Der Schmuck der Stadt Battambang sind die zahllosen Klöster. Inzwischen kann die Stadt mit dem neu erbauten Provincial Museum aufwarten, in dem eine beachtliche Sammlung Khmer-Kunst gezeigt wird, doch gleichfalls sehenswert sind die Khmer-Tempel im Umfeld der Stadt. Bekannt sind der Phnom Ek Tempel und der Phnom Banan Tempel. Selten werden die Snoeng Tempel (East & West Snoeng Temple) von Touristen angesteuert und am Baset Tempel sind die Einheimischen meist unter sich. Nur 13km östlich von Battambang entfernt breitet sich das flache Tempelgelände aus. Die gut ausgebaute Zufahrtsstraße endet direkt am Tempel bzw. am benachbarten Kloster. Gesichert scheint die Bauzeit, einstimmig verkünden etliche Quellen als Auftraggeber den König Suryavarman I, der von 1002-1050 regierte. Nur sechs Jahre soll die Bauzeit betragen haben, in mehreren Artikeln und Reiseführern werden die Jahre 1036-1042 angegeben. Es muss also mindestens eine Steininschrift gefunden worden sein. Einige Tempelbauten, die bis heute Staunen und Gefallen auslösen, wurden durch den buddhistisch gesinnten, den Hinduismus gleichermaßen tolerierenden König veranlasst, so etwa der legendäre Felsentempel Prasat Preah Vihear im Dongrek Gebirge im heutigen Grenzgebiet zu Thailand oder der bekannte Phimeanakas Tempel innerhalb der Stadt Angkor Thom und nicht zu vergessen der nördlich von Battambang gelegene Ek Phnom Tempel. Es scheint kein Zufall zu sein, dass sich rund um Battambang, wie auf einem Gürtelstreifen mehrere namhafte Khmer-Tempel nachweisen lassen. Obwohl die vorhandenen Bausubstanzen kaum noch daran erinnern, muss der Baset Tempel zu den großen Angkor-Tempeln gezählt werden. Auf dem gut überschaubaren rechteckigen Ruinenfeld sind nur zwei Gebäude als Tempelbauten wahrnehmbar. Von wenigen Pfeilern und Türrahmen abgesehen liegen die verbliebenen steinernen Überreste der Tempelanlage flach am Boden. An allen Khmer-Tempeln im Großraum Battambang sind der natürliche Verfall und die mutwilligen Zerstörungen zu beklagen, doch am Baset Tempel sind die Schäden am deutlichsten sichtbar. Trotz der zaghaften, sicher wohlmeinenden Wiederaufbauversuche prägt sich ein Bild der Verwüstung ein. Das Hauptaugenmerk richtet sich verständlicherweise auf die Bausubstanz, welche noch am ehesten die Strukturen vertrauter Tempelbauten verraten. Zwischen dem länglichen und dem turmartigen Bau herrscht eine schwer zu deutende Diskrepanz, die Bauten passen schwerlich zueinander. Sowohl der Turm als auch das Langhaus werden als Einzelbauten erfasst, auch mit bestem Willen lässt sich kein Zusammenhang außer der örtlichen Nähe zwischen beiden Gebäuden erschließen. Der Prasat vom West Snoeng Tempel scheint das Baumuster für den Prasat vom Baset Tempel gewesen zu sein. Quadratisch im Grundriss entspricht der Turmaufbau manchem Tempel in Angkor. Abgesehen von den Türstürzen hinterlässt der Prasat den Eindruck gewollter Schlichtheit. Der Einsatz verschiedener Steinsorten bestätigt die Rekonstruktion des kleinen Prasat, für den an der gegenüber liegenden Seite kein Pendant vorhanden ist. Den unprofessionellen Wiederaufbau würden Fachkreise gewiss kritisieren, andererseits nutzen die Kambodschaner den östlich zugänglichen Turmbau als Tempel. Hier beten sie und legen ihre Opfergaben nieder. Erstaunlicherweise haben sich an dem Turm-Prasat alle vier Lintel erhalten, während die tragenden Säulen nur noch teilweise vorhanden sind. Der Prasat ist wahrhaftig kein Schmuckstück, doch die Türstürze verdienen die etwas eingehendere Betrachtung, zumal hier betreffs Bildinhalten ein in sich geschlossenes Konzept vorgelegen haben muss, denn auch die Türstürze vom Lang-Bau entsprechen der Bildgestaltung des Prasat, hier liegen offenbar inhaltlich religiöse Entsprechungen vor. Zwei Fertigungszustände offenbaren sich im Vergleich der Lintel (Bild 9 & Bild 10). Die Türstürze vom Turm-Prasat geben mehr oder weniger einen Grundentwurf vor, dessen Muster jedoch für alle weiteren Stürze am Baset Tempel maßgeblich und verbindlich zu sein schien. Der Endzustand ist an dem Lintel (Bild 11) hervorragend zu erkennen, der im Lang-Bau zu sehen ist. Nicht alle Türstürze sind am vorgesehenen Ort verblieben bzw. konnten ihrem ursprünglichen Platz zugeordnet werden. Einige Türstürze wurden nach Draußen verbracht und ebenerdig aufgestellt. Andere Türstürze sind zerbrochen oder schwer zugänglich. Wie auch immer der Zustand der jeweiligen Lintel sein mag, Kala, die personifizierte Zeit (oder Vergänglichkeit) ist auf allen Türstürzen das bestimmende Bildelement. Eine weitere motivbestimmende Dominante im Kontext Kalas ist der stets wiederkehrende gewunden dargestellte Naga, den Kala umklammert, frisst bzw. ausspeit. Der Lintel (Bild 12) befindet sich in einem weit fortgeschrittenen Fertigungszustand. Sämtliche Bildstrukturen liegen unabänderlich fest, sind aber noch nicht voneinander getrennt. Eigenwillige nur hier vorhandene perforierte Linien verbinden die einzelnen Bildelemente noch miteinander. Dem Lintel fehlt noch die endgültig vorgesehene Tiefe des Reliefs. Besonders flach erscheinen Kala und Indra auf Airavata, während der Naga beidseitig neben Kala schon ausgeprägt deutlich hervortritt. Eine zusätzliche, auf allen Türstürzen vorhandende vereinheitlichte Bildkomponente ist die Mandorla über Kala, in der die zu verehrende Gottheit abgebildet wird. In dieser immer gleichen, geflammten geometrischen Formschablone lassen sich die Götter Yama (Bild 11), Indra (Bild 12 & 14), Shiva (Bild 15 & 16) und sogar Brahma (Bild 13) identifizieren. Sehr selten auf Khmer-Türstürzen findet sich der auf der heiligen Gans reitende Gott Brahma, hier sind dem Gott drei Gänse zu Diensten, das ist ein Sonderfall, an sich wird der Urschöpfer Brahma mit drei Gesichtern dargestellt. (Ein ähnliches Brahma/Hamsa-Relief kann im unteren Ostbereich vom Pre Rup Tempel besichtigt werden.) Den leider zerbrochenen Lintel (Bild 14) schmückt das typische, in Angkor weit verbreitete Indra-Motiv. Der dreiköpfige Elefant Airavata macht den Gott untrüglich kenntlich. Anders gestaltet als auf den bisher vorgestellten Türstürzen ist der Bogenschwung des Naga. Während auf allen anderen Lintel der Naga sich doppelt windet, krümmt sich hier der Naga in nur einem rechtwinklig großen Bogen. Der in extremer Schräglage eingeklemmte Lintel (Bild 15 & 16) befindet sich im Bestzustand. Die fein gearbeiteten Bilddetails treten deutlich hervor. Besonderes Augenmerk sollte der Lintel-Mitte geschenkt werden. Die Gestaltung der Kala-Mandorla ist auf den Baset-Türstürzen ohnegleichen. Das gleichmäßig gewachsene Blattwerk und der geschwungene Rahmen betonen die Dominanz der Gottheit, bei der es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Shiva handeln wird. Zwei bedeutende Tympanum-Fragmente (Bild 17 & 18) werden wie auch einige Türstürze im Außenbereich der Tempelbauten präsentiert. Das markante Kala-Tympanum (Bild 17) muss ausdrücklich erwähnt und gezeigt werden: hier ist Kala sehr detailliert dargestellt, zu beachten sind die feinen Abbildungen der Hände, Finger und Arme, wie auch die typische Formgebung von Nase, Augen und Stirn. Es gelang dem Bildhauer eine Tiefenwirkung hervorzurufen, die das Kala-Antlitz trotz Frontansicht überzeugend modelliert. Außergewöhnlich ist das Nichtvorhandensein einer Gottheit über Kala. Dieses Tympanum wird allein von Kala beherrscht. Beachtung verdient die besondere Handhaltung Kalas. Auf allen bisher vorgestellten Türstürzen greifen Kalas Hände den Naga in der stets gleichen Manier: der Zugriff erfolgt immer von unten. Anders der Tympanum-Kala, er greift seine Beute von oben, wodurch die Handgelenke und Unterarme sichtbar werden. Anders verhält es sich mit den Tympanum-Fragment (Bild 18). Erhalten hat sich nur der untere Bildteil, und davon wiederum nur die Bildmitte mit Kala und die rechte Bildhälfte. Allein die Vergleiche der Tympanum-Kala-Darstellungen und der Lintel-Kala-Darstellungen kennzeichnen die differierenden Möglichkeiten der Bildhauer. Zwei Buckelstiere über Kala (Bild 18 links) verweisen auf Shiva. Da aber der obere Bildteil vom Tympanum fehlt, lässt sich diese Bestimmung nicht festschreiben. Wären mehrere Rinder und neben den Tieren noch Menschen zu sehen, könnte auch Krishna Govardhana (Vishnu) das Tympanum geziert haben. Die stämmigen Beinansätze erlauben diese Vermutung. Würde diese Annahme zutreffen, wären alle wichtigen männlichen (!) Gottheiten im Baset Tempel präsent. Als eine absolute Besonderheit müssen die zwei sitzenden Figuren in der rechten Bildhälfte betrachtet werden. Sie passen weder ins Bildkonzept noch ordnen sie sich stilistisch ein. Auf keinem Tympanum dieser Angkor-Periode sind derartige Figuren bzw. Figurengruppen nachweisbar. Motive auf Türstürzen und Tympana aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhundert zeigen keine Menschen in solch natürlich-naiver Darstellung. Weder betet noch ist dieses Paar in innerer Andacht versunken, beide scheinen einfach zu ruhen, wenn nicht gar zu schlafen. Anmutig lehnt das Paar aneinander. Wahrscheinlich wurden die zwei Sitzenden nachträglich auf die Freifläche des Tympanums verbracht. Sollte die Bildgestaltung original sein, blickten die Betrachter auf ein Unikat. Die Bildausschnitte 18.1 & 18.2 ermöglichen die genauere Betrachtung der ungewöhnlichen Menschengruppe. Bei der rechten, wahrscheinlich weiblichen Figur entspricht der tiefenentspannte Gesichtsausdruck nicht der ziemlich komplizierten Handhaltung. Die Hände umspannen die Beine in ungewollt seltsamer, anatomisch schwieriger Pose. Wesentlich bequemer ruht die linke Figur. Nach eingehenden Betrachtungen der Lintel und Tympana sollen Bilder vom und Erläuterungen zum Lang-Bau folgen. Beim ersten Blick auf das Tempelgebäude kommen Zweifel auf. Für Verunsicherung sorgen die nördlichen und südlichen Ein- bzw. Ausgänge. Erst nach intensiver Begutachtung der Baukonstruktion erschließt sich die Tempelarchitektur. Errichtet wurde das Tempel-Hauptgebäude auf der Ost-West-Mittelachse der Tempelanlage. Der Bau ruht auf einem soliden, schön verzierten Sandsteinfundament. Ein nicht mehr vorhandener Ost-Eingang (Mandapa) führte in den Tempel. An den verlorenen Mandapa reiht sich der Maha Mandapa (Langhaus, Halle) an. Die Überdachung ist nicht mehr vorhanden (Bild 19). Am Ende der großen Halle verbreitert sich das Tempelgebäude, hier befindet sich der nördliche und südliche Eingang bzw. Ausgang (Bild 20). Neben den Türen sorgt jeweils ein Fenster für Lichteinfall. Ein schmalerer Zwischenbau (Antarala), eine Art Vestibül (Bild 21) schließt die Verbindung zum Garbhagriha, dem völlig zerstörten Zentral-Tempel (Bild 22). Die Ruine, nichts als ein Berg Steine, ermöglicht keine konkrete Vorstellung, wie der zentrale Tempel aussah (Bild 22, 23, 24). Das originale Baumaterial ist vorhanden, einem Wiederaufbau stünde nichts im Wege. Doch fehlen wohl die Fachleute und die nötigen Mittel. Die Gesamtrestaurierung müsste mit der Anpassung/Abtragung des Bodenniveaus beginnen. Weitere Steinmaterialien kämen zum Vorschein. Zukünftig stehen die Archäologen vor spannenden Aufgaben. Längst sind nicht alle Mauern und Gebäudestrukturen der großflächigen Tempelanlage freigelegt (Bild 25 & 26). In den jedermann zugänglichen Reisehandbüchern finden sich keine ausführlichen Beschreibungen zum Baset Tempel, der mitunter auch als Barsaet Tempel erwähnt wird. Interessierte Besucher entdecken auf dem Tempelareal viele kunstvoll bearbeitete Sandsteinfragmente. Diese Steine sind beredtes Zeugnis für die einstige prachtvolle Ausstattung des Baset Tempels. Eine Auswahl an sehenswerten Fundstücken bieten die Bilder 27 – 36. Ein kurzer Artikel vom 16. Mai 2016 bestätigt stattgefundene Ausgrabungsarbeiten am Baset Tempel, ein Foto zeigt die Funde. Der folgende Link führt zum Artikel:
https://www.khmertimeskh.com/7348/ancient-statues-found-at-baset-temple/ Quellenangaben: Die Daten zur Bauzeit und die Lebensdaten von König Suryavarman I. wurden der Internetseite https://www.jayakiri.com/attractions/battambang/baset-temple.html entlehnt. Eine berichtigende Ergänzung zu diesem Artikel und zu Bild 18 findet sich hier... Fotos und Text: Günter Schönlein Korrektur: Vanessa Jones
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Nur wenige Touristen begeben sich auf den beschwerlichen Weg zum Prasat Bakan, bekannt auch als Prasat Preah Khan in Kampong Svay. Der Fahrtaufwand ist enorm. Die Strecken sind nicht geteert, auch nicht geschottert. Die Fahrer müssen ihr Fahrzeug durch kilometerlange löchrige Sandpisten manövrieren. Wer frühzeitig in Siem Reap aufbricht, erreicht entnervt, gerüttelt und geschüttelt mittags den Prasat Bakan. In der Hoffnung einige Dollars zu gewinnen, bietet sich vielleicht ein ortskundiger Führer an. Der Prasat Bakan ist sehenswert, ist einer der wirklich großen Khmer-Tempel. Seine Ausdehnung (äußerer Wassergraben) gleicht den Ausmaßen der Stadt Angkor Thom. Der abseitige Standort dieser bedeutenden Tempelanlage verhindert deren verdiente Popularität, die ihr gerechterweise zusteht. Die Besichtigungszeit für Tagestouristen aus Siem Reap ist knapp bemessen. Zieht man von den 12 Lichtstunden des Tages 2 x 4 Fahrstunden ab, dann bleiben zirka 3 - 4 Stunden für die Besichtigung der Tempelanlage. Auf Grund dieser Limitierung bleiben zwangsläufig wichtige Teile der riesigen Tempelanlage buchstäblich auf der Strecke, will heißen: ungesehen bzw. nicht besichtigt. Obwohl die Möglichkeit besteht, wird wahrscheinlich kein Besucher das Tempelgelände aus westlicher Richtung kommend betreten. Üblicherweise wird das Prasat Bakan-Gelände durch das Ost-Tor betreten. Der lange und breite Steg und das Tor erinnern durchaus an die Drei-Turm-Zugänge am Prasat Preah Khan in Angkor. Die Naga-Balustraden sind den Angkor-Kennern vertraut, doch die durchgängigen Hamsa-Reliefs an der Brücke sind an keinem weiteren Angkor-Tempel nachzuweisen. Die Reliefs sieht nur, wer die Brücke verlässt, wer an geeigneter Stelle in den verlandeten Wassergraben hinabsteigt. Die wenigen Autoren, welche die Reliefs begutachtet haben, sprechen einstimmig von Hamsa-Reliefs. Das mag stimmen. Tatsächlich klammert jeder der Vögel mit Krallenfüßen zwei sich aufbäumende Schlangen, doch mythengerecht kämpft kein Hamsa, sondern Garuda gegen die Naga. Die ewige Feindschaft zwischen Garuda und den Naga war den Khmern vertraut und fand seine bildhafte Umsetzung beispielsweise an der Außenmauer vom Preah Khan Tempel in Angkor: die zahlreichen übergroßen Garuda-Statuen klammern jeweils zwei Schlangen. Heilige Gänse (Hamsa) sind als Naga-Jäger nicht bekannt, aber der Gott Brahma nutzt eine Hamsa als sein angestammtes Reittier. Lotospflanzen und Lotosblüten sind allerdings im Kontext von Hamsa-Reliefs oftmals nachzuweisen (Bild 2). Hamsa und Lotos, beide weiß, symbolisieren die Reinheit. Am Bakan-Relief ist offenbar eine Verquickung zweier Bildmotive zu verzeichnen: Hamsa und Garuda. (Bilder und Ausführungen zu diesem speziellen Thema finden sich im Artikel HAMSA in diesem Blog.) Nördlich vom Mittelweg (Ost-West-Achse), welcher direkt zum Haupt-Tempel führt, steht ein typisches Khmer-Gebäude, ein Dharmasala, im Google Maps Kartensystem als Kat Tempel eingezeichnet. Nur 250m gegenüber (südlich vom Mittelweg) steht der kleine, aber durchaus ansehnliche Kat Kdei Tempel, diese Tempelanlage achtlos buchstäblich auf der Seite liegen zu lassen, wäre nach langer anstrengender Fahrt wahrhaftig eine Unterlassungssünde. Mittels einer Lateritmauer ist ein rechteckiges Areal abgegrenzt. Auf diesem mauergerahmten Hof stehen zentral platziert zwei unterschiedliche Prasat (Türme). In Kambodscha haben sich einige Tempelanlagen ähnlicher Bauart und vergleichbarer Größenordnung erhalten, doch keine befindet sich auf dem Gelände einer größeren Tempelanlage. Vertraut man auf die Namensverwandtschaft von Kat Tempel und Kat Kdei Tempel, möchte man den Schluss ziehen, beide Tempel gehören zusammen, bilden ein Paar und stehen an ihren fixierten Plätzen, um exakt der gewohnten Khmer-Symmetrie zu genügen. Dem ist nicht so, der Sachverhalt lagert schlichtweg anders. Erstens wurden die Tempel nicht in gleicher Entfernung von der Mittelachse errichtet, zweitens sind die Tempel mitnichten vergleichbar und drittens wurden die Tempel zu verschiedenen Zeiten erbaut. Dharmasala wurden nach einem vorgeschriebenen Baumuster an den Hauptmagistralen im Khmer-Reich während der Regierungszeit von Jayavarman VII. erbaut, dieser König gilt gemeinhin als Auftraggeber für die Dharmasala. Etwa ein Dutzend dieser Rasthäuser (Vahnigriha, mitunter auch als Feuerhäuser bezeichnet) lassen sich auf dem Gebiet des heutigen Kambodscha nachweisen. Jayavarman VII. regierte von 1181 – 1215, folglich kann das Gebäude (Kat Tempel) frühestens im späten 12. wenn nicht gar erst im frühen 13. Jahrhundert erbaut worden sein. Das vermeintliche Gegenstück, der Kat Kdei Tempel muss während der Frühzeit des Prasat Bakan erbaut worden sein. Suryavarman I. lebte von 1001 – 1050, ihm wird die Gründung von Prasat Bakan zugeschrieben. Angeblich setzte Suryavarman II. (1113 – 1150) die Bauaktivitäten fort, ehe Jayavarman VII. (1181 – 1215) einige Jahre im Bakan Tempel verbrachte und der Tempelanlage baustilistisch den Stempel seiner Zeit aufdrückte. Die meisten der Tempelbauten im inneren Bereich entsprechen dem Bayon-Stil. Der Kat Kdei Tempel passt jedoch stilistisch nur in die Gründungszeit der Tempelanlage, das aber ist lediglich die bescheidene Meinung des Autors. (Weitere Informationen zu Dharmasala können im Artikel DHARMASALA – VAHNIGRIHA in diesem Blog abgerufen werden.) Die Anordnung der Tore in der Außenmauer ist ungewöhnlich. Selten zu sehen ist ein nördlich orientierter Gopuram (Bild 3 & 6), doch dieses Tor war der Haupteingang in die Tempelanlage. Etwas seitlich versetzt ist ein kleineres Tor in die südliche Mauer integriert (Bild 7). Die Größe der Tore unterscheidet sich erheblich. Vom Nord-Tor haben sich nur außen und innen lagernde Steinmassen erhalten, doch die vorhandenen Materialmengen (Laterit und Sandstein) lassen auf einen opulenten Torbau schließen (nochmals Bild 3 & 6). Das Süd-Tor (Ausgang) bestand vermutlich nur aus schlichten Sandsteinbauteilen, die ein bescheidener Laterit-Überbau umschloss (Bild 7 & 8). Zwei ungleiche Bauten bestimmen das zentrale Erscheinungsbild der Kat Kdei Tempelanlage. Dicht aneinander gerückt mit einem Zwischenbau verbunden stehen ein Sandstein- und ein Laterit-Bau. Der fensterlose mit drei Scheintüren versehene quadratische wuchtige schmucklose Sandstein-Turm muss als der ursprüngliche Tempel angesehen werden. Der östliche Vorbau, ebenfalls aus Sandstein, funktionierte vormals als Eingangsbereich. Östliche Tempelausrichtungen sind sozusagen verpflichtend an Khmer-Tempelbauten. Der östlich angesetzte rechteckige Lateritbau entspricht keineswegs den Konzeptionen früher Khmer-Tempel und passt auch nicht in die Schablonen westlich geprägter ästhetischer Vorstellungen und schon gar nicht zum Sandstein-Tempel, was nicht ausschließt, dass der Bau als südliches Pendant zum nördlichen Kat Tempel konzipiert worden ist. Ein dem Lateritbau vergleichbarer Tempel kann im Angkor-Gebiet besichtigt werden, gemeint ist der Prasat Sampeau: dieser ebenfalls aus Laterit errichtete Dharmasala geht auf die Rechnung von Jayavarman VII. und gleich ist nicht nur der Baustoff, sondern ähnlich auch die innere Formgebung. Der umgedrehte Schiffsrumpf (Bild 11) ist ein typisches Merkmal der Dharmasala-Bauten aus dieser Ära. Ein weiteres Beispiel für diese Bauweise steht (allerdings mächtig verfallen) außerhalb nahe der Nordwest-Ecke vom Preah Khan Tempel in Angkor, die Rede ist vom Laterit-Dharmasala Prasat Phitu (nicht zu verwechseln mit Prasat Preah Pithu in Angkor Thom). Auf Grund dieser Erkenntnisse ist die Schlussfolgerung möglich, der Laterit-Bau sei jüngeren Ursprungs als der benachbarte Sandstein-Tempel. Doch auch jede andere Deutung ist erlaubt, etwa die: der Lateritbau stand zuerst, ihm sollte ein Tempel gegenüber gestellt werden. Der zuerst vorhandene Laterit-Bau und der später errichtete Sandstein-Tempel verbanden sich zum ungewöhnlichen Komplex: Dharmasala und Tempel als Gebäudeeinheit (Bild 3 & 9). Auch der Sandsteinbau kann mit ähnlichen Tempelbauten im Kerngebiet von Angkor verglichen werden, zu denken ist an den West Prasat Top, östlich vom Ta Keo Tempel gelegen. Beide Innenräume (Bild 10 & 11) wurden mit großer Sorgfalt gebaut. Das äußerste Maß an Akkuratesse bei der Raumgestaltung ist trotz Verfall noch heute sehr gut zu erkennen. Überreste von Sakraleinrichtungen sind in den Zentralbereichen der kleinen Tempel nicht nachweisbar. Keinerlei Spuren deuten auf eine vormalige religiöse Nutzung hin, so bleiben nur verschwommene Ahnungen. Aufmerksamen Besuchern wird die zweispaltige Inschrift (Bild 12) an einem Türpfeiler auffallen. Am Ort oder auch später darf gerätselt werden, ob sich der Schreiber in Khmer oder in Sanskrit mitteilte. Aufschlussreich und hochinteressant wäre außerdem der Inhalt der steinernen Botschaft. Inschriften dieser Art sind die einzigen schriftlichen Hinterlassenschaften der Khmer. Keineswegs zielen die Ausführungen auf eine Überbewertung eines unbekannten Tempels, doch auch dem unvoreingenommensten Leser wird die nebelhafte Forschungslage am Bakan Tempel aufscheinen. Der Artikel gibt lediglich einige Anstöße für eine umfassendere Besichtigung des Prasat Bakan, über deren Relevanz gestritten werden darf.
Abschließend folgen noch Hinweise für außergewöhnliche Exkursionen. Erwähnt wurde, dass der Prasat Bakan auch von Westen her zugänglich sei. Wer diesen Weg wählt, kommt auf der alten Khmer-Route aus Richtung Beng Mealea, fährt südöstlich weiter, überquert die Ta Aok Brücke (übrigens eine sehenswerte Khmer-Brücke), folgt der Straße in östlicher Richtung weiter bis Kvav Market, in dessen Umfeld sich drei Tempel finden: Ta En Tempel, Pram Tempel und Prasat Sralao Tung, etwa 5km nordwestlich versteckt sich noch der Lobaek Tempel im Wald. 5km in südlicher Richtung steht der Preah Theat Tempel. Weiter in östlicher Richtung setzt sich die Straße als nicht befestigter Waldweg fort. Ehe der westliche Graben vom Prasat Bakan erreicht wird, liegen der Phnom Bantheay Tempel, der South Sopheab Tempel und der Aur Tuk Haub Tempel am Weg. Hinter dem äußeren westlichen Wassergraben liegen die Ruinen vom South Chheuteal Tempel, Koh Kokir Tempel, Wat Koki Tempel, Trapeang Angkong Tempel, Chheu Teal Toch Tempel, Prasat Cham und Aur Chheuteal Thom Tempel. Wer sich östlich dem Haupttempel nähert, könnte den Prasat Damrei, den Mebon Tempel und den Preah Stung Tempel besichtigen. Nordöstlich im inneren Tempelbezirk steht noch der Boeng Sre Tempel. Die Besichtigung der vorhandenen kleineren Tempel auf dem relativ überschaubaren Gebiet erfordert mindestens einen Tag, zumal längere Fußwege zu bewältigen sind. Genauere Wegverläufe sind dem Google Kartenwerk zu entnehmen. Die Aufzählung der unbekannten Tempel soll lediglich zu speziellen Unternehmungen anregen und ganz nebenbei die Bedeutung der Tempelstadt Bakan hervorheben. Wer in dieser Region unterwegs ist, betritt geschichtsträchtigen Boden. Hinweise: Der eingangs beklagte Streckenzustand könnte sich binnen mehrerer Jahre verbessert haben. Der hier vorgelegte Bericht bezieht sich auf eine Besichtigung im Januar 2016. Zu danken ist unserem wackeren, niemals missgelaunten Fahrer Sopheak Raksar, der noch ganz nebenher in der steinernen Inschrift (Bild 12) eine Sanskrit-Botschaft erkannte. Foto und Text: Günter Schönlein Fotos 6 & 9: Vanessa Jones Korrektur: Vanessa Jones Selten besucht wird der nördlich von Angkor Chum nur 63km von Siem Reap entfernte beachtenswerte Preah Phnom Tempel. Scheinbar auf einer geringen Anhöhe stehen fünf Ziegel-Prasat eng beieinander. Das Wort PHNOM im Tempelnamen verheißt zu Unrecht einen Berg, der Preah Phnom Tempel ist kein Berg-Tempel. Die wenigen wirklichen Berg-Tempel im Angkor-Gebiet lassen sich an einer Hand abzählen: Phnom Krom, Phnom Bok, Phnom Bakheng und Phnom Dei (östlich vom Prasat Banteay Srei). Alle weiteren bekannten Berg-Tempel fallen in die Rubrik der künstlich errichteten Tempel-Berge (Tempel-Pyramiden). Die Kategorisierungen Berg-Tempel bzw. Tempel-Berg sind wichtig, treffen aber auf den Preah Phnom Tempel nicht zu. Die Südansicht der Tempelanlage vermittelt tatsächlich auf den ersten Blick den Eindruck einer geringfügigen Erhebung. Der zweite Blick verrät die wirkliche Sachlage. Rechts im Bild sind die Konturen einer Plinthe zu erkennen. Die in zwei Reihen angeordneten fünf Prasat ruhen auf einem gemeinsamen Sockel. Wie deutlich zu erkennen ist, sind die zwei Prasat der hinteren Reihe fast eingestürzt. Was optisch eine Erhebung vortäuscht, sind die Anhäufungen herabgefallener Ziegel und vom Wind angewehter Sand. Auch die Ostansicht der Tempelanlage erweckt auf Grund der Ziegelansammlungen nochmals die unrealistische Assoziation einer Erhebung. Hinter den drei Türmen der vorderen Reihe verstecken sich die zwei Türme der hinteren Reihe, ohne völlig verdeckt zu sein. Die Stellung der fünf Türme zueinander entspricht einer stilvollen Harmonie der Gesamtansicht. Grundlegende Baukonzepte schienen festgeschrieben zu sein. Waren es drei Türme, mussten diese nebeneinander in Reihe gebaut werden, wobei der mittlere Turm etwas höher als die flankierenden Seitentürme zu sein hatte, (Beispiele: Prasat Prei Monti in Roluos, Prasat Bei, südlich von Angkor Thom/nördlich vom Phnom Bakheng, Bat Chum Tempel und der Kutisvara Tempel). Ein einziger Tempel in Angkor kann mit fünf Ziegel-Türmen in Reihe aufwarten, die Rede ist vom Prasat Kravan. Mehrfach wurde von den Khmer-Baumeistern bei dem Fünf-Turm-Konzept das Gliederungskonzept drei vor zwei Ziegeltürmen realisiert. Im Kerngebiet von Angkor (Großraum Siem Reap) kann eine solche ästhetisch ausgefeilte Aufstellung von fünf Prasat nur in Roluos (Preah Ko Tempel) nachgewiesen werden. Weitere Beispiele sind der Pram Tempel, der abseits vom Hauptweg südwestlich von Ko Ker steht (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Tempel in Ko Ker) sowie der hier vorgestellte Preah Phnom Tempel. Abgesehen vom prächtigen Preah Ko Tempel in Roluos, der schon im 9. Jahrhundert erbaut wurde, sind alle erwähnten Tempel im 10. Jahrhundert errichtet worden, so auch der hier begutachtete Preah Phnom Tempel. Die Prasat der zweiten Reihe müssen als Ruinen eingestuft werden. Vom nördlichen Prasat stehen keine der Wände noch in Gänze aufrecht. Das Dach ist in sich zusammengebrochen und füllt den Bau. Der südliche Prasat macht noch einen recht passablen Eindruck. Vier Wände, Teile des Daches und der Eingang fügen sich noch zu einem Turm. Das Bild vom Eingang zeigt erschreckende Verluste. Die Stufen und der Zugang sind teilweise verschüttet. Beide Türsäulen, die den Türsturz trugen, fehlen. Der Lintel ist bis auf wenige Partien geschliffen. Natürliche Verwitterung schaut anders aus. Hier ist das Werk unvernünftiger Menschen zu begutachten. Die erhaltenen Bildpassagen vom Türsturz belegen die florale Gestaltung des Reliefs, auf eine bestimmte Gottheit kann nicht mehr geschlossen werden. Gut zu erkennen ist die weit vorstehende Überdachung des Lintel. Die schmale Platte über dem Lintel ist mit einem Zier-Fries betender Männer bedeckt. Eine Lotos-Kante schließt den Lintel unten ab, dieses Lotos-Motiv ist in Angkor weit verbreitet und hat sich in zahlreichen Variationen über mehrere Stilepochen hinweg behaupten können. Die regelmäßige Lotos-Bordüre ist auch an den Türstürzen der vorderen Prasat vorhanden. Leider sind auch die Lintel der drei vorderen Prasat versehrt, um nicht zu sagen stark beschädigt. An allen vorderen Türmen fehlen die Türsäulen. Das Fragment einer Säulenbasis ermöglicht die Ahnung der vormals schmucken Säulen. In eleganter Schlichtheit sind die Türrahmen gestaltet, betreffs der Türrahmen sind keine Unterschiede zwischen hinterer und vorderer Prasat-Reihe festzustellen. Die fünf Ziegel-Türme gleichen sich in der Bauweise. Alle Eingänge sind östlich ausgerichtet, die jeweils drei verbleibenden Wände sind mit Scheintüren ausgestattet. Die Pilaster (Pfeiler) neben den Eingängen und den Scheintüren sind durchgängig gemauert, wie auch die umlaufenden unteren und oberen Gesimse mit gerundeten Ziegelsteinen gestaltet sind. Die formvollendeten Gesimse und die Kapitelle der Pilaster verleihen den fünf Türmen ein gediegenes Aussehen. Auf den Wänden sind keine Spuren von Stuck verblieben, wahrscheinlich galt Ziegelröte als ansehnlich. Ziegelreliefs oder Konturenspuren von Ziegelreliefschmuck sind nicht nachweisbar. Hier wurde mit geringem Aufwand eine ansehnliche Ästhetik verwirklicht. Maurer werden die äußerst schmalen Fugen zwischen den Ziegelsteinen argwöhnisch in Augenschein nehmen. Die Ziegel wurden damals eher verklebt, als nach heutigem Verständnis mit einer Mörtelschicht verbunden. Wissenschaftliche Analysen des Klebemittels/Mörtels ergaben keine befriedigenden Ergebnisse betreffs der Zusammensetzung. An der dauerhaften Haltbarkeit des Mörtels besteht kein Zweifel. Eine Besonderheit muss noch hervorgehoben werden, am mittleren Turm (und nur an diesem Turm) sind im unteren Dachbereich auf den oberen Gesimsen eigenwillig glatte Sandstein-Akroterien eingesetzt. Beim Anblick dieser regelmäßigen Formsteine erheben sich folgende Fragen: befinden sich die Akroterien im Endzustand oder ist es zu keiner Fertigstellung gekommen? Sollten eventuell aus den geglätteten Steinen reliefierte Naga-Akroterien entstehen? Was auch immer bezweckt war, solche Steine sind nicht häufig an Ziegeltempeln dieser Stilperiode zum Einsatz gekommen. Der im Abseits gelegene Preah Phnom Tempel zählt in seinem jetzigen Zustand nicht unbedingt zu den herausragenden Beispielen der Khmer-Architektur. Keiner der fünf Ziegel-Prasat kann als Prachtexemplar dieser Gattung ausgewiesen werden. Müssten Archäologen einen Zustandsreport erstellen, gäbe es viele Verluste und Mängel zu beklagen. Die deutliche Hintanstellung des Preah Phnom Tempels ist nicht zu rechtfertigen, denn in der Gegend um Angkor Chum gibt es keinen anderen Ziegel-Tempel dieser Größenordnung. Etwas mehr Aufmerksamkeit seitens der Archäologen und des Publikums würde dem Tempel und den Tempeln im Umfeld gerecht werden und dadurch die Region Angkor Chum kulturhistorisch aufwerten. Alle Tempel in der Region Angkor Chum befinden sich mehr oder weniger nah an einer alten Khmer-Straße, liegen an der wichtigen Trasse, die Angkor mit den nördlichen Landesbereichen des damaligen Khmer-Imperiums verband, deren Verlauf nicht zuletzt durch mehrere historische, bis heute erhaltene Brücken bestätigt wird.
In Reiseführern sind keine Hinweise auf den Preah Phnom Tempel zu lesen. Das Internet bietet außer dem Karteneintrag bei Google Maps nur einen Artikel zum Preah Phnom Tempel (Stand: 26.7.2021): https://helloangkor.com Die Straße nach Angkor Chum befand sich im Jahr 2017 im desolaten Zustand, woran sich vermutlich nichts verändert hat, weil diese Strecke verkehrstechnisch zweitrangig ist. Um die komplizierte, mittelmäßig anstrengende Anfahrt zu rechtfertigen, empfiehlt es sich mehrere Tempel in dieser Gegend zu besichtigen, in Frage kämen der Prasat Koh Snuol, der Phnea Kol Tempel, der Rong Damrei Tempel und der ប្រាសាទគោកអាជ្រឹង → lt. Google Übersetzungsprogamm: Prasat Kok A Chrung. Nebenbei können in dieser Gegend noch drei historische Brücken gesucht werden: Spean Hal, Spean Preah Chang-er, Spean Memay (Quelle: https://helloangkor.com) Informationen und Bilder zum Rong Damrei und zum Phnea Kol Tempel liefert der gleichnamige Artikel in diesem Blog: https://www.angkor-temples-in-cambodia.com/schoumlnlein-blog/rong-damrei-tempel-phnea-kol-tempel Fotos und Text: Günter Schönlein Korrektur: Vanessa Jones Unterwegs in Kambodscha geraten Reisenden unweigerlich die schlichten Wohnhäuser der Bauern und Viehzüchter ins Blickfeld. Die meisten Ansiedlungen wurden praktischerweise in unmittelbarer Nähe der Wege und Durchgangsstraßen gebaut. Der kurze Weg zu Verkaufsständen und die günstigste Verkehrsanbindung bestimmen die Wahl der Bauplätze. Abgelegene Höfe in den Waldgebieten entsprechen nicht den Maßstäben und Vorstellungen vom Wohnkomfort im heutigen Kambodscha. Die Abgeschiedenheit im Dschungel suchen vermutlich nur wohlhabende Kambodschaner, die es sich leisten können, massiv zu bauen und ein geländetüchtiges Auto besitzen. Zurückgezogen in Randgebieten des Waldes oder am Rande ihrer gepachteten Felder leben nur die weniger wohlhabenden Menschen, deren schlichte zweckgebundene Holzbauten unterscheiden sich von den Steinhäusern der Reichen erheblich. Fast alle Häuser ruhen in unterschiedlicher Höhe auf Stelzen. Mit dieser baulichen Eigenheit wird auch bei Neubauten den jährlich wiederkehrenden Überschwemmungen begegnet. Der Wohnbereich liegt oberhalb des vorhersehbaren Wasserspiegels. Während der Trockenzeiten bietet die erhöhte Wohnlage zudem bedingten Schutz vor unliebsamen Begegnungen mit Kriechtieren, hier ist vorrangig an Schlangen zu denken. Das Holzhaus in der Nähe vom Prasat Prei Monti (Roluos-Gebiet) hat kaum mehr zu bieten, als überdachte Schlafplätze. Schatten ist garantiert, das dünne Schilfdach wird Dauer- oder Starkregen kaum gewachsen sein. Überlebenswichtig ist die Wasserversorgung. Noch immer sind Menschen gezwungen, Wasser aus Vorratsbehältern zu trinken, die von Tankfahrzeugen regelmäßig aufgefüllt werden. Wehe dem, ein Fahrzeug bleibt aus. Zur Regenzeit füllen sich die Behälter auf natürliche Weise. Zentrale Wasserleitungen gelten als Luxus und sind nur in Großstädten selbstverständlich. Das nächste Problem sind die Abwasserleitungen. Eine geregelte Kanalisation wird auf dem Land nicht flächendeckend eingerichtet sein. Ähnlich verzwickt gestaltet sich die Stromversorgung. Nicht alle Weiler und Einzelgehöfte hängen schon am öffentlichen Stromnetz. Privilegierte, wohlhabende Menschen der westlichen (angeblich zivilisierten) Welt thematisieren diese Probleme auf anderer Ebene. Über Quantität wird nicht diskutiert, eher rückt die Qualität der Versorgung in den Vordergrund. Der vermeintliche Überfluss überspielt den Mangel. Ein Prozess des Umdenkens findet statt. Der Kampf um das Wasser hat längst begonnen. Große Wasserbottiche (früher getöpfert, heute aus Beton) stehen auf fast allen Höfen. Diese Form der Wasserbevorratung lässt sich selbst noch in den erschlossenen Gegenden Kambodschas nachweisen. Die Region zwischen Phnom Penh und Siem Reap wird von der National Road 6 durchschnitten, entlang dieser wichtigen Verkehrsader reihen sich kleinere und größere Siedlungen und etliche Städte. Trotz Fortschritt und Modernisierung leben die Menschen noch immer unter recht primitiven Umständen. Mit dem einfachen Standard der Wasserversorgung müssen sich die Menschen landesweit abfinden. Schmale Wege zweigen von asphaltierten Straßen oder von verfestigten Sandpisten ab und führen auf die Höfe oder in die Gärten der Bauern. Tankfahrzeuge nutzen diese geebneten Zufahrten zu den Wasserbehältern. Das Wasser kann noch so frisch sein, getrunken werden kann es nur im abgekochten Zustand. Bauern können auf die Wasserbottiche nicht verzichten. Auf etlichen Fotos sind diese Behälter zu sehen. Wir haben Trinkwasserbehälter vorgefunden, in denen Schildkröten lebten, das ist weder witzig noch erfunden. Menschen, welche in direkt neben den Straßen erbauten Häusern wohnen, leiden unter Staub- Geruch- und Lärmbelästigung. Die Begrifflichkeiten Gesundheitsschutz, Ruhe und Erholung müssen den Bewohnern Fremdwörter sein, dennoch sorgen sie unermüdlich für kläglichen Nebenerwerb. Frisch gebackene Brote, leckeres Gebäck, Obst, geröstete Maiskolben, warme Reisspeisen und Tee werden an den Tischen vor den Häusern feilgeboten, nebenher werden Wasser und Benzin in Plastikflaschen verkauft, wobei die Abfüllmengen variieren. Die Genügsamkeit dieser Menschen bewundern westliche Reisende, ihnen bleibt es rätselhaft, wie diese Leute ihre Situation bewältigen, woraus diese Leute die unerschütterliche Kraft ihrer Gelassenheit schöpfen, welche ihnen das Leben erträglich erscheinen lässt. Das Leben der einfachen Menschen spielt sich vorrangig an den Verkehrswegen ab. Mobile Verkaufsstände werden an den Straßenrändern aufgebaut und bleiben meist über Nacht, sogar über längere Zeiträume hinweg stehen. Die Erzeugnisse werden direkt vermarktet. Die Wege vom Produzent zum Verbraucher sind kurz, es bedarf keiner Zwischenlager. Anhalten, auswählen, einkaufen, weiterfahren, einfacher kann der Verteilungsprozess der Waren nicht funktionieren. Etwas gediegener und komfortabler gestaltet sich die alltägliche Lebenssituation der Menschen in Klosternähe. Die Klöster verfügen über Wasser- und Stromanschlüsse, das sind Vorzüge, welche jedoch die zusätzliche Wasserbevorratung nicht ausschließt. Im Umfeld und auf dem Gelände vom Kuk Troap Kloster wohnen etliche Menschen, die in irgendeiner Weise zum Unterhalt und zur Erhaltung des Klosters beitragen. Auf dem Foto ist der hochgelagerte blaue Wassertank neben dem Wohnhaus nicht zu übersehen. Auf den folgenden vier Fotos sind neben den verschiedenen Bauernhäusern auch die realisierten Maßnahmen der Elektrifizierung ersichtlich. Fertige Masten aus Beton wurden entlang der Straßen aufgerichtet. Von Mast zu Mast verläuft die Hauptversorgungsstromleitung. Die Abzweigleitungen in die Höfe werden von Masten aus Holz (Baumstämmen) und sogar von primitiven Stangen gestützt. Not macht erfinderisch, lautet ein altes Sprichwort, doch in diesem Fall bestimmen wohl eher Armut und Verfügbarkeit die Materialauswahl. Ähnlich verhält es sich mit den Materialien für den Hausbau. Kamen vormals tradierte, natürlich vorhandene Ressourcen zum Einsatz, etwa Holz, Bambus, Stroh und Bast, so werden neuerdings zunehmend moderne Baustoffe verwendet, beispielsweise Wellblech, Ziegel, Betonteile und Kunststoffe. Hochwertiges Holz ist nicht nur in Kambodscha, auch weltweit teuer geworden. Zum Ersatz sind unnatürliche billigere Baustoffe willkommen. Auf blauen Planen lagert die zum Trocknen ausgelegte Maniok Ernte. Aus der Maniokpflanze lassen sich Mehl und Stärkemittel gewinnen. Kambodscha zählt weltweit zu den wichtigsten Maniokproduzenten. Die typischen Wasserbehälter sind auch auf diesem Foto nicht zu übersehen. Leichtbauweise auf Stelzen zeichnen die Bauernhäuser aus. Vordächer spenden Schatten. Zwischen den Stelzen, sozusagen im Unterbau der offenen Häuser, spielt sich in der trockenen Jahreszeit das tägliche Leben ab. Direkt bei den Häusern liegen die Gemüse- und Obstgärten der Bauern. Die Höhe der Stelzen, auf denen die Häuser ruhen, schwankt regional je nach Hochwasser-Gefährdungssituation. Zur Regenzeit sind weite Flächen des Landes überschwemmt. In der Tonle Sap-Region existieren ganze Stelzenhaus-Dörfer. Südlich von Siem Reap an der Straße (R63) zum Phnom Krom stehen ausschließlich nur noch Stelzenhäuser. Noch weiter südlich leben Menschen in schwimmenden Dörfern auf dem Wasser (bei Google Maps als The Floating Village gekennzeichnet). Während den wasserreichen Monaten vergrößert der Tonle Sap See durch Überflutung in alle Richtungen seine Fläche um das Vielfache seiner regulären Ausdehnung. Die natürlichen Wasserressourcen sichern die notwendigen Wassermengen für den Reisanbau. Der Blick von oben (Anflug auf Siem Reap) verrät die ungeheuerliche, jährlich wiederkehrende willkommene Ausdehnung vom Tonle Sap See. Neben dem Wasserüberfluss ist der Fischreichtum des Tonle Sap für viele Menschen die Lebensgrundlage schlechthin. In Städten und Dörfern werden landesweit neue Tempelbauten und andere Zweckbauten aus Betonfertigteilen und Ziegelsteinen gebaut. In Folge der Fortschrittsbestrebungen werden auch in den ländlichen Gebieten mehr und mehr Wohnbauten mit modernen, festeren Materialien errichtet. Die funktionale Urbanisierung schreitet unaufhaltsam voran. Längst können in Siem Reap im Cambodian Cultural Village traditionelle Bauernhäuser besichtigt werden: ehemaliges ländliches Leben konserviert zur musealen Gesamtschau. Die verantwortlichen Kulturbehörden ahnten wohl schon frühzeitig, wie selten herkömmliche Bauernhäuser in den dörflichen Regionen des Landes zukünftig zu sehen sein werden. Diese Vorgänge sind jedoch keine spezifisch kambodschanischen Verwandlungen. Veränderungen der Lebensgewohnheiten finden sich auch in Deutschland und anderen Ländern dokumentiert. Museumsdörfer ziehen Menschen an. Erinnerung ist ein Teil des Lebens. Erinnerung ist auch ein nicht unerheblicher Teil kultureller Identität eines Volkes.
Fotos von: VJ : Vanessa Jones BS: Birgit Schönlein GS: Günter Schönlein Text: Günter Schönlein Korrektur: Vanessa Jones Gleich zur Klärung: Spean bedeutet in der Khmer-Sprache Brücke. Brückennamen in Kambodscha beinhalten tatsächlich das Wort Spean. Hier bezeichnet Kbal Spean eine besondere Kultstätte unter freiem Himmel, die unter dem Namen »Fluss der tausend Lingas« bekannt ist. Die Besichtigung der erst in jüngerer Zeit wieder zugänglichen archäologischen Stätte erfordert etwas Ehrgeiz, denn sie ist nur zu Fuß erreichbar. Je nach Verfassung werden für den Weg etwa 30-45min benötigt. Die Zeit der Besichtigung kann zwischen 30 und 60min differieren. Der ungefährliche Weg steigt leicht aber stetig an, ist sandig, teilweise steinig, folglich empfiehlt sich festes Schuhwerk. Die abwechslungsreiche Wegstrecke wird von klobigen Felsbrocken und ansehnlichem Baumbestand gegliedert. Der Weg kann kaum verfehlt werden, es gibt nur einen. Während der regenreichen Monate ist von dieser Tour eher abzuraten, wahrscheinlich wären für diese Zeit Gummistiefel anzuraten. Es ist ohnehin vorteilhafter die Kultstätte in den wasserarmen Monaten zu besichtigen. Je weniger Wasser vom Quellbach über die Steine fließt, desto mehr ist von den Reliefs zu sehen. Ausblicke in die Ferne sind kaum möglich, zu dicht ist der Baumbewuchs. An wenigen offenen Sichtschneisen lassen sich lediglich die flächendeckende Bewaldung der Bergregion und Teile der felsigen Landschaftsstruktur erkennen. Auffällig große und ungewöhnlich geformte Steine wie auch besondere Steinschichtungen werden von den Einheimischen verehrt. Solche magischen Plätze haben sie mit einem Namen versehen. Den Außenstehenden sagen die Namen nichts, aber ihnen wird deutlich, mit welcher allumfassenden Achtsamkeit die Kambodschaner dem Wunder der Natur begegnen. Die Sorge um den Erhalt der Landschaft scheint in ihrem Glauben wie selbstverständlich verankert zu sein. Religion und Vernunft vereinigen sich zum Schutz der Natur. Mehrere Hinweisschilder in Khmer und Englisch Please respect the natural environment fordern entsprechendes Verhalten. Tatsächlich befindet sich das gesamte Gebiet erfreulicherweise in einem ausgesprochen sauberen Zustand. Unversehens mündet der Waldweg in die Zentralregion des heiligen Platzes. Der erste Blick trifft unvermittelt auf zahlreiche Lingams und auf mehrere Reliefs. Das felsige Bachbett und die gleichfalls felsigen Uferbereiche sind weitestgehend bearbeitet. Bildreliefs wechseln mit Lingams oder vereinen sich zum Ensemble. Hunderte Lingams bedecken vorwiegend die mehr oder minder ebenen Flächen des steinigen Grundes. In den regen- und wasserreichen Monaten fließt das Quellwasser ungehindert über die ungezählten Shiva-Lingams. In Shiva-Tempeln wird allerorten das Linga täglich gereinigt und rituell mit geheiligtem Wasser übergossen, in Kbal Spean übernimmt die Natur diesen Ritus. Der Zentralbereich des Heiligtums ist abgesperrt. Holzpfeiler und Spannseile sollen das Betreten der behauenen Steine verhindern. Ein Weg führt außen herum, so können die Reliefs betrachtet bzw. kann vor allen Reliefs verharrt, gebetet oder meditiert werden. Zu nichts Geringeren als zur Verehrung der Götter wurde die Kultstätte im 11. Jahrhundert erschaffen. Asketen, Waldmönche, Einsiedler oder wer auch immer haben den herrlichen von der Natur geschaffenen Platz entdeckt und zum würdigen Ort für ihre Gebete erkoren. Im Laufe vieler Jahre (in Jahrzehnten muss gedacht werden) schufen begnadete Hände dieses in Angkor einmalige Felsen-Heiligtum. Die Auswertung der maßgeblichen Relief-Motive fällt ambitionierten Laien nicht schwer. Drei Motive lassen sich unterscheiden, wobei das Vishnu-Motiv häufiger als das Shiva-Motiv zu sehen ist und der Gott Brahma als Einzel-Motiv nur in einer Version zu finden ist. Summiert man jedoch alle Lingams und sieht in ihnen Shiva-Bildnisse, dann dominiert Shiva als Haupt-Gottheit die Kultstätte. Es ist ja kein Geheimnis, dass das Lingam für Shiva steht, dass das phallische Symbol als anikonische Darstellung der Gottheit gilt. Die Reliefs sind nichts Anderes als von Menschen erdachte Personifizierungen der Gottheiten. Zurück zum ersten Anblick der Kultstätte. Das Wasser kommt aus nordwestlicher Richtung und fließt südöstlich weiter abwärts, nach geographischem Verständnis lässt sich also ein südlicher und ein nördlicher Uferbereich definieren. Wie schon erwähnt, verzieren Bild-Reliefs die schrägen bis lotrechten Uferbereiche, deshalb lohnt die beidseitige Begutachtung der felsigen Uferpartien. Außerhalb der zentralen Absperrungen bieten im Bachbett liegende Steine bequeme Möglichkeiten zum Wechsel der Uferseiten. Alle Vishnu-Reliefs, ein in Kbal Spean vielfach variiertes Motiv, halten sich in der Aussage konkret an den überlieferten Mythos. Vishnu ruht/schläft auf der Weltenschlange Ananta. Shakti sitzt zu Vishnus Füßen. Träumend erschafft Vishnu eine neue Welt. Aus seinem Rücken (Nabel) wächst ein Lotos, darauf residiert Brahma. Das Bild 8 (ein Ausschnitt von Bild 7) zeigt das unmittelbare Nebeneinander zweier Vishnu-Reliefs gleicher Thematik. Weshalb hier eine Motivdopplung vorliegt, kann nicht erklärt werden: Zufall, Absicht, Wettbewerb, Nutzung der Freifläche? Motivdopplungen sind übrigens mehrfach in Kbal Spean vorhanden. Die Symbiose zwischen den anikonischen Gottes-Darstellungen (Shiva-Lingams) und den personifizierten Gottesabbildungen (Bild-Reliefs) schien angestrebtes Ziel der Bildhauer gewesen zu sein und wurde an einigen Stellen der Kultstätte eindringlich verwirklicht. Einige der Bildwerke müssen derart schön und reizvoll gewesen sein, dass Teile der Reliefs geraubt oder aber aus unerklärlichen Gründen mutwillig zerstört wurden. Die obere Körperpartie und der Kopf Vishnus und der Kopf Anantas (Bild 10) sind eindeutig als nachträgliche Ergänzungen erkennbar. Der Kopf der Lakshmi fehlt an beiden Reliefs (Bild 9 & 10) und wurde, sollte oder konnte noch nicht ersetzt werden, wahrscheinlich handelt es sich hier um jüngere Raubzüge. Der Umfang der Beschädigungen wurde von den Transportmöglichkeiten limitiert. Der Kopf einer Göttin lässt sich problemlos stehlen und verkaufen, ein vollständiges Relief zu rauben, hieße einen ganzen Felsenblock dem natürlichen Gefüge zu entreißen und bergab zu schaffen. Weitere etwas abseits gelegene Vishnu-Reliefs blieben bislang unversehrt (Bild 11 & 12). Die Lage Vishnus entspricht der induviduellen Auffassung der Bildhauer. Es macht keinen Unterschied ob Vishnu links- oder rechtsseitig ruht, die Bildaussage verändert sich dadurch nicht. Auch im Bild 12 kann wieder die Nachbarschaft zweier Vishnu-Darstellungen registriert werden (vergleiche Bild 8). Sonnenreflektionen erschweren dem Laien die fotografische Darstellung der Reliefs. Moos- und Algenbewuchs setzen den Steinen arg zu und verfremden mitunter auf pittoreske Art die Bildwerke. Neben nichtvollendeten, vielleicht misslungenen und deshalb bewusst verworfenen oder aber verwaschenen Vishnu-Reliefs (Bild 13) findet sich ein liegendes großformatiges Brahma-Reliefs, es ist das einzige in seiner Art (Bild 14). Der flache ebene Stein ragt bis ins Wasser hinab, seine natürlich gerundete äußere Form bot sich für die Gloriole und die Gottheit geradezu an. Die seitlich der Gloriole sitzenden Asketen sind hübsche Ergänzungen zum Gesamtbild: Menschen versunken im Gebet zu ihren Göttern. Das Foto (Bild 14) gibt das gelungene Relief nur ungenügend wieder. Der Fotograf hätte die Absperrungen überwinden und die geheiligten Bereiche betreten müssen, was einer Entweihung der Kultstätte gleichgekommen wäre. Verbote missachten, dabei Menschen und ihre religiösen Wertevorstellungen verletzen, um hochwertige Fotos zu erstellen, widerstrebt dem Autor. Die intensivsten Bilder speichert der Mensch ohnehin im Kopf. Nur zwei personifizierte Shiva-Darstellungen konnten vom Autor in Kbal Spean eruiert werden. Im rechten oberen Bereich von Bild 7 sind der Gott Shiva und seine Frau Uma (Parvati) auf dem Buckelstier Nandi zu erkennen. (Leider verhinderten Lichtreflektionen die klare, fotografische Wiedergabe des Motivs. Auf https://de.wikipedia.org/wiki/Kbal_Spean wird ein besseres Foto vom besagten Shiva-Relief gezeigt, rechtliche Gründe verbieten die Übernahme des Fotos für diesen Artikel.) Etwas weiter entfernt findet sich das Shiva-Uma-Nandi-Motiv nochmals in einen größeren überdachten Stein gehauen (Bild 15 & 16). Die Ausschnittvergrößerung (Bild 16) offenbart links von Nandi zwei menschliche Gestalten. Die Steinfläche rechts von Nandi ist noch unbearbeitet. Hier könnte der Plan für eine fortlaufende Bildergeschichte vorgelegen haben. Welche Bildkonzeption realisiert werden sollte, ist heutzutage unwesentlich, wichtiger ist die zum Gebet und zur inneren Versenkung prädestinierte Lage dieses Platzes. Der flache niedrige Stein (Bild 15 Mitte) kann als Altar, als Meditationssitz oder als Niederwerfungsstein benutzt werden. Immer bleibt der Blick auf Shiva gegeben. Der große alles überragende Stein überdacht den offenen Altar-Raum. Rückseitig werden hunderte Lingams vom Quellwasser benetzt. Das beruhigende Plätschern des fließenden Wassers ist vermöge der Imagination auch zu Trockenzeiten vernehmbar. Die Menschen saßen in einem von der Natur erschaffenen Tempel. Das Göttliche inkarniert sich auch und nicht zuletzt in der Natur. Solchen Räumen sind noch heute magische Anziehungskräfte eigen. Viele der Felsflächen sind mit quadratischen Mustern bedeckt. Hierin verbergen sich keine geometrischen Formenspiele oder astrologische Verstiegenheiten, sondern nur die Häufung etlicher Snanadronis. In Kbal Spean wurden extrem abgeflachte Snanadronis in Stein gehauen. Das fließende Wasser hat für zusätzliche Glättung der Reliefs gesorgt. (Bild 17 & 18). Kurz zum Sanskrit-Begriff Snanadroni: in jedem Hindu-Tempel befinden sich nördlich ausgerichtete wannenartige flache Steinplatten (Snanadroni) aus deren Mitte das Lingam oder eine Götterstatue ragt. Zur Segnung werden die Kultobjekte mit Wasser übergossen, welches über einen Abfluss (Somasutra) nach draußen geleitet wird. Im Glossar des Buches A GUIDE TO THE ANGKOR MONUMENTS erklärt Maurice Glaize: "Snanadroni - An ablution slab with a beak, always orientated to the north, placed on the pedestal of the idols for the flow of lustral water". Abschließend sollen noch einige Reliefs vorgestellt werden, die erstens nicht sogleich ins Blickfeld geraten, zweitens aber vom Motivgehalt auffällig, wenn nicht gar selten sind. Eine Dreier- und eine Zweier-Personengruppe (Bild 19 & 20) und ein Krokodil (Bild 21) sind näher in Augenschein zu nehmen. Der Zustand der Reliefs verhindert eine Beurteilung, die zu gesicherten Erkenntnissen führt. Nur wenige Details sind erkennbar, deshalb muss zunächst der Gesamteindruck, den die Bilder hervorrufen, genügen. Verlorene Details können nicht ersetzt werden, aber analoge Vergleiche zu adäquaten Interpretationen führen. Die Bestimmung der Dreiergruppe (Bild 19) ließe sich salopp erledigen, indem man sie mit knienenden Betern, die häufig auf Tympana und Lintels in Angkor zu sehen sind, gleichstellt, doch eine solche oberflächliche Betrachtung führt zu keinem Ziel: wenn überhaupt Beter, dann sind die Beter im Relief (Bild 19) Beterinnen, denn Weiblichkeit ist keiner der Figuren abzusprechen, wahrscheinlich sind es sogar Göttinnen. Keine der Frauen hat die Hände zum Gebet geschlossen, keine zeigt eine demütige Körperhaltung, von gesenkten Blicken kann kaum die Rede sein. Die Armhaltungen unterscheiden sich von Figur zu Figur, auch differieren die Haartrachten. Tragen die Frauen gar Kronen? Wurde hier der Versuch unternommen, eine weibliche Trimurti im Relief zu erfassen? Diese Assoziation ließe sich weiter ausspinnen, blicken wir etwa auf eine unvollendete oder auf das Fragment einer Sapta Matrika? Zur Zweiergruppe (Bild 20): hier scheint eine dritte Figur verloren zu sein. Das linke Drittel der Bildfläche hinterlässt den Eindruck vormaliger Bearbeitung. Beide Figuren sind männlicher Natur. Die linke Figur schmückt sich mit einer Kappe und trägt einen langen Bart. Die rechte Figur ist leicht als Mensch mit Elefantenkopf zu identifizieren, diesbezüglich muss für Ganesha plädiert werden. Ein zusätzliches Indiz für Ganesha, den Elefantengott, ist die mit der rechten Hand hochgehaltene Mala. Der bärtige Mann könnte Shiva sein, Ganeshas Vater, personifiziert als Asket. Die verlorene Figur der linken Reliefpartie könnte Parvati (Uma), Ganeshas Mutter gezeigt haben? Falls dem so war, hätte sich hier ein Künstler an einem Familienbildnis versucht. Diese Version der Götterfamile ist in der Angkor-Region äußerst selten, wenn nicht einmalig. Die Krokodil-Darstellung (Bild 21) gibt nichts als Rätsel auf. Die Flussgöttin Ganga ist auf einem Krokodil unterwegs. Ihr Reittier (Vahana) ist das Krokodil (Kumbhira). Varuna, (der Allumfassende, der Umhüller) eine altvedische Gottheit, reitet ebenfalls auf einem Krokodil. Sowohl Ganga als auch Varuna stehen in enger Verbindung zur Natur, d. h. zu den göttlichen Schöpfungen. Varuna gilt als Hüter der kosmischen Ordnung. Ganga und Varuna wären ohne Schwierigkeiten in Beziehung zum Fluss-Heiligtum Kbal Spean zu setzen. So unwahrscheinlich und abseitig die Deutungsversuche klingen, ist nicht davon auszugehen, dass hier lediglich eine naive Tierabbildung angestrebt wurde, zumal im Prasat Kravan in Angkor ein durchaus vergleichbares Krokodil-Relief (Bild 22) zu sehen ist. Mögen auch manche Deutungen der Reliefs gewagt sein und den Charakter von Vermutungen kaum überschreiten, doch eine Erkenntnis sollte als Fazit weder angezweifelt noch angetastet werden: Besucher betreten eine außergewöhnliche, hinduistisch geprägte Tempelanlage unter freiem Himmel, errichtet zur Feier der Trimurti, zur Ehre der Göttertriade Brahma – SHIVA – Vishnu. Die unmissverständliche Symbolik der Tempel-Triade (Bild 23) bestätigt dieses Credo. Eine andere Beschreibung und bessere Fotos zu Kbal Spean bietet Ando Sundermann, zu finden auf gleicher Webseite unter ANGKOR → NORTH OF ANGKOR → KBAL SPEAN
Wissbegierige Leser können weiterführende Informationen in den Artikeln VISHNU IN ANGKOR GANESHA TRIMURTI IN ANGKOR SAPTA MATRIKA in diesem Blog abrufen. Fotos 1, 2, 5-8, Vanessa Jones Foto 21 Birgit Schönlein Fotos 3, 4, 9-20, 22, 23 Günter Schönlein Text: Günter Schönlein Korrektur: Vanessa Jones |
Autor Günter Schönlein
Auf meinen bisher acht Reisen nach Kambodscha habe ich viele Khmer-Tempel photographisch dokumentiert. Mit Pheaks Hilfe suchte ich auch viele schwer zu findende entlegene Tempel auf. In diesem Blog möchte ich meine dabei erworbenen Eindrücke und Kenntnisse gerne anderen Kambodscha-Liebhabern als Anregungen zur Vor- oder Nachbereitung ihrer Reise zur Verfügung stellen. sortiert nach Themen:
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Kirtimukha Kambodschas Löwenskulpturen Kampong Thom Museum Kanheri Caves Karla Caves Kapitelle Karttikeya und andere Vahanas Kasen Tempel Kat Kdei Tempel und mehr Kbal Chen Tempel Kbal Spean Khleangs & Prasat Suor Prat Khmer-Bronzen in Mandalay Khandoba Tempel Aurangabad Khmer Halsschmuck Khmer zur See Khuldabad Kinnari Kirtimukha Klöster in Siem Reap Kna Phtoul Tempel Koh Ker Koh Ker Tempelmauern Kok Singh Tempel Kouk Nokor Tempel Kouk Tempel Kok Pongro Kravan Krishna & Kaliya Krishna Govardhana Krol Ko Spezial Krol Romeas & Kral Romeas Lakshmi in der asiatischen Kunst Leak Neang (Phnom Bok) Leak Neang (Pre Rup) Leben am Fluss Lingam & Yoni Lintel Literatur-Empfehlungen Lolei - Restaurierungs-Stand Lost Collection Löwen in Indien Löwen in Indonesien Löwen in Kambodscha Löwen in Myanmar Löwen in Sri Lanka Mahakali Caves Makaras der Cham Mandalays Khmer-Bronzen Mandapeshwar Caves Marmorberge Da Nang Mebon Tempel Banteay Chhmar Mihintale Mucalinda versus Naga Museen in Kambodscha Museen in Siem Reap Museum of Da Nang Musik und Tanz der Cham My Son (Teil 1) My Son (Teil 2) My Son (Teil 3) My Son (Teil 4) My Son (Teil 5) Myanmars Holzarchitektur 1 Myanmars Holzarchitektur 2 Myanmars Holzarchitektur 3 Myanmars Löwenskulpturen Myanmar Stupas Mythos vom Milchozean Naga Naga-Chakra Namenlose Tempel am Bayon Nandi und andere Vahanas Narasimha und Hiranyakahipu Nationalmuseum in Phnom Penh Neak Buos Tempel Nebentempel Banteay Chhmar Neuentdeckungen in Roluos 1 Neuentdeckungen in Roluos 2 Neuentdeckungen in Roluos 3 Neuentdeckungen in Roluos 4 Neuentdeckungen in Roluos 5 Nokor Bachey Tempel Norodom Sihanouk Museum Pachisi Spiel Pandava Caves - 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