hier vorgenommene grundlegende Neugestaltung rechtfertigen würde. Wer die Verluste verursachte, sei dahingestellt, dennoch muss trotzdem die Ost-Fassade begutachtet werden. Der Eingangsbereich zum Tempel wurde in moderner Zeit mit prägnanten Veränderungen versehen. Jeder aufmerksame Besucher wird sofort die Neuerungen erkennen. Die Neugestaltung der Ost-Fassade geschah in äußerst freier Manier, ohne auf tradierte Dekorationsmuster Bezug zu nehmen. Dvarapalas (Tempelwächter) neben dem Eingang, darüber zwei Stupas, desweiteren ein Nirwana-Buddha auf dem Lintel, ein glückbringender Schirm über dem Buddha, sind durchaus legitime Motive und finden sich häufig an modernen neu erbauten Tempeln wieder, doch hier muten die Reliefs eher fremd, als überzeugend glaubhaft an. Die naiv geschnittenen Dvarapalas stehen im Kontrast zu dem liegenden Buddha. Der übergroße Umbrella (buddhistisches glückverheißendes Symbol) ist als Hingucker oder Blickfänger durchaus gelungen, doch deplaziert, wie auch die Stupas (übrigens realistisch dargestellt) auf den Pilastern. Einer der in Tempelnähe am Boden präsentierten Lintel muss über dem Ost-Eingang seinen Platz gehabt haben, an Hand der Abmessungen wäre der richtige Sturz zu finden gewesen. Schlimm sind die neun Vierkantlöcher über dem Eingang anzuschauen (Bild 11.2), in diesen Löchern steckten Balken, die ein Vordach trugen, solche Untaten vollbrachten frühere Nutzer, übrigens nicht nur am Ta Prohm Tempel. Die Lintel der kleinen Laterit-Gebäude im Ost-Bereich (Bild 2.4 & 2.5 (unter Vorbehalt Bibliotheken)) sind mit großer Wahrscheinlichkeit am originalem Platz verblieben, müssen folglich im späten 11. Jahrhundert entstanden sein (Bild 12 & 13), sind also dem Bayon-Stil zugehörig. Der Sturz am Süd-Gebäude ist mehrfach gebrochen (Bild 12), der vom Nord-Gebäude hat die Zeiten mit nur leichten Plessuren überstanden (Bild 13). Offenbar wurden in den willkürlich verursachten Vertiefungen Vordachbalken verankert. Die Motive beider Türstürze kontrastieren miteinander und passen doch zusammen. Hinduismus und Buddhismus begegnen sich. Der Lintel mit dem vierarmigen Vishnu (Bild 12) könnte auch als ein Buddha-Bildnis angesehen werden, an Lokeshvara wäre zu denken. Zwischen zwanzig betenden Männern, es könnten ursprünglich mehr gewesen sein, steht der Gott und präsentiert die Instrumente seiner Macht. Selten ist auszumachen, ob die Bildhauer bei den Nebenfiguren an einfache Menschen, an Asketen oder an Adepten dachten, in jedem Fall ist immer eine Gruppe Gleichgesinnter vereinigt und in den seltensten Fällen sind Frauen zugegen. Der desolate Sturz ist dennoch ein ansehnliches Beispiel für die ausgereifte Bildhauerkunst der späten Bayon-Periode. Der Türsturz der Nord-Bibliothek (Bild 13) übernimmt ohne schabloneske Muster nachzuahmen ein tradiertes Motiv, erweitert das Bild um eigenständige Bildelemente. Abgesehen von den drei Frauenfiguren ist nichts wirklich neu und doch alles irgendwie anders. Kala residiert in der unteren Bildmitte, das ist sein angestammter Platz, Löwen assistieren ihn. Jeweils am Bildrand erscheinen nochmals Löwen. Gerollt gewundene Blattranken symbolisieren die Nagas. Das florale Blattwerk umgibt Figuren, deren keine der anderen gleicht. Drei aufrecht hinter Kala stehende Frauen, deren Identität der Autor nicht zu deuten vermag, stützen ein Gebilde, welches sich weder als Thron noch als Lotos definieren lässt, eher ist an einen Berg zu denken, das wäre eine Anspielung auf den heiligen Berg Kailasha im Himalaya, die Götterwohnung schlechthin, auch die Heimstatt Shivas. Da uns Einsicht in göttliche Gefilde gewährt wird, muss das Frauentrio mindestens halbgöttlicher Abkunft sein. Der Kailasha wird in ganz Asien von Hindus, Buddhisten und Jain als Weltenberg Meru identifiziert. Der Tempel Angkor Wat wird als architektonische Nachbildung des mythischen Berges verstanden. Auf symmetrische Anordnung hat der Bildhauer bewusst verzichtet, das macht den lebendigen Reiz des Reliefs aus. Der Bildschmuck der Bibliotheken bietet gleichwertige Referenzen an die hinduistischen Großgötter Shiva und Vishnu, wobei Vishnus neunter Avatar als Buddha auch in Betracht zu ziehen ist, somit die Verbindungslinie zwischen den Religionen offenliegt. Auf mehrere Kuriosa gilt es noch hinzuweisen (Bild 13.1): Kala klammert die Löwen. Die Löwen greifen die Nagas, meist mit beiden Pranken. Anders hier, eine Pranke hält die Naga fest, die andere Pranke hält den eigenen Schwanz in die Höhe, als wäre diese Geste Ausdruck von Kraft und Würde. – In den pflanzlichen Gebilden verstecken sich mehrere Figuren, wohlbemerkt Männer und Frauen. Einige sind in sich selbst versunken, andere blicken aus dem Relief heraus auf den Betrachter herab, einer nähert sich verstohlen vom Blattwerk verborgen dem Gott (rechts neben Shiva zu sehen). – Sehr bedauerlich, die linke Seite vom Relief muss beschnitten worden sein (Bild 13). Rechts ist noch ein Außenrand zu ahnen, ein Rand (Bildrahmen), wie er unten noch vorhanden und oben teilweise zu ahnen ist. Dieser Zustand wäre allerdings ein starkes Indiz für die nachträgliche Einpassung des Lintel in die Bausubstanz der Bibliothek. Weitere aus den Tempelbauten entfernte sehenswerte Türstürze sind im Tempelhof aufgestellt. Die Türstürze I und II (Bild 14 und Bild 15) sind mit dem Türsturz (Bild 13) motivisch verwandt. Über Kala residiert der Gott, Löwen und Nagas vervollständigen das Ensemble. Der Türsturz I (Bild 14) wird vom mächtigen Kala und einem meditierenden Buddha dominiert. Die Pranken der vier Löwen befassen sich mit den Nagas. Diese Löwen haben, im Gegensatz zu den Löwen auf dem Türsturz II (Bild 15), keine Pranke frei, um den eigenen Schwanz hochzuhalten. Die flammenförmigen Blätter bergen betende Menschen, die sich Buddha zuwenden. In den gleichförmig verteilten Bohrungen müssen irgendwann Holzstangen gesteckt haben, diese Löcher bilden den einzigen Makel auf diesem Relief. Das Relief-Fragment Türsturz II (Bild 15) ist als Variante vom Türsturz I einzuschätzen. Kala, Löwen, Naga, Betende im Blattwerk und Buddha befinden sich vertrauter Anordnung versammelt. Die Ausnahme bilden die jeweils drei Figuren in den Ovalen der gerollten Nagas, zu sehen sind drei betende Menschen, wobei der mittlere (etwas größer hervorgehoben) auf einem Lotosthron sitzend wahrscheinlich meditiert. Das hübsche Ensemble könnte Buddha mit seinen Lieblingsschülern meinen. Welches Trio abgebildet bzw. konkret gemeint ist, bleibt offen, doch das Motiv muss zu den seltenen gezählt werden. Die Türstürze III und IV (Bild 16 und Bild 17) sind als Duo anzuschauen. Mit den bewegten Szenerien, die an Handlungsabläufe aus den Epen Ramayana oder Mahabharatha erinnern, haben die Bildhauer aus dem unerschöpflichen Brunnen indischer Mythologie geschöpft. Auf dem Türsturz III (Bild 16) vereinigen sich ohne Registertrennung Erde und Himmelswelt. Die Pferde und Elefanten inklusive deren Reiter und alle stehenden und knieenden Menschen verkörpern das reale Leben auf Erden. Die aufrecht stehende Gottheit (Göttin?) und der meditierende Buddha (Reliefmitte) flankiert von schwebenden weiblichen Wesen (Vidyadharis) vermitteln zwischen Erde und Himmel. Der obere Reliefbereich gibt eine Vorstellung himmlischer Sphären. Das Relief vom Türsturz IV (Bild 17) beschränkt sich auf die Wiedergabe einer Massenszene, die auf der Erde, also in der realen Welt stattfindet. An einem Menschenspalier fährt ein von zwei Pferden gezogener mit drei Personen besetzter Wagen vorbei: eine Parade, ein Triumpfzug? Allein die Darstellung, die epische Aussagekraft unterscheidet die Stürze III und IV von den Stürzen I und II. Die Stürze III und IV bilden somit eine eigenständige Reliefgruppe, die nicht unbedingt dem Bayon-Stil zugewiesen werden kann. Diese Lintel könnten älteren Ursprungs sein (Annahme unter Vorbehalt). Mit Bild 18 wird vermutlich das älteste Relief am Standort Ta Prohm gezeigt, es muss in einer früheren Stilepoche gefertigt worden sein. Das Motiv ist bekannt, keine Fehldeutung möglich: zu sehen ist der Mythos vom Quirlen des Milchozeans. Nicht nur das in der Höhe abweichende Format und der geradlinige Bildrahmen, sondern auch die völlig andere, statisch-statuarische, bewegungsarme Gestaltungsweise unterscheiden diesen Türsturz von allen anderen bisher vorgestellten Türstürzen. Das dezidiert hinduistische Motiv lässt sich in vielen Khmer-Tempeln verschiedener Stilepochen nachweisen, etwa großformatig und flächendeckend an einer Reliefwand des Angkor Wat oder räumlich ausgreifend an den Zugangsstegen zur Stadt Angkor Thom. Das hier gezeigte Milchozean-Relief unterscheidet sich deutlich von anderen tradierten Darstellungen dieses Motivs. Was im Milchozean geschah, weshalb Götter und Dämonen gegeneinander rangen, ist in der Mahabharata, dem Ramayana und anderen altindischen Schriften nachzulesen. Hindus gilt dieses Geschehen als der Schöpfungsmythos schlechthin, im Mittelpunkt des Geschehens agiert der Gott Vishnu. Interessierte Leser können den Artikel INMITTEN VON GÖTTERN TEIL 2, der Fotos zum Thema und eine nacherzählte Version vom Schöpfungsmythos bietet, über folgenden Link aufgerufen: https://www.angkor-temples-in-cambodia.com/schoumlnlein-blog/inmitten-von-gottern-teil-2 Als Abschluss der Ta Prohm-Betrachtung folgen drei Relieffotos ausgewählter Partien der Tempelaußenwände. Das harmonische Aufeinandertreffen verschiedener Bildelemente macht die faszinierende Wirkung der Wanddekorationen aus, die immer und überall unter religiösen Aspekten zu betrachten und zu bewerten sind. Jeder Besucher wird seine Lieblingsmotive auf den wunderbar verzierten Tempelwänden entdecken und vielleicht als digitale Erinnerung mit nach Hause nehmen. Touristenschwärme sind am Ta Prohm Tempel nicht zu erwarten. Einheimische werden sich über die westlichen Langnasen wundern, die ihren Tempel, den sie täglich pflegen, mit zunehmender Bewunderung ausgiebig besichtigen, dabei zahlreiche Tempel- und Detailansichten digital speichern. Nur Bilder halten fest, wie ein Gebäude aussieht, in welchem Zustand sich ein Relief befindet. Der Geist der Erinnerung vermag atmosphärische Wahrnehmungen aufnehmen und für gewisse Zeiträume speichern. Bilder und Worte können keinen Tempelbesuch ersetzen. Jede Beschreibung kann nur wenig mehr als Anregung und Empfehlung für eigene Aktionen sein. (Die Fotos entstanden am 15.2.2022) Fotos und Text: Günter Schönlein
Korrektur: Vanessa Jones
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Autor Günter Schönlein
Auf meinen bisher acht Reisen nach Kambodscha habe ich viele Khmer-Tempel photographisch dokumentiert. Mit Pheaks Hilfe suchte ich auch viele schwer zu findende entlegene Tempel auf. In diesem Blog möchte ich meine dabei erworbenen Eindrücke und Kenntnisse gerne anderen Kambodscha-Liebhabern als Anregungen zur Vor- oder Nachbereitung ihrer Reise zur Verfügung stellen. sortiert nach Themen:
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Der Blog enthält sowohl Erlebnis-Reiseberichte als auch reine Orts- und Tempel-Beschreibungen, siehe Kategorien "Persönliches" und "Sachliches" in der Liste von Tags oben, sowie eingestreute Beiträge zu anderen Reiseländern und Themen.
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