Als probates Mittel zur Überwindung von Höhenunterschieden an und in Bauwerken werden Stufen eingesetzt. Mehrere Stufen bilden eine Treppe. Stufen sind die bequemsten und sichersten Bauelemente, um unterschiedliche Niveaus zu überwinden bzw. zu verbinden. Innerhalb der Sakral-Architektur sind Altarstufen ein vertrautes Bauelement. Ein oder mehrere Stufen führen in einen Altarraum hinauf oder hinab. Übertragen auf Khmer-Tempel führen ebenfalls Stufen in die sakralen Räume der Tempel. Zu unterscheiden sind einerseits Stufen, die auf eine Plattform, eine Terrasse oder auf eine höher gelegene Ebene hinaufführen und andererseits Stufen, die in einen Raum hineinführen. Wie auch immer: Stufen sind Bauelemente aus festen Materialien, etwa Stein, Holz oder Metall, neuerdings auch Plastik, bei Khmer-Tempeln im Regelfall Sandstein oder Lateritstein. Werden nur eine oder zwei Stufen benötigt, um geringe Höhenunterschiede auszugleichen, kann auf ein Geländer oder eine gemauerte Einfassung verzichtet werden. Mehrere Stufen sind seitlich entweder von Stufenwangen (Balustraden) oder einem Geländer begrenzt, sowohl Stufenwangen als auch Geländer erfüllen den Zweck der Sicherung, sie verhindern die Absturzgefahr. Je länger Stufenfolgen (Treppen) ausfallen, desto wichtiger ist die Seitenbegrenzung. Oft sind es nur wenige Stufen, die den Höhenunterschied vom Tempelfundament zum Eingang ins Heiligtum ausgleichen. In vielen Fällen ist die erste Stufe in besonderer Weise geformt. Auf die spezielle Gestaltung der Eingangsbereiche von Khmer-Tempeln soll das Augenmerk gelenkt werden. Die unterste Stufe, welche durchaus auch die einzige Stufe sein kann, fällt häufig durch geschwungene Formgebung und detailreiche Verzierung auf. Es scheint fast, als würde dieser Stufe besondere (übergeordnete?) Bedeutung zu kommen. Die einfachste und gleichsam überzeugendste Art sich dem Thema zu nähern, kann nur die Feldforschung sein, also die vergleichende Betrachtung, an deren Ende die empirische Auswertung stehen sollte. Fotobeispiele werden die Thematik veranschaulichen. In Sambor Pre Kuk (Isanapura) wurden alle Tempel ebenerdig errichtet. Bestenfalls erheben sich einige Tempel auf niedrigen Erdaufschüttungen. Die meisten der vom 6. bis zum 8. Jahrhundert erstellten Ziegelbauten ruhen auf niedrigen Sandsteinfundamenten. Der Sockel vom Tao Tempel überragt in der Höhe alle anderen Fundamente in Sambor Prei Kuk. Mehrere Stufen führen nur ostseitig in den Tempel hinein. An dieser Treppe lenken die berühmten Sambor Prei Kuk-Löwen die Blicke auf sich. Kaum einer achtet im Banne der Löwen auf die Stufen. An den drei Scheintüren wurden auch Stufenaufgänge angelegt, die zwar keinen praktischen Zweck erfüllen, weil sie an den Scheintüren enden, aber den ästhetischen Forderungen der Baumeister genügten. Die Symmetrie und die allseitig harmonisch gleiche Ansicht des Tempels sollten gewahrt bleiben. Tatsächlich haben sich alle vier unteren Stufen leidlich gut erhalten. Die Stufen an den Scheintüren sind, weil weniger benutzt, besser erhalten, als die Stufe am Löwen-Eingang. Die Sambor Prei Kuk-Stufen sind vermutlich die ältesten Tempelstufen, die in Kambodscha noch am Originalplatz zu begutachten sind. Auffällig sind die elegant geschwungene Form und die Größe der Stufen, die nicht so recht zu den anderen nach oben führenden Stufen passen wollen. Die sehr harmonisch geschwungene Stirnseite endet in einer "Spitze", einem Blickfang, der die Mitte der breiten Stufe markiert. Diese optische, scheinbar unwesentliche Komponente zentriert den Blick zum Tempel. Als nach unten verlängerte Zapfen sind die seitlichen runden Rollenausschwünge vorstellbar, diese Zapfen könnten als Verankerung im Boden gedient haben. Schwerer noch zu erklären ist die Funktion der durchlaufenden Querrinne in der Stufe. Mehrere Erklärungen sind ins Kalkül zu ziehen. Zunächst die praktische Variante: die Oberfläche der Stufe ist leicht gewölbt, so kann das Regenwasser abfließen, die Stufe trocknet schneller. Nicht außer Acht gelassen werden darf der religiöse Aspekt: die unteren Stufen könnten zur Niederwerfung bzw. zum Ablegen von Opfergaben gedacht gewesen sein. Hier wäre an Weihwasser, Kokosmilch und ähnliche Ritualflüssigkeiten, aber auch an Blumen oder Früchte zu denken. Hätten die unteren Stufen den vermuteten Zwecken gedient, müssten die Stufen täglich gereinigt worden sein, wofür wiederum die Querrinne von praktischem Nutzen gewesen wäre. Noch heute bringen die Menschen neben anderen Gaben Blumen und Früchte zum Altar. Buddhisten werfen sich dreimal, siebenmal oder noch öfters nieder, berühren mit der Stirn den Boden, die Stufen, ehe sie den Tempel oder das innere Heiligtum betreten. Warum sollte das früher anders gewesen sein? Auch die Hindus brachten ihren Göttern Ehrfurcht entgegen. Gleich wie, eine besondere Bewandtnis der unteren Stufe ist schwerlich von der Hand zu weisen. Zwischen 928 – 944 war Koh Ker (Lingapura) die Hauptstadt des Khmer-Reiches. Unter Prasat Thom wird im Allgemeinen eine Tempelgruppe erfasst, die als Hauptattraktion in Koh Ker angepriesen wird. Zwei Paläste, ein riesiger Gopuram, der Prasat Thom und der Prasat Prang (eine Pyramide) zählen zum Prasat Thom. Tatsächlich ist Prasat Thom ein mächtiger Ziegel-Prasat, in dessen Nähe mehrere kleine Ziegelschreine errichtet wurden. Diese reizvollen Tempel finden kaum Beachtung, weil der Weg zum Prasat Prang (zur Pyramide) an ihnen vorbei führt. Trotz der geringen Größe finden sich an diesen Schreinen alle Stilelemente größerer Tempel wieder: das Sandsteinfundament, der Ost-Zugang und drei Scheintüren und Stufen an allen vier Seiten. Die untere Stufe (Niederwerfungs-Stufe) und die nächste Stufe scheinen aus einem Block geschlagen zu sein. Dieser Block lagert auf einer Laterit-Schicht und ist von Sandstein-Wangen eingefasst, somit erübrigte sich die vermutete Zapfenverankerung im Boden (vergleiche: Sambor Prei Kuk). Die sichtbare Stirnseite der Stufe zeigt noch immer die geschwungene Rundung, endet aber in keiner Spitze, sondern in einer rechteckigen Fläche, auf der vielleicht ein Schmuckelement (ein Lotos-Ornament?) eingearbeitet war. Mehrfach kann registriert werden, dass zwei oder drei Stufen aus einem Steinblock geschlagen wurden. Dieses Verfahren wurde auch für die Stufen an den wuchtigen, schmucklosen Lingam-Tempeln von Koh Ker angewandt (siehe Foto: Prasat Thnang). An der Stirnseite der untersten Stufe wurde keineswegs auf Schmuck verzichtet. Die kunstvolle Gestaltung der Stirnseite ist nicht zu übersehen, selbst der Bogenschwung ist mehrfach unterbrochen. Die obere Hälfte der Stirnseite schmückt eine Lotosblätterkante. Die untere Hälfte der Stirnseite ziert eine schicke Rautenbordüre. Vergleichbare Schmuckmuster galten im späteren Angkor-Stil als verbindliche Stilelemente und sind an Wänden, Pilastern und Scheintüren waagerecht und senkrecht nachweisbar. An Hand von zwei Beispielen müssen innerhalb der Koh Ker Tempelgruppe stilistische Vielfalt und Weiterentwicklung, also eine immense Intensivierung der künstlerischen Ausdrucksmittel, registriert werden. Ehe die Khmer-Könige in Angkor Thom residierten, hatten sie ihre Hauptstadt nach Hariharalaya (Roluos) verlegt. Die in dieser Zeit gebauten Tempel werden als Roluos-Gruppe zusammengefasst. Besondere, auffällig anders gestaltete Stufen können am Preah Ko Tempel bewundert werden. Fünf Ziegel-Prasat stehen auf einem gemeinsamen Sockel. Ostseitig führen drei Treppen hinauf, westseitig führt eine Treppe in Richtung West-Gopuram hinab. Besucher betreten von Osten kommend das Tempel-Gelände. Wenige nur werden am desolaten Ost-Gopuram die wunderschöne, leider zerbrochene Stufe registrieren (Bild links), weil erstens der "Stolperstelle" ausgewichen wird und zweitens die Blicke schon auf den Tempel gerichtet sind. Flüchtige Betrachter könnten in dieser Platte vielleicht ein abgestürztes Giebelfeld sehen, doch diese prächtige Steinplatte ist eindeutig als Stufe zu identifizieren. Die Breite der Stufe entspricht dem Durchgang bzw. den Stufen zum Gopuram. Die Länge der Stufe hat im Vergleich zu den bisher vorgeführten Stufen zugenommen, zöge man gerade Linien an den Außenkanten, entspräche die Fläche fast einem Quadrat. Die seitlichen Ausbuchtungen verweisen auf gewundene Muster, die sich an Giebeln verschiedener Angkor-Tempel wiederfinden. Die in Flachrelief-Technik gearbeiteten Verzierungen auf der Stufe sind symmetrisch angeordnet. Eine Mittellinie, die zur "Spitze" der Stufe führt, halbiert das Muster. Nicht zu übersehen ist die Abnutzung der Oberfläche. Die herrliche, wirklich sehenswerte Stufe war zu Khmer-Zeiten im Einsatz und wird heutzutage sicher unbewusst und viel zu oft unnütz mit Füßen getreten. – Ähnliche Formen der Stufen, jedoch gedoppelt durch erhöhte Verkleinerungen der Stufen, sind an den Prasat-Stufen zu sehen (Bild rechts). Was sich an der Gopuram-Stufe nur hoch als Relief-Linie andeutungsweise findet, wird an den Prasat-Stufen als Stufe auf der Stufe verwirklicht. Die erhabene Mittellinie entspricht stets der Ost-West-Koordinate und scheint, wie schon vermutet, die Ausrichtung des Tempels zu definieren. Die deutlich erkennbare Wölbung der Stufe dient wohl auch hier dem Wasserablauf. Die im oberen Abschnitt beschriebenen Prasat-Doppelstufen fallen schon an den drei Aufgängen zum Tempel ins Blickfeld. Die Formgebung der Sockel-Stufen entspricht den Formen der Prasat-Stufen. Die Unterschiede sind in der Größe und der künstlerisch prachtvollen Gestaltung zu suchen. Die Sockel-Stufen an der Ost- und an der Westseite gleichen sich, ohne tatsächlich identisch zu sein. Die verkleinerte "aufgesetzte" Stufe an der West-Stufe übernimmt die flammenartigen Ausbuchtungen der Unterstufe auf. Der Herstellungsprozess solcher Doppelstufen war aufwendig. Das Verfahren, zwei parallele Flächen, die zudem noch in sich leicht gewölbt und in Form und Größe aufeinander abgestimmt sein sollten, konnte nur routinierten Handwerkern vertraut sein. Die Handhabung der rohen, schweren Steinblöcke war das nächste Problem. Wurden die Stufen-Rohlinge direkt am Platz ihrer späteren Verwendung behauen? Die Stufe am kaum beachteten West-Gopuram nimmt wieder annähernd die Form der Stufe am Ost-Gopuram auf. Die Oberfläche ist eben und glatt, wahrscheinlich abgenutzt. Sehr schön erhalten hat sich die Stirnseite mit einer Lotosblätter-Kante, ein Muster das noch oft Verwendung fand. Nicht nur Ziegel leiden, auch Sandstein leidet: natürlicher Verschleiß, Witterungseinflüsse und Umweltverschmutzung setzen den Fundamenten und Stufen mächtig zu, ein Phänomen, dass nicht nur am Preah Ko Tempel zu beklagen ist. Die kleine Stufe (Bild rechts) an einem der zwanzig kleinen Tempel im Außenbereich des Bakong liegt mächtig geglättet am Boden. Der kleine Tempel befindet sich in einem Garten westlich des West-Gopuram des Bakong. Wesentlicher als die Verwitterung soll hier die Formenübernahme der Stufen registriert werden. Die schlichte Bakong-Stufe soll das Bindeglied zu zwei kleinen, wenig beachteten Tempeln im Bereich der Stadt Angkor Thom sein. Am Prasat Rorn Ramong fahren fast alle Touristen vorbei und den Prasat Savien Mean kennt keiner, dabei gehören diese Tempel in das unmittelbare Umfeld des bekannten Phnom Bakheng. Der ornamental geschwungene Bogen der Rorn Ramong-Stufen (Bild links) formt den Stufenstein fast zum Halbkreis. Zu beachten ist hier die Wiederholung der Doppelstufe am direkten Tempelzugang (Bild rechts). Die einfach geformte Savien Mean-Stufe greift wieder die tradierte Rechteckform auf, ohne auf jeglichen Bogenschwung zu verzichten. Verzierungen sind an dieser schlichten Stufe nicht erkennbar. Wenden wir jetzt die Aufmerksamkeit auf Tempel im Kerngebiet von Angkor. Zunächst soll kurz auf den im 10. Jahrhundert erbauten East Mebon Tempel geblickt werden. Jeweils den Hauptkoordinaten entsprechend führen Treppen auf die Ebenen der Pyramide und nach oben zum Zentral-Heiligtum. Die gleichmäßigen Stufen aus Laterit-Stein wurden in die Pyramidenebenen eingelassen, so entstanden folgerichtig Treppenwangen. Auf den Vorsprüngen hielten Sandstein-Löwen die Wacht. Die langen Treppen ziehen sich schmucklos nach oben. Die fünf Prasat auf der oberen (vierten) Ebene werden der Quincunx-Stellung gerecht. Wie üblich lagern die Prasat auf Sandstein-Sockeln. An den Türen und Scheintüren finden sich einfache, an der Stirnseite gerundete Stufen, die ansonsten keine außergewöhnlichen Merkmale zu bieten haben. Die gleichmäßig sanfte geradlinige Erhöhung auf der unteren Stufe fällt als einzige "Unregelmäßigkeit" auf. Der Banteay Srei Tempel gilt als unübertroffenes Kleinod im Angkor-Gebiet. Von den Fundamenten bis zu den Dachbekrönungen sind sämtliche Bauelemente mehr als prachtvoll gestaltet. Folgerichtig wurden auch die Stufen in besonderer Weise ausgeführt. Der Banteay Srei Tempel ist ein Flach-Tempel in Ost-West-Ausrichtung. Die Prasat aus rotem Sandstein stehen auf einem niedrigen Laterit-Sockel. Um in die Tempel zu gelangen, bedurfte es nur weniger Stufen. Die jeweils untere Stufe wurde in die untere Schicht vom Fundament integriert, so entstand das einheitliche Niveau, welches auch für die zweite Stufe gewahrt blieb. Die niedrigen, differierenden Höhen der Stufen, die direkt in die Tempel führen, erwecken fast den Anschein spielerisch reizvoller Anmut. Irgendeiner praktischen Notwendigkeit folgen die kleinen Stufen nicht. Augenfällige Schönheit schien oberstes Gebot. Am völlig zerstörten, nur über hölzerne Laufstege zugänglichen, im 12. Jahrhundert erbauten Prasat Beng Mealea sind in den hohen Trümmerbergen keine Stufen auszumachen. Besucher nähern sich dem Tempel aus südlicher Richtung, weil die Fahrzeuge südlich parken können. Der Blick zum Süd-Gopuram fasziniert. Ehe der gesicherte Tempel-Besichtigungs-Steg betreten wird, können die Reste einer ehemals gigantischen Naga-Balustrade besichtigt werden und genau dort liegen zerbrochene Stufen des ersten Tores, durch das Pilger in den Tempel gelangten. Noch die Bruchstücke vermitteln einen hervorragenden Eindruck vormaligen Glanzes. Nicht überall wurden derart schöne Stufen gefertigt. Der Beng Mealea Tempel gilt als Zentrum einer nicht mehr vorhandenen Stadt. Wer sich dem Tempel östlich nähert, die Tempel-Anlage danach im Uhrzeigersinn umgeht, der wird alle zerstörten Gopuram sehen und weitere Stufenfragmente entdecken. In der Nähe des Airport Siem Reap kann der kaum bekannte Prasat Trapeang Ropou, ein Tempel aus der Vor-Angkor-Periode, besichtigt werden. Von den drei Ziegelprasat hat sich nur wenig erhalten, doch am Boden liegt eine Stufe, die als Beispiel für die Betrachtungsreihe passend ist. Der Vergleich mit der Beng Mealea-Stufe definiert den Unterschied zwischen kunstvoller Verarbeitung, die repräsentativen Ansprüchen gerecht wird und alltäglicher Formgebung, die ausschließlich praktischen Notwendigkeiten dient. Achtlos bei Seite gelegt, doch nicht völlig verworfen, sind im Wat Khnat, einem sehenswertes Kloster westlich von Siem Reap, die spärlichen Überreste des Prasat Khnat aufzustöbern. Vom alten Tempel, dessen Standort nicht mehr zu definieren ist, haben sich nur Bauteile aus Sandstein erhalten. Die Sandsteinfragmente wurden an verschiedenen Stellen im Kloster deponiert. Zwei Fotos zeigen die typisch geschwungene Form der Stufe (Foto links) und die mit stilisierten Lotosblättern verzierte Stirnseite (Foto rechts). Kaum ein Besucher nimmt den kleinen namenlosen Tempel im Ost-Bereich des Ta Prohm Tempels wahr. Es gibt schlichtweg zu vieles andere zu bewundern. Gesetzt dem Fall, die vier Stufen dieses kleinen Tempels entsprechen in dieser Reihung dem ursprünglichen Bauzustand, dann wäre hier ein Sonderfall zu vermerken: die Niederwerfungsstufe liegt zuoberst als letzte Stufe in Höhe des Tempelinnenraumes. Die Rechteckform der Stufe ist beibehalten und entspricht in der Länge den unteren Stufen. An der Stirnseite der Stufe kann, wie tradiert überliefert, der formvollendete Bogenschwung registriert werden. Die Oberfläche der Stufe ist deutlich gewölbt. Die Stufe vom Prasat Thma Bay Kaek erinnert, ohne sie zu imitieren, an die zweifach abgesetzten Stufen des Preah Ko Tempels, was nur logisch ist, denn die Bauzeiten der Tempel liegen nah beieinander. Der Preah Ko Tempel wurde 879 geweiht. Der Phnom Bakheng wurde zwischen 889 und 915 als Staatstempel erbaut. Yasovarman I. hatte sein Machtzentrum nach Angkor verlegt. Nördlich vom Tempelberg Bakheng, also parallel zum südlichen Wassergraben der Stadt Angkor Thom liegen einige namhafte Tempel, etwa der Prasat Baksei Chamkrong und der Prasat Bei, weniger bekannt sind der Prasat Savien Mean und eben auch der kleine Prasat Thma Bay Kaek. An der Thma Bay Kaek-Stufe ist der mehrfache Kurvenschwung über den geometrischen Halbkreis hinausgezogen. Die verhältnismäßig kleine Stufe ist ausgesprochen dick, wirkt dadurch etwas massiv, doch edle Formgebung und schönes Muster nehmen der Stufe jegliche Plumpheit. Die hochwertig gearbeitete Stufe steht in keinem Verhältnis zu den verbliebenen Resten des schlichten Tempels. Am Prasat Rorn Ramong, einem ähnlich kleinem Tempel, finden sich die Stufen dem einfachen Erscheinungsbild des Tempels angepasst. Gleichfalls dezent angemessen fällt die Stufe vom Prasat Trapeang Ropou nicht aus dem Rahmen. Die drei aufgeführten wenig beachteten Ziegel-Tempel wurden annähernd zeitgleich während der Vor-Angkor-Periode errichtet, entsprechen im Grundaufbau einem Muster und unterscheiden sich dennoch in einzelnen Details. Wasserbecken waren überlebenswichtig für die Khmer. Im Laufe der Jahrhunderte wurden viele Becken angelegt. Alle Becken wurden steinern eingefasst, meist kamen Lateritsteine zum Einsatz, doch auch in Sandstein gefasste Becken sind nachweisbar. Mittels Stufen wurden die Ufer befestigt, so entstanden lange geradlinige Terrassen, die einerseits dem Wasserdruck standhielten und andererseits den Zugang zum Wasser problemlos ermöglichten. Sra Srang meint nicht nur das Becken, auch ein 2018 restaurierter königlicher Bootsanlegesteg trägt den gleichen Namen. Unter dem Begriff Sra Srang wird vorwiegend das sehenswerte Angkor-Bauwerk vermarktet, eine Terrasse, die zum westlichen Ufer führt und in gleichmäßig fallenden Stufen als breiter Steg im Wasser endet. Seltsamerweise müssen Liebhaber im Angkor Wat nach Stufen suchen. Ohne Schwierigkeiten fallen kurze, mittlere und lange Treppen auf, doch Niederwerfungsstufen oder andere prächtige Stufen, die in Tempelräume führen, sind vermutlich nicht vorhanden bzw. haben sich nicht erhalten. Steile Stufen (die aus Sicherheitsgründen gesperrt wurden) führen zum zentralen Heiligtum hinauf. Trotz extremer Verwitterung kann noch immer einstmaliger Prunk ermessen werden. Jede einzelne dieser Stufen war verziert. Die unverkennbaren Angkor-Muster sind im gesamten Angkor Wat zu sehen. Hinab in die Becken (Ritualbecken?) der ersten Ebene des Angkor Wat führen Stufen, wie eben auch Stufen zu den Bibliotheken hinaufführen. Die abgestuften Beckenränder bzw. die gestuften Sockel der Bibliotheken sind eines der Markenzeichen des Angkor Wat und der gleichnamigen Stilperiode. Noch viele Stufen ließen sich per Foto vorstellen, doch keine markant anderen Stufenmuster würden ins Blickfeld gerückt werden. Mag auch das Thema STUFEN etwas abseitig erscheinen, so sei hier nochmals versichert, ohne Stufen wäre unser Leben beschwerlicher, das wussten schon die Khmer und vor ihnen andere Kulturvölker.
Kann auch die religiöse Bedeutung der jeweils unteren Stufen (Niederwerfungs- und Opferstufen) an Khmer-Tempeln nur vermutet, leider nicht bewiesen werden, ist deren Rang im Kontext religiöser Kulthandlungen nicht zu unterschätzen. Eindeutiger und überzeugender konnte die kontinuierliche Fortentwicklung der Stufen vorgeführt werden. Die chronologische Reihung einiger Bild-Beispiele bietet Blicke auf die Formveränderungen und die Steigerungen der künstlerischen Gestaltung der Stufen. Verzichtet wurde auf Beschreibungen technischer Aspekte der Herstellung der Stufen. Vergleichende Analysen bringen Zusammenhänge und Verbindungslinien ans Licht und verweisen tragfähig auf stilistische Unterschiede. Wissenschaftler können an Hand von Details auf das Gesamtwerk schließen. Pilaster und Lintel zeichnen stilfixiert die jeweiligen Khmer-Tempel aus. De facto: Tempel-Stufen sind nicht austauschbar, verallgemeinert hieße das: jedem Tempel seine Stufen. Auf verschiedene Eigenheiten der Formgebung und künstlerische Ausprägungen von Stufen, die an Khmer-Tempeln eingebaut wurden, will dieser Artikel hinweisen, womit der Versuch unternommen wurde, den Fokus auf nur ein Bauelement zu richten und dadurch den Blickwinkel auf die unterschiedlichsten Tempelbauten der Khmer zu weiten. Allzu oft wird heutzutage mit Vorliebe der Begriff GESAMTKUNSTWERK verwendet, sogar manche Menschen verstehen sich als ein solches, doch besichtigen wir Khmer-Tempel, dann blicken wir auf Gesamtkunstwerke, die in ihrer harmonischen Geschlossenheit kaum ihres gleichen haben, noch selten übertroffen wurden, wozu nicht zuletzt die jeweiligen Formen der vermeintlich unwesentlichen Stufen beitragen. Fotos und Text: Günter Schönlein Korrektur: Vanessa Jones
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Autor Günter Schönlein
Auf meinen bisher acht Reisen nach Kambodscha habe ich viele Khmer-Tempel photographisch dokumentiert. Mit Pheaks Hilfe suchte ich auch viele schwer zu findende entlegene Tempel auf. In diesem Blog möchte ich meine dabei erworbenen Eindrücke und Kenntnisse gerne anderen Kambodscha-Liebhabern als Anregungen zur Vor- oder Nachbereitung ihrer Reise zur Verfügung stellen. sortiert nach Themen:
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