Die vom König Jayavarman VII. erbaute Stadt Angkor Thom war und ist nachhaltig vom Buddhismus geprägt. Schon von den Stadttoren grüßt der Buddha des Mitgefühls Lokeshvara die Ankommenden. Ist der Bayon Tempel im Zentrum der Stadt erreicht, blicken hunderte Lokeshvara-Gesichter auf die andächtigen Pilger herab. Auf dem Weg (Straße) vom Süd-Tor zum Bayon Tempel passieren die Pilger (Touristen) vier Klöster, die westlich der Straße kaum zu übersehen sind. Keine 350m vom südlichen Stadttor entfernt liegt die erste Klosteranlage westlich fast am Weg. Das Kloster kann nur mit seinem Khmer-Namen វត្តព្រះអង្គគងជុំ (ព្រះអង្គខ្មៅ) bezeichnet werden. Vorzufinden ist ein Musterbeispiel neuerer Klosterbauten. Zu sehen sind in diesem Kloster die Vihara, also der Tempel, gebaut als offene Säulenhalle (Bild 1), dahinter befinden sich noch Wirtschafts- und Wohnbauten, ohne die ein Kloster nicht auskommen kann. Wichtig für diese Betrachtung sind nur die Tempelhallen, hier wiederum die Buddha-Statuen. Sämtliche Klöster in Angkor Thom sind vorrangig für die heutigen Bewohner der Stadt Angkor Thom von Bedeutung, in zweiter Linie für kambodschanische Buddhisten wichtig, die, vielleicht nur auf der Durchreise, hier ihre Glaubensrituale ausführen und Segnungen empfangen. Allzu oft wird vergessen oder nicht registriert, dass im Dschungel von Angkor Thom noch immer zahlreiche Menschen unter einfachsten Bedingungen leben. Touristen nehmen die Klosteranlagen eher beiläufig zur Kenntnis. Es kann angenommen werden, dass sich an allen Zugangswegen zum Bayon und rund um den Tempel herum etliche Klöster befunden haben. Die bis heute aktiv betriebenen Klöster und die vergessenen Terrassen ehemaliger Klöster im Umfeld des Bayon bestätigen diese These. Das zweite Kloster am Weg zum Bayon (Bild 2), das Wat Preah Se Ary Metrei, unterscheidet sich in der Ausstattung nur unwesentlich vom Kloster វត្តព្រះអង្គគងជុំ (ព្រះអង្គខ្មៅ) (Bild 1), jedoch das Fundament, auf dem die offene Tempelhalle errichtet wurde, erbringt den Beweis, dass der Ort, an dem sich das heutige Kloster befindet, unbedingt als angestammter tradierter Platz anzusehen ist. Der Außenrand des Fundaments wurde mit Reliefsteinen im typischen Bayon-Stil dekoriert, wenn nicht gar, was sehr wahrscheinlich ist, die offene Vihara (Tempelhalle) auf dem Fundament des alten Tempels errichtet wurde. Häufig finden sich auch mit Respekt und Andacht arrangierte sortierte Steinfragmente der alten Tempel im Umfeld der neuen Tempelhallen, die den Menschen als Reverenz an die alten Tempel und natürlich an die Buddha-Verehrung gelten. Achtlos geht kein Kambodschaner an solchen Plätzen vorbei. Die Integration alter Materialien in neue Tempelbauten bestätigt Traditionsverbundenheit und Hochachtung vor den Leistungen der Vorfahren. Auf den Altären ist üblicherweise eine zentrale große sitzende Buddha-Statue platziert. Über der Statue ist meist ein Baldachin oder ein Ehrenschirm gespannt. Opfergaben der Gläubigen werden um die große Statue arrangiert. Im Laufe vieler Jahre entstehen stattliche Kollektionen buddhistischer Devotionalien (Bild 2). Nur 400m weiter nördlich, auch wieder westlich am Weg liegt das Wat Si Ar Metrey. Keine 300m nördlich vom Wat Si Ar Metrey liegt südlich gegenüber des Bayon das វត្តព្រះឥន្ទទេព្វ-Kloster, auch hier ist nur der Khmer-Name verfügbar (Bild 3 & 4). Die hohe Klosterhalle, mehr noch die große Buddha-Statue fallen auf. Diese Tempelhalle direkt an der Straße gelegen, ist nicht zu übersehen. Im Umfeld finden sich noch Überreste der ursprünglichen Tempelanlage (Prasat Preah En Tep?). Auf einer Strecke von nur 1,2km Länge sind westlich des Weges vier aktive Klöster auszumachen. Östlich desselben Weges sind mehrere Ruinen zu erkennen, die auf ehemalige Tempelterrassen schließen lassen. Auf Spezialkarten der Stadt Angkor Thom sind weitere Plätze markiert, auf denen sich Klöster befanden, die von Touristen nicht aufgesucht oder nur durch Zufall gefunden werden. Ambitionierte zielorientierte Sucher fänden wohl einige der in Karten markierten Stellen, die jedoch meist nur noch durch Steine kenntlich sind. Doch ausgerechnet diese verschollenen, von der Natur fast verschlungenen Orte geben vom einstigen intensiven Glaubensleben Kunde. Nahezu fünfzig Tempelanlagen (Gebetsterrassen) soll es in Angkor Thom gegeben haben. Der Nachweis wäre nur mit mühsamer Kleinarbeit zu bewerkstelligen und ein Fall für ambitionierte Hobbyforscher. Kein Dutzend der vormals zahlreichen Tempelterrassen und Tempelhallen hat sich bis in die heutige Zeit erhalten, die sind leicht zu finden und durchaus sehenswert, teilweise sogar kulturhistorisch wichtig. Westlich vom Bayon Tempel liegt südlich der Straße, die zum West-Tor führt, das Wat Preah Ang Kork Thlork (Bild 5 & 6), ein ziemlich großflächig angelegtes Kloster, dem die dauerhafte Nutzung anzusehen ist. Erneuert bzw. ausgetauscht werden immer wieder die kleineren Opfergaben, doch die Baustrukturen bleiben unverändert und ebenfalls an seinem Platz verbleibt die eine Buddha-Statue, welche von jeher verehrt und angebetet wurde und wird. Die Vielzahl der nachweisbaren Buddha-Statuen in Angkor Thom zeigt den Buddha entweder in der Erdberührungs-Geste oder in der Meditationshaltung. Die Lehrgeste oder andere Gesten (Mudras) sind (abgesehen vom Buddha Bild 9 & 10) in Angkor Thom nicht nachweisbar. Die Erdberührungs-Geste ist leicht zu erkennen. Die linke Hand liegt auf den gekreuzten Beinen, die rechte Hand weist mit den Fingern in Richtung Erdboden. Buddha hat allen Anfechtungen des Dämons Mara widerstanden, hat sich in seiner Meditation nicht beirren lassen und ruft die Erde als Zeugen für seine Standhaftigkeit an (Bilder 3, 6, 8, 12, 14, 15, 18). Die Meditationshaltung zeigt den Buddha aufrecht sitzend, die Augen fast geschlossen, den Blick schräg nach unten geneigt, die Hände ineinander liegend im Schoß gehalten (Bilder 16, 17, 23, 25). Tep Pranam, eine in westlicher Richtung angelegte etwa 80m lange Terrasse (aus Laterit), liegt auf einer Ost-West-Linie, die sich bis zum Prasat Preah Paliley hinzieht. Am Ende der Terrasse, an deren Stelle schon im 9. Jh. ein buddhistischer Tempel existiert haben soll, laden eine Tempelhalle und ein kleiner Buddha-Schrein zum Gebet. Die Tempelhalle mit Buddha in der Erdberührungs-Geste (Bild 7 & 8) ist mit Sicherheit auf einem historischen Platz errichtet. Hier befand sich schon immer ein Kloster. Genügend historisches Steinmaterial im Umfeld und das Fundament weisen den tradierten Platz aus. (Näheres zur Geschichte von Tep Pranam vermeldet der gleichnamige Artikel von Herrn Ando Sundermann, aufzurufen in dieser Webseite.) Die lange überdachte Vorhalle eignet sich ideal als Versammlungshalle zum Gebet. Dem Buddha selbst ist eine höhere Halle zugewiesen. – Der fast quadratische, niedrige, wenig schöne steinerne Zweckbau hinter der Tempelhalle (Bild 7, linke Bildhälfte) beherbergt eine der ungewöhnlichsten Buddha-Statuen in Angkor Thom (Bild 9 & 10). Der aus Bruchstücken einer zerstörten oder zerbrochenen Statue zusammengefügte stehende Buddha (Bild 9 & 10) muss als wohlgemeinte, vermutlich von Laien ausgeführte Rettungsaktion eingeschätzt werden. Die Rekonstruktion ist nicht wirklich gelungen, zumal das Originalmaterial nicht mehr vollständig vorhanden war und die Statue rücklings mit Lateritsteinen gestützt werden musste, auch scheint der Buddha-Kopf nachgemacht zu sein; andererseits zeigt sich dieser Buddha mit der Abhaya Mudra, der Fürchte-Dich-nicht-Geste, üblicherweise weist nur die rechte Hand die Abhaya Mudra, hier zeigen beide Hände diese Geste. Die rekonstruierte Statue ist gewiss kein glanzvolles Kunstwerk, doch in Angkor Thom eine Ausnahme und wie zu sehen ist, wird sie, wie alle anderen Buddha-Statuen, verehrt und angebetet. Ihm, dem namenlosen Buddha rätselhafter Herkunft, werden Opfergaben zu Füßen gelegt. Die Fotos aus den Jahren 2015 (Bild 9) und 2019 (Bild 10) belegen den Wechsel der Baldachine und die (nachträgliche?) sakrale Bedeckung der Statue. Es ist wohl Brauch, die Buddhas nicht unbekleidet zu lassen. Sämtlichen Buddhas in Angkor Thom wurde eine Robe, das typische Mönchsgewand in Gelb/Orange mit oder ohne Schärpe angelegt. Die Stoffe sind von hoher Qualität, jedoch nicht mit den Baumwollgewändern der Mönche vergleichbar. Eine weitere Terrasse (aus Sandstein) führt zum Prasat Preah Paliley. Ein kleiner hölzerner Schrein steht am Ende der Terrasse (Bild 11). Im Schrein thront ein Buddha wiederum in der Erdberührungs-Geste (Bild 12). Dieser Schrein wurde nicht völlig unberechtigt oder zufällig an diesem Platz errichtet, ist doch der Prasat Preah Paliley ein buddhistisches Heiligtum. Zwischen dem Prasat Preah Pithu und den Suor Prat Türmen führt eine nicht präparierte Straße zum Todes-Tor, dem fünften Tor der Stadt Angkor Thom. Nördlich dieser alten Straße liegt das Wat Preah Ang Sang Tuk. Das Kloster kann nicht nur mit einer neueren Tempelhalle und einer großen Buddha-Statue aufwarten (Bild 13 & 14), auch zwei Ruinen ehemaliger Laterit-Tempelbauten stehen in unmittelbarer Nähe der Buddha-Halle. Hier kann also zusätzlich und ohne Aufwand nebenher der immerhin recht ansehnliche Prasat Preah Ang Sang Tuk besichtigt werden, übrigens ein historischer Tempel, der in keinem Reiseführer verzeichnet wird, obwohl es sich um einen oktogonalen Tempelbau handelt, der in dieser Form in Angkor Thom nicht seinesgleichen hat. Das Wat Preah Ang Sang Tuk muss zu bestimmten Zeiten regen Zulauf haben, die übergroße Tempelhalle bietet vielen Gläubigen Raum für Andachtsübungen. Auch dieser Buddha präsentiert sich mit der Bhumisparsha Mudra, der Erdberührungs-Geste. Ein stiller südlich geführter Waldweg hinter den Suor Prat Türmen oder der Hauptweg vor den Türmen mündet am südlichen Khleang. Östlich des südlichen Khleang findet sich ein Kloster, dessen Name nirgends zu ergründen ist. Die kleine vermutlich unbedeutende Klosteranlage ist nur von Belang, weil dort Devotionalien gefertigt oder gelagert werden: Buddha-Statuen in verschiedenen Größen. Der Weg zurück zum Bayon ist kurz. Nordwestlich des Bayon liegen das Wat Preah Knok und der historische Prasat Preah Knok. Am West-Ende der Preah Knok-Terrasse erhebt sich der von sechs Säulen getragene Buddha-Schrein (Bild 15). Die Tempelhallen sind immer in der Ost-West-Richtung orientiert. Die Buddhas werden stets von der aufgehenden Sonne angestrahlt. Westlich und nördlich der Tempelhalle finden sich die nicht unbeträchtlichen Überreste der ehemaligen Tempelanlage Prasat Preah Knok. Der Blick vom Wat Preah Knok auf den Bayon Tempel ist mit dem Adjektiv imposant nur ungenügend beschrieben. Entgegen allen Erwartungen beherbergt der Bayon keine bedeutende Buddha-Statue. Die Lokeshvara-Gesichter-Türme sind zweifellos die Objekte der Anbetung in diesem Tempel. Im Außen- und im Innenbereich wurden mehrere etwa lebensgroße Buddha-Statuen aufgestellt, die vermutlich nicht zur Originalausstattung zählten (Bilder 16 – 20). Der Zentral-Prasat (oberste Ebene) ist nach Umbauten als Rundbau gestaltet und enthielt tatsächlich eine übergroße Buddha-Statue: Buddha auf der Schlange Mucilinda sitzend, die ihr siebenköpfiges Haupt schützend wie ein Baldachin über den Buddha breitet. Die 3,60m hohe Statue trug die Gesichtszüge des Königs Jayavarman VII. Nach dessen Tod wurde die Statue entfernt und zerstört. Fortan hielt der Hinduismus wieder Einzug in Stadt und Land, mit einem Wort, der Brahmanismus restaurierte sich: neuer König – alte Religion. 1933 wurden die Bruchstücke der originalen Bayon-Buddha-Statue wiederentdeckt und geborgen. Die Fragmente wurden wieder zur Statue zusammengefügt. Auf der Terrasse Wat Preah Vihear Pram Pi Lveng (auch Prampil Loveng) feiert der gerettete Buddha seine Wiederkunft (Bild 21 – 24). Obwohl die Buddha-Mucilinda-Darstellung in Asien ein weit verbreitetes und vielfach variiertes Motiv ist, muss die Mucilinda-Statue als die bedeutendste Buddha-Statue in Angkor Thom angesehen werden. Eines steht unbestritten fest, diese Buddha-Statue gehörte zur Erstausstattung des Bayon, ist folglich die älteste der hier vorgestellten Buddha-Statuen, ihr muss der Bayon-Stil attestiert werden. Auf der etwas im Abseits befindlichen, großflächigen Terrasse und vor dem Buddha selbst versammeln sich zu jeder Tageszeit Kambodschaner zum Gebet. Die Terrasse versteckt sich hinter den Suor Prat Türmen südlich der Straße zum Sieges-Tor. Dieser Buddha genießt seit seiner Auferstehung allerhöchste Wertschätzung. Die Luft um den Buddha ist erfüllt von edlen Düften. Räucherstäbchen werden abgebrannt. Frische Lotosblumen, Obst und Getränke werden dem Buddha geopfert. Das Ritual der Achtsamkeit, täglich sieben Schalen mit frischen Wasser zu füllen und dem Buddha zu verehren, hat sich in Kambodscha nicht eingebürgert, zumindest kann dieser Opferbrauch in Angkor Thom nicht registriert werden. Etwa ein Dutzend Buddha-Statuen in Angkor Thom wurden vorgestellt. Nur wenige der Statuen werden kunsthistorisch relevant sein, doch für die Menschen in Angkor Thom sind diese Statuen von eminenter Bedeutung. Ein Leben ohne Buddha-Statuen können sich die ortsansässigen Buddhisten schwerlich vorstellen. Die Statuen wurden früher angebetet und haben in der heutigen Zeit zum gleichen Zweck ihre uneingeschränkte Berechtigung. Der Buddhismus lebt in den Herzen der Menschen und der Bedarf an neuen Buddha-Statuen wird nicht schwinden. Seitlich auf dem Königsplatz, östlich vor dem Baphuon Tempel befindet sich eine Freiluft-Steinmetz-Werkstatt, dort wurde im März 2019 an einer neuen Buddha-Statue aus weißen Kalkstein gearbeitet. Abschließender und ergänzender Hinweis: Die Reste einer monumentalen liegenden Buddha-Statue können an der West-Seite des Baphuon Tempels (untere Pyramiden-Ebene) besichtigt werden. Angeblich haben Mönche im 16. Jahrhundert diese Statue aus Restmaterialien aufgeschichtet. Ahnungslose, die nichts von diesem außergewöhnlichen Buddha wissen, laufen an dem liegenden Buddha vorbei, ohne ihn gesehen zu haben. Am ehesten ist noch die Kopf-Partie zu erkennen.
Die Namen der Klöster und Tempel wurden dem Google-Maps-System entlehnt, Stand: Juni 2020. Fotos: Günter Schönlein Foto 20: Vanessa Jones Text: Günter Schönlein Korrektur: Vanessa Jones
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Werden in Reiseführern Sehenswürdigkeiten von Mandalay aufgelistet, wird meist (völlig zu Recht) der Mahamuni Buddha Tempel beschrieben. Der Tempel und seine vergoldete Buddha-Statue gelten einheimischen Buddhisten lang schon als verehrungswürdiges Ziel. Kurze Erwähnung finden in diesem Kontext einige Khmer-Bronzen. In einem schlichten Gebäude, welches einen der Innenhöfe des Mahamuni Buddha Tempel begrenzt, werden sechs Khmer-Statuen ausgestellt, mit denen es eine besondere Bewandtnis hat. Aus heutiger Sicht würden diese Statuen der Rubrik Raubkunst bzw. Kriegsbeute zugeordnet. Die Geschichte dieser Bronze-Statuen muss abenteuerlich genannt werden, desto erstaunlicher ist die ziemlich lückenlose Dokumentation der Odyssee, die diese Khmer-Kunstwerke hinter sich haben. Im Jahr 1431 wurden die aus dem Angkor Wat (Kambodscha) stammenden Bronze-Figuren von den Siamesen (den Siegern eines Kriegszuges) nach Ayutthaya gebracht. Nach etwas mehr als dreißig Jahren gelangten die Bronzen im Jahr 1564 nach Bago (Pegu). Der Verbleib der Bronzen in Bago war nur ähnlich kurz, wie zuvor in Ayutthaya, schon 1599 wurden die Statuen nach Mrauk U transferiert. Dort verblieben sie etwa zweihundert Jahre, ehe sie im Jahr 1785 in Amarapura eintrafen. Zu dieser Zeit sollen angeblich noch dreißig Bronzen existiert haben. Ein Großteil der Bronzen wurde später eingeschmolzen. Kanonen hatten Kunstwerken den Rang abgelaufen. Sechs Khmer-Bronzen sind erhalten geblieben: zwei Wächter-Figuren, drei Löwen und ein Elefant. Der Ausstellungsraum ist fortwährend von Einheimischen und Touristen belagert. Über die speziellen Eigenschaften der Bronzen wird noch zu sprechen sein. Betrachten wir zunächst die Löwen. Lediglich einer von drei Löwen befindet sich in gutem Zustand. Die aufrecht sitzenden Löwen entsprechen in ihren Abmaßen etwa ihrer natürlichen Größe. Zwei der Löwen werden kopflos präsentiert. Weitere Fehlstellen an den Löwen-Torsi sind zu beklagen. Ein Löwenkopf kann als Einzelstück näher betrachtet werden. Löwen-Statuen aus Stein finden sich in Kambodscha und anderen asiatischen Ländern als Tempelwächter an vielen Eingängen zu Tempeln. Weitere Details zu diesem Themenkomplex bietet der Artikel LÖWEN IN KAMBODSCHA in diesem Blog. Die seltsam ausgeprägten Löwenköpfe aus Bronze haben in Stein kein Pendant. Zwar finden sich in Kambodscha viele Löwenstatuen mit weit aufgerissenen Mäulern, doch das eigenwillig gewundene Gebilde unter dem Kinn findet sich nirgends steinern ausgeformt. Extrem auffällig sind auch die Ohren und die spitz aufragende Mähne am Hinterkopf. Sehr vermenschlicht wirkt die weit offene Nase. Erhöhte Wachsamkeit sollen wohl die aufgerissenen Augen symbolisieren. Die Grundform und das Muster der Brustmähne ähneln den Vorgaben mancher Steinlöwen. Als Übernahmen von den steinernen Löwen müssen auch die mächtigen Tatzen und die Zierbänder am unteren Bein bewertet werden. Bemerkenswert kunstvoll geschwungen ist der erhobene Quastenschwanz. Einer von drei Löwen zeigt eine variierte Brustmähne und trägt außerdem noch eine geblümte Halskrause, ein schmuckes Halsband. Die Kniescheiben werden von einer Rosette markiert. Der Beinschmuck ist breiter und prächtiger als an den anderen Löwen. Vor uns steht eine besonders ausgeprägte Rasse, die in dieser Form wohl nur in Bronze nachzuweisen ist. Wie schon im Artikel LÖWEN IN KAMBODSCHA erwähnt, (nachzulesen in diesem Blog hier), konnten die Bildhauer keinen Löwen je gesehen haben. In Kambodscha lebten keine Löwen. Unter diesem Defizit litten wohl auch die Bronze-Bildhauer. Fantasie war gefragt bzw. vonnöten. Besonders wissbegierige Leser können im Nachgang die steinernen Löwen des Angkor Wat mit den hier vorgestellten in Bronze gegossenen Löwen aus dem Angkor Wat vergleichen und eventuelle Ähnlichkeiten herausfinden. Der Elefant ist in der Höhe den Löwen angeglichen. Bei diesem dreiköpfigen Elefant handelt es sich um keinen Geringeren als um Airavata, das Reittier des Gottes Indra. Airavata wurde bewusst in die Ecke bzw. an die Wand gestellt, weil zwei Beine, Teile des Körpers und des Rüssels des rechten Elefanten fehlen. Der wirkliche Schaden kann durch diese Maßnahme nicht unmittelbar begutachtet werden. Indra auf Airavata war bei den Khmern ein bevorzugtes Lintel-Motiv. In vielen Varianten wurde der Gott auf seinem dreiköpfigen Reittier konterfeit. Airavata ohne Indra kann steingehauen nicht nachgewiesen werden. Steinerne Elefanten sind in Angkor mehrfach nachzuweisen, doch sind es immer nur übliche Elefanten, keine göttlichen Tiere. So bewertet muss diese Airavata-Bronze als außergewöhnliches Kunstwerk betrachtet und eingestuft werden. Ob auf diesem Airavata jemals der Gott Indra aufsaß, kann nicht belegt werden. Ins Auge fallen die markanten Kopfhöcker. Nur schwach angedeutet sind die Ohren des mittleren Elefanten. Das Erscheinungsbild eines Elefanten war den Bildhauern vertraut. Elefanten wurden als Arbeitstiere, so auch beim Tempelbau, benutzt. Dutzende Indra-Airavata-Lintel im Angkor-Gebiet belegen durch detailgetreue Wiedergabe die Kenntnis der spezifischen Erkennungsmerkmale der Elefanten. Vollplastische dreiköpfige Elefanten schmücken beidseitig alle Tore der Stadt Angkor Thom. Es besteht durchaus die Möglich- und Wahrscheinlichkeit, dass die monumentalen steinernen Indra-Airavata-Statuen Vorbild oder Anregung für den bronzenen Airavata gewesen sind. Wenden wir uns abschließend den zwei stehenden menschlichen/göttlichen Figuren zu. In der Gegenüberstellung, die leicht fällt, stehen die Statuen doch nebeneinander, erschließen sich auf den ersten Blick die Größenverhältnisse zueinander und zu den Löwen. Die Informationstafel gibt für die linke Figur sieben und für die rechte Figur acht Fuß als Höhe an. Ein Fuß (foot=ft) entspricht 30,48cm, also misst die kleinere Figur 2,13m und die größere Figur 2,44m. Einige Unterschiede fallen auf: da wäre zunächst die Kopfhaltung. Schaut die rechte Figur bewusst aufrecht, so hält die linke Figur den Blick leicht nach unten gesenkt. Beide Figuren tragen den typischen Oberlippenbart, die rechte Figur trägt zusätzlich einen Kinnbart. Der Halsschmuck beider Figuren unterscheidet sich. Die Hüftgewänder (die Hosen) entsprechen der üblichen Khmer-Mode der Angkor-Zeit, wurden jedoch nicht beim gleichen Schneider gefertigt. Die linke Figur trägt Schmuck an den Füßen, die Fesseln sind bereift. Die kleinere Figur wirkt im Gesamterscheinungsbild stämmiger als die große Figur. Fazit: die Figuren haben niemals zueinander gehört. Von zwei ehemals vorhandenen Figuren-Paaren hat sich jeweils nur eine Figur erhalten. Zu bemerken wäre noch, dass der Oberkörper der größeren Figur nicht so recht auf den unteren Körperteil passt. Die Bruchkanten stimmen nicht überein. Die Hüfte der oberen Partie ist deutlich breiter. Vermutlich wurden die Fragmente zweier Figuren zu einer Figur zusammengefügt. Wie auch immer, lobenswert ist die Tatsache der durchaus würdigen Präsentation der hinduistischen Khmer-Kunstwerke in Myanmar. Wem steht der Betrachter gegenüber? Keine Götter blicken uns an, auch keine Könige. Dvarapalas, also Tempelwächter, schauen aus leeren Augenhöhlen. Aufrecht stehende männliche Figuren aus Stein, die als Entsprechung zu den Figuren aus Bronze gelten könnten, haben sich im Angkor-Gebiet in situ nur wenige erhalten. Auffällig ähnliche Figurenpaare stehen vor den inneren Gopuram des Preah Khan Tempels. Dvarapalas (und/oder Löwen) hielten vor den Toren des Tempels die Wacht. Die Informationen auf der im Ausstellungsraum aufgehängten Tafel entsprechen nicht den Angaben im WIKIPEDIA-Artikel, speziell einige Jahreszahlen differieren. Nebenbei sei noch die vorbildliche Renovierung des Ausstellungsraumes erwähnt. Hässliche grüne Wandfarbe wich den hölzernen, von Schnitzwerk gerahmten Paneelen, die sich den ockerfarbenen Wänden wohltuend anpassen. Die Neugestaltung des Raumes spricht für die Wertschätzung der Khmer-Kunstwerke.
Zurückzukommen ist noch auf die im Artikel einleitend erwähnte spezielle Attraktivität dieser Figuren. Weit verbreitet hat sich der Glaube, dass von diesen Figuren eine heilende Wirkung ausgeht, welche sich durch Berührung auf den Menschen überträgt. Bauch- Brust- und Kniebeschwerden scheinen in Myanmar zu grassieren, denn diese Körperstellen sind an den Dvarapalas bedenklich dünn, blank und abgegriffen, teilweise schon durchgegriffen. Ob die Fehlstelle im Genitalbereich des linken Dvarapala vom häufigen Anfassen herrührt oder eine Bruchstelle ist, die durch Materialermüdung, unsachgemäße Handhabung oder Fertigungsmängel entstand, bleibt offen. Es ist müßig, den Verlusten nachzutrauern. Nutzlos sind die Spekulationen, wie die verlorenen Figuren ausgesehen haben könnten. Wichtiger wäre das Augenmerk auf die Kunstfertigkeit der Khmer zu richten, die solch große Bronze-Statuen herzustellen vermochten. Klein-Bronzen aus Kambodscha existieren genügend, doch Groß-Statuen gibt es nur wenige. Der französische Archäologe Jean Boisselier (1912-1996) schreibt in seinem Buch Trends in Khmer Art sinngemäß: diese monumentalen Khmer Bronzen beweisen die meisterhafte Beherrschung der Fertigung solcher Kunstwerke. Boisselier beschreibt außerdem den Vishnu vom Westlichen Mebon, das Fragment dieser Statue wird im National Museum Phnom Penh präsentiert. Offenbar sind keine anderen monumentalen Khmer-Bronzen bekannt, zumindest sind weltweit keine weiteren Beispiele herausragender Khmer-Bronzen der Öffentlichkeit zugänglich. Hinweis: Im Artikel MUSEEN IN KAMBODSCHA wird ein Foto des Vishnu vom Westlichen Mebon gezeigt, (anzuschauen in diesem Blog oder hier). Einige Buchempfehlungen zum Thema: Myanmar (Burma) NELLES GUIDE von Helmut Köllner und Axel Bruns. Auf den Seiten 165/166 der englischen Ausgabe werden die Khmer Bronzen erwähnt und beschrieben. BIRMA MYANMAR APAGUIDES APA PUBLICATIONS 1996 (neu bearbeitete deutschsprachige Ausgabe) herausgegeben von Wilhelm Klein, fotografiert von Wilhelm Pfannmüller Die Seiten 169/170 liefern ein Foto (Dvarapala) und eine Kurzbeschreibung der Khmer-Bronzen. Trends in Khmer Art von Jean Boisselier. frz. Ausgabe 1956, engl. Ausgabe 1989. Die Seiten 71/72 der englischen Ausgabe befassen sich mit Khmer Bronzen. KHMER BRONZES New Interpretations oft the Past Emma C. Bunker and Douglas Latchford. Chicago, Illinois. First Edition 2011 (544 Seiten) ADORATION AND GLORY The Golden Age of Khmer Art Emma C. Bunker and Douglas Latchford. Chicago, Illinois. First Edition 2004 (496 Seiten) Beide Bücher von Emma C. Bunker und Douglas Latchford liefern hervorragendes Bildmaterial und sachkundige, wissenschaftlich fundierte Beschreibungen der Kunstwerke. Diese Bücher sind nur in englischsprachigen Ausgaben verfügbar. Für die Angaben betreffs Herkunft und Verbleib der Kunstwerke wurde der folgend aufgeführte WIKIPEDIA Artikel verwendet, welchen auch weitere Details zu den Kunstwerken und zum Mahamuni Buddha Tempel zu entlehnen sind: https://en.wikipedia.org/wiki/Mahamuni_Buddha_Temple Fotos: Günter Schönlein & Vanessa Jones Text: Günter Schönlein Korrektur: Vanessa Jones Die plastische Kunst in Sri Lanka kann zwangsläufig nur unter dem Aspekt des Buddhismus betrachtet werden. Seit vor über zweitausend Jahren der Buddhismus von Indien kommend auf Sri Lanka eingeführt, Fuß gefasst und bis heute als Volksreligion Bestand hat, mussten zwangsläufig die künstlerischen Darstellungen an Tempelanlagen dem aus Indien überlieferten Kanon und der buddhistischen Vorstellungswelt folgen. Auf spezielle Entwicklungsströmungen singhalesischer Kunst, die stilistische Neuheiten und Eigenprägungen hervorgebracht haben, will dieser Artikel, der sich dezidiert mit Löwen-Darstellungen befasst, hinweisen. Sollten auf Ceylon jemals Löwen gelebt haben, dann sind sie schon in prähistorischer Zeit ausgestorben, doch Löwen aus Stein sind in Sri Lanka allgegenwärtig. Der Löwe findet sich an vielen Tempelbauten als Wächterfigur, ein Umstand, der die Präsenz steinerner Löwen an weltlichen Bauten nicht ausschließt. Einzigartig beeindruckende und gleichzeitig auffallend seltene Löwen aus Granit stehen beidseitig am Treppenaufgang zur Felsenfestung Yapahuwa. Wacht haltende Löwen in dieser bestechenden Ausprägung finden sich ausschließlich in der seinerzeit kampfumtosten Festung Yapahuwa. Die Löwen an der Bodhi-Baum-Einfassung der Kelaniya Raja Maha Viharaya in Colombo scheinen die späten Nachfahren der Yapahuwa-Löwen zu sein. Die Bildhauer des späten 19. Jahrhunderts haben sich an den Mustern des 13. Jahrhunderts orientiert, ohne die Dynamik der Angriffslust in der Darstellung zu erreichen. Viele Replikate der Yapahuwa-Löwen finden sich im ganzen Land an profanen Orten aufgestellt, sie zieren beispielsweise die Eingänge zu Hotels oder Supermärkten. Von der Felsenfestung Dambadeniya haben sich steile Stufenaufgänge und Grundmauern erhalten. Zu erkennen ist die Konstruktion einer Wehranlage, doch Stein-Löwen sind dort nicht mehr zu finden, falls überhaupt je welche die Zugänge zur Festung bewachten. Lediglich im unterhalb des Felsen gelegenen Klosters, welches vermutlich zur selben Zeit erbaut wurde, sind in der quadratischen, gemauerten Einfassung des Bodhi-Baumes einzelne Steine mit schlecht erhalten Löwen-Reliefs erhalten geblieben. Diese Löwensteine könnten die Fragmente eines umlaufenden Löwen-Frieses sein. Der Stein (Bild 5) liefert den Beweis für zwei Löwen-Typen, die den Löwen-Fries rhythmisch strukturierten. Mittig saß aufrecht in Frontansicht, die Vorderbeine zwischen die Hinterbeine gestellt, ein Löwe mit übergroßem Kopf, ihm zur Seite, die Köpfe vom sitzenden Löwen abgewendet), zwei laufende Löwen mit erhobener Vordertatze. Der nächste Löwe muss wieder ein Löwe in Frontansicht gewesen sein. Der Spiegelbild-Symmetrie folgend wendete sich dieses Löwenpaar dem aufrecht sitzenden Löwen zu. Die fototechnische Rekonstruktion (Bild 6) verdeutlicht das Prinzip solcher Bildfriese, die wieder und wieder in variierten Formen an den verschiedenen Tempelanlagen in Sri Lanka nachzuweisen sind. Zwei weitere Steinfragmente, entdeckt im Kloster-Museum Dambadeniya (Bild 7 & 8), zeigen eine andere Gliederung eines Löwenfrieses. Zwischen den Löwen wurde jeweils eine aufrecht stehende Säule abgebildet. Nicht nur der Stein ist von anderer Sorte, (möglicherwiese rötlicher Granit oder Sandstein), auch die bildhauerische Qualität unterscheidet sich von den Löwen im Bild 5. Hier war ein anderer Bildhauer (Steinmetz) am Werk, außerdem liegt die Vermutung nahe, dass die Löwen wahrscheinlich in späterer Zeit entstanden sind. Die Felsenfestung Dambadeniya wurde im 13. Jahrhundert erbaut. Das zu Füßen des Felsens liegende Kloster wurde im Laufe der Jahrhunderte ständig erweitert. Der älteste Bau ist die Dalada Maligawa, ein zweistöckiges Gebäude, in dem zeitweise die berühmte und begehrte Zahn-Reliquie verwahrt wurde, die jetzt in Kandy verehrt wird. Der Zweck der freistehenden, neben dem überdachten Stupa des Dambadeniya Klosters platzierten, reichlich einen Meter hohen Säule (Bild 9 & 10), die einem Altar oder einem Opfertisch gleicht, ist schwer zu definieren. Bis heute ist es in Sri Lanka üblich, an heiligen Orten frische Blüten und Blumen zu opfern. Eventuell diente der leicht unterhöhlte quadratische Tisch, der mit Wasser gefüllt sein konnte, als Ablage für Blüten. Wie auch immer, hier ist der rund geformte Kapitell-Unterbau mit Löwen-Dekor sehenswert. Die stehenden Löwen erinnern stark an die Säulen-Löwen in Yapahuwa (Bild 11 & 12). Die mit Löwen verzierten Postamente von Yapahuwa (Bild 11 & 12), auf denen die Säulen ruhen, sind insofern von Interesse, weil sie einen dritten Typus der Löwendarstellung bieten: den aufrecht, nur noch auf zwei Beinen stehenden Löwen, der sein Geschlecht zur Schau stellt, wenn man so will, die Präsentation von Kraft und Männlichkeit, somit auch ein schwer zu widerlegender Machtanspruch. – Ein ähnlicher Löwe in adäquater Vergrößerung findet sich am Löwenbad (Singha Pokuna) in Mihintale (Bild 13 & 14). Laut Baedecker wäre dieser Löwe einer der schönsten Tierskulpturen Sri Lankas. Der etwa zwei Meter große Löwe spie Wasser aus seinem Maul. Den Oberbau des Löwenbades (Bild 15) schmückt ein umlaufender Bildfries, auf dem sich Löwen, Elefanten und tanzende bzw. musizierende Gana die Ehre geben und wer mag, kann mit etwas Phantasie den Zufluss (Gargoyle) ins Sammelbecken als Löwenkopf identifizieren. Der Bildfries vom Singha Pokuna muss unbedingt anhand mehrerer Detailstudien näher in Augenschein genommen werden. Zu beachten sind einige Veränderungen der Löwendarstellungen (Bilder 16 – 22). Die Neuerungen am Mihintaler Löwenbad-Fries sollen kurz beschrieben werden. Beachtlich ist zunächst die abwechslungsreiche Vielfalt der Darstellungen. Die Gana, meist als dickbäuchige Zwerge definiert, geben sich neben tanzenden weiblichen Wesen und Tieren ein ungezwungenes Stelldichein, dabei haben die Gana nichts mit Löwen gemeinsam, denn sie zählen zu den von Ganapati = Herr der Gana = Ganesha = Elefantengott geführten Truppen. (Nähere Informationen zu den Gana liefert der Artikel INMITTEN VON GÖTTERN (TEIL 7) in diesem Blog.) Drei Typen von Löwen sind zu identifizieren: auf vier Beinen stehend (Bild 18 & 20), auf drei Beinen stehend und eine Tatze erhoben (Bild 19) und die sehr gedrungene Frontansicht (Bild 21 & 22). Drei identisch gestaltete, nach vorn schauende Löwen (Frontansicht) bewachen einen Buddha-Thron aus Polonnaruwa (Bild 23 & 24), der im National Museum Colombo präsentiert wird. Vergleichbare Löwen-Darstellungen finden sich sowohl an Tempeln in Süd-Indien als auch in Indonesien. Freistehende Löwen-Skulpturen haben sich nur wenige erhalten. Ein liegender Löwe kann in luftiger Höhe auf einer quadratischen Säule an der Ost-Koordinate der Kantaka Cetiya Mihintale (Bild 25 & 26) besichtigt werden. Der beeindruckende Stupa (Cetiya), einer von vielen in Mihintale, muss als Musterbeispiel seiner Gattung angesehen werden. Eine steile Treppe führt auf ein ebenes, vermutlich vor dem Bau geglättetes Felsplateau. Dieser Untergrund, jetzt grasbewachsen, bot sich als Basis für den mächtigen Stupa. An jeder Haupthimmelsrichtung wurde die Kreisform der Stupa unterbrochen. Aus dem Rund ragt jeweils ein rechteckiger Bau hervor, der einer Altarwand gleicht, vor der wiederum stehen ein Opfertisch für Blumen und sonstige Gaben. Die Wände des Baus (Vahalkada) waren mit figuralem Schmuckwerk bedeckt. Reliefbänder lagerten in Registern übereinander. Hohe quadratische Säulen begrenzten den Gebetsplatz. Auf diesen Säulen befanden sich Löwen, von denen sich an der Kantaka Cetiya nur einer erhalten hat. Es kann also nur vermutet werden, dass auch auf den restlichen Säulen Löwen die Wacht hielten. Möglich wäre aber auch, dass jeder Himmelsrichtung ein anderes Tier zugeordnet war. Die im dritten Jahrhundert errichtete Jetawanarama Dagoba (Dagoba = Stupa) zählt zu den großen Stupas auf Sri Lanka. Der Sockeldurchmesser wird mit 112 m angegeben, sie soll einst 120m hoch gewesen sein (Angaben aus: Reise Know How SRI LANKA von Rainer Krack u. Joerg Dreckmann). Wie schon an der Kantaka Dagoba in Mihintale wird auch an den Kardinalspunkten der Jetawanarama Dagoba in Anuradhapura die kreisrunde Form der Stupa unterbrochen. Keiner der Rechteckbauten (Vaahalkada) hat sich komplett erhalten, doch alle am Ort verbliebenen Fragmente belegen die prächtige Ausstattung der vier herausgehobenen Plätze. Marmorsäulen und Ziegelsteinschmuck ergänzten sich zu einem harmonischen Gesamtbild, zu einem überragenden Gesamteindruck der mit nur wenig Phantasie vorstellbar wird. Drei hier vorgestellte Säulen (Bild 27, 28 & 29) zeigen Löwen, die kunstvoll in florale Muster eingebunden sind. Aus einer Vase (Kalasha) wächst ein Blütenstängel. Dieser Stängel bildet die senkrechte Symmetrieachse (Bild 27 & 29), zu beiden Seiten dieser Achse bäumen sich Tiere auf: Elefanten, Buckelstiere (Nandi), Pferde und Löwen. Die Reliefs der Säulen (Bild 27 & 28) werden von jeweils drei Löwen abgeschlossen. Die drei Löwen (Bild 27) stehen unter einem Schirm (Umbrella) und erinnern an die Löwen der Ashoka-Säulen in Indien, welche heute noch das indische Wappen zieren, (Bilder dazu finden sich im Artikel LÖWEN IN INDIEN in diesem Block). Wer auf das Plateau des Sigiriya-Felsen gelangen will, muss durch das Löwentor schreiten. Zwischen zwei mächtigen Löwentatzen führen Stufen empor. Einstmals, so wird vermutet, führte der Weg durch das Maul eines Löwen nach oben. Wie die riesige Skulptur tatsächlich ausgesehen haben könnte, bleibt der Phantasie vorbehalten. De Facto wäre diese Skulptur, falls dieser Löwe je fertiggestellt wurde und sich erhalten hätte, die monumentalste Löwenskulptur auf Sri Lanka. Die Geschichte von Sigiriya und die Gründe für die Bauwerke auf und um den Felsen herum sind in jeden Reiseführer nachzulesen, jedenfalls führten der Verfolgungswahn und die Ausgeburten der daraus resultierenden Ängste eines reichen Mannes zur Errichtung dieses ungewöhnlichen Tores. Etwa 40km nördlich von Polonnaruwa befindet sich der kleine Ort Medirigiriya. Berühmt ist die Vatadage, ein Rundtempel. Eine dreifache Säulenreihe umgibt den Stupa. Diese von schönen oktogonalen Kapitellen bekrönten Säulen trugen einst eine hölzerne Überdachung, so konnten die Mönche und Pilger ihre rituellen Umrundungen im Schatten vollziehen. Einige dieser Kapitelle sind Löwen-Kapitelle. Zeitlich wird die Errichtung der Vatadage auf das 7. Jahrhundert veranschlagt, somit sind die hier frontal in Szene gesetzten Löwen frühe Beispiele ihrer Art. Die nur mäßig erhaltenen Löwen von Namal Pokuna weisen eine neue Form der Darstellung auf. Das erhobene Hinterteil und die gesenkte Vorderpartie vermitteln dem Betrachter fast die Assoziation einer nicht zu begründenden Unterwürfigkeit. Der überlange geschwungene Schweif ist eine zusätzliche Eigenheit, die noch mehrfach gesteigert ins Bild gerückt werden muss. Namal Pokuna in Dimbulagala ist eine leider wenig bekannte Klosteranlage, die gewiss kaum ins touristische Pflichtprogramm der Sri Lanka-Besucher aufgenommen werden wird, doch auffällig sind die an den Außenseiten der Stufenwangen auf Säulen platzierten Löwen (Bild 34 & 35). Die meist niedrigen Stufenzugänge der verschiedenen Klostergebäude (nicht nur in Namal Pokuna) werden üblicherweise von steinernen geschwungenen oder geraden Wangen eingefasst. Vor den Wangen stehen senkrechte Steine (guard stones), die in verschiedenen Ausführungen nachzuweisen sind. Das aber ist ein anderes, eigenes Thema. Soviel nur: Löwen treten auf Wächter-Steinen nicht in Erscheinung, wenn überhaupt sind Löwen auf den Stufenwangen platziert oder, wie schon gezeigt, auf Reliefbändern, an Kapitellen bzw. Postamenten abgebildet. Ausnahmen bestätigen die Regel und sind hier zu vermelden: in Anuradhapura konnten, außer an Stufenwangen (Bild 36 & 38), vereinzelt kleine Löwen an den äußeren Seitenflächen von Wächtersteinen (Bild 36 & 37) identifiziert werden. Zwei Beispiele aus Polonnaruwa (Bild 39 & 40) sollen die im Kontext von Namal Pokuna erwähnten extrem geschwungenen Löwenschweife bestätigen. Gleich ob die Löwen frontal oder in Seitenansicht dargestellt sind, der lange Schweif ist bildbestimmend. Einmalig in Polonnaruwa (wahrscheinlich sogar in Sri Lanka) ist die Löwenstatue der Ratshalle, einem Gebäude innerhalb der Palastanlagen des Königs Nissanka Malla. Der 1,8m hohe Steinlöwe (Bild 41 & 42) wirkt laut Baedeker "gleichermaßen hoheitsvoll wie Furcht einflößend". Eine Inschrift besagt, dass die Palastanlage, somit auch die Ratshalle, 1198 errichtet wurde, demzufolge der riesige Löwe im späten 12. oder im frühen 13. Jahrhundert gefertigt wurde. Angeblich soll der Löwe den Thron des Königs getragen haben. Wie auch immer, ein Symbol absoluten Machtanspruches bleibt diese Löwen-Skulptur allemal. Etwas kleinere Löwenskulpturen (Bild 43 & 44) zieren die Stufenzugänge zu einer weiteren, später errichteten Ratshalle im Palastareal. Die liegenden Tiere sind fein bearbeitet und im Kopfbereich sehr detailliert gestaltet. Besondere Sorgfalt wurde den Augen, dem Maul und den Zähnen gewidmet. Die doppelten Eckzähne müssen als Besonderheit erwähnt werden. Auf Mondsteinen, die jeweils vor der ersten Stufe der Tempelzugänge liegen, sind halbkreisförmig Tierparaden angeordnet. Die oftmals sehr fein gearbeiteten Steine zeigen neben anderen Tieren auch Löwen. Das Thema Mondsteine kann im Rahmen dieser Betrachtung nicht behandelt werden. Die Löwen-Flagge vom Lankatilaka Vihara (Bild 48) stammt aus dem 14. Jahrhundert und wird dem Kandy-Stil zugeordnet. Im Eingangsbereich des Lankatilaka-Tempels finden sich diese Löwen im gleichen Dekor und fast identischer Farbwiedergabe an die Seitenwände gemalt. Die nicht näher bezeichneten Terrakotta-Ziegel (Bild 47 & 49) geben einen modifizierten Löwentypus wieder, dem die unverkennbare Stilisierung zum Wappentier schwerlich abzusprechen ist. Ein klein wenig unbeholfen bzw. kurios wirken die neueren Löwen-Darstellungen (Bild 50 & 51). Das im Kloster Pilikuttowa aufgenommene Deckenbild (Bild 50) eines dünnbeinigen, kleinfüßigen Löwen im ovalen Rahmen auf grauen Grund lässt noch den Löwen erkennen, doch die künstlerische Qualität naturgetreuer Wiedergabe lässt zu wünschen übrig. Ebenfalls wenig überzeugend wirkt der aus einer Zementmischung gefertigte weiße Löwe am Eingang zum Kloster Sasseruwa (Bild 51). Geradezu gediegen und künstlerisch hochwertig gestaltet wirkt der Löwe vom Kelaniya Raja Maha Viharaya Colombo (Bild 53), was sich vom bemalten Löwen des Yudaganawa Tempels (Bild 52) nicht behaupten lässt. Ohne den Künstlern und Kunsthandwerkern nahe treten zu wollen, muss doch den meisten moderneren Löwen-Darstellungen eine unverbindliche Beliebigkeit, die keinen kanonischen Vorgaben mehr zu folgen scheint, attestiert werden. Sehr konkret und exakt vorgeschrieben und unbedingt einzuhalten sind die Löwen-Wiedergaben auf dem Staatswappen und der Staatsflagge Sri Lankas. Die Erläuterungen zum Staatswappen und zur Staatsflagge Sri Lankas sind in den jeweiligen unten aufgeführten WIKIPEDIA-Artikeln nachzulesen. Nach so vielen Worten und Löwen-Bildern muss wohl kaum noch betont werden, dass sich der Löwe (Simha, Singha) als Identifikations- und Statussymbol der Singhalesen bewährt hat. Aufmerksame Reisende, die den Banknoten Sri Lankas besondere Beachtung schenken, werden bei den täglichen Bestandsaufnahme auf den Vorderseiten der Banknoten rechts oben den stilisierten mit Schwert bewaffneten Sri Lanka-Löwen (Bild 55) wiedererkennen. Die Münzen Sri Lankas, soweit sie uns in die Finger gerieten, werden rückseitig vom Staatswappen (Bild 54) geziert. Bewusst wurde auf die Betrachtung mythologischer Mischwesen verzichtet. Finden sich Löwenkörper und Elefantenkopf vereinigt, werden diese Wesen als Gajasimha (auch Gajasingha) definiert. Narasimha (der Menschlöwe) wird als eine Inkarnation des Gottes Vishnu verehrt. Mit beiläufigen Worten lässt sich dieses diffizile Thema nicht bewältigen. Tee aus Ceylon=Sri Lanka ist nur echt, unverfälscht und rein, wenn auf der Verpackung die Qualität vom Löwen bestätigt wird. Und wer sich nach getaner Arbeit in Sri Lanka genüsslich zum Diner niederlässt, dem wird mit großer Wahrscheinlichkeit ein LION-Beer serviert. In diesem Sinn weder »Zum Wohl« noch »Prost«, sondern »Gut gebrüllt Löwe«, was im »Sommernachtstraum« als »Well roared, lion« ertönt. Anhang: Folgende Artikel LÖWEN IN KAMBODSCHA, LÖWEN IN INDIEN, LÖWEN IN MYANMAR und LÖWEN IN INDONESIEN, nachzulesen in diesem Blog, erschließen dem Leser kunsthistorische Zusammenhänge, auf die in den Einzelartikeln nicht an jeder Stelle verwiesen werden konnte. Um einen durchaus vielversprechenden Ausblick auf spannende vergleichende Exkurse zu geben, die wiederum zu weiteren Studien anregen könnten, werden hier drei Fotos nebeneinander gestellt. Das mittlere Bild zeigt einen Yapahuwa-Löwen, der den Lesern schon vertraut sein dürfte. Das linke Bild zeigt eine künstlerisch unglaublich hochwertig gestaltete Löwenszene südindischer Provenienz, die im Prince Of Wales Museum in Mumbai (CSMVS) ausgestellt wird. Das rechte Bild zeigt eine im Aihole Museum (Süd-Indien) präsentierte (leider fragmentarische) Löwenskulptur. Unverkennbare Gemeinsamkeiten der Löwen-Darstellungen lassen sich nur schwerlich widerlegen. Die Bilder belegen einen kulturellen Transfair, dessen Tragweite und Folgen Laien erkennen und Wissenschaftler auswerten können. Foto 58: König Sala bekämpft den Löwen (datiert 1070) Tripurantaka Tempel Balligame, Süd-Indien (ausgestellt im CSMVS=Chhatrapati Shivaji Maharaj Vastu Sangrahalaya Mumbai, ehemals Prince of Wales Museum Mumbai)
Foto 59: Löwe am Treppenaufgang in Yapahuwa, Sri Lanka Foto 60: Löwe (nicht bezeichnet) Museum Aihole (Karnataka) Indien Verwendete Bücher und Online-Quellen: BÜCHER: Baedeker SRI LANKA 6.Auflage 2016 REISE KNOW HOW SRI LANKA v. Rainer Krack u. Joerg Dreckmann 11.Auflage 2018 WIKIPEDIA: Artikel: Flagge Sri Lankas Artikel: Wappen Sri Lankas Artikel: Gut gebrüllt Löwe TEXT: Günter Schönlein KORREKTUR: Vanessa Jones FOTOS: Foto 1 bis 53, 56, 58 bis 60 Günter Schönlein Foto 57 Vanessa Jones Foto 54 und 55 wurden als gemeinfreie Fotodateien dem Internet entlehnt Die Landfläche Indonesiens verteilt sich auf zirka siebzehntausendfünfhundert Inseln. Indonesien ist riesig, selbst ambitionierte Interessenten können ihre Erkundungen nur auf Teilgebieten des Inselstaates vornehmen. Vertraut sind die Namen der Inseln Borneo, Sumatra, Sulawesi und Bali. Von den mutigen Balinesenfrauen auf der Insel Lombok gab uns Fontane Kunde. Der Name der Insel Timur fällt meist im Zusammenhang mit blutigen Grenzstreitigkeiten. JAVA ist eine der großen und dicht besiedelten Inseln Indonesiens. Im Westteil von Java liegt die Hauptstadt Jakarta. Die Stadt Yogyakarta, gleichzeitig auch Sultanats-Hauptstadt, befindet sich im südlichen Teil von Zentral-Java. Allein auf die Stadt Yogyakarta und die umliegende Region wird sich diese Exkursion beschränken. Auf Java ist eine Vielzahl hinduistischer und buddhistischer Heiligtümer zu besichtigen. Obgleich heute der Islam als Staatsreligion dominiert, werden die Tempel der anderen Religionen behütet und gepflegt, mit einem Wort: Achtung und Toleranz werden unspektakulär vorgelebt. Als Groß-Attraktionen auf Java werden der Borobudur und der Prambanan Tempelkomplex gelistet. Beginnen wir aber die Suche nach Löwen im Sonobudoyo Museum von Yogyakarta. Das etwas vernachlässigte, ein klein wenig verstaubte Museum verdient mehr Beachtung, als ihm zu Teil wird. Im Außenbereich wird ein liegender Löwe präsentiert (Bild 1), Datierung und Herkunft sind nicht ausgewiesen. Denkbar wäre ein zweiter gleicher Löwe, beide könnten den Eingang zu einem Tempel bewacht haben. Völlig untypisch ist die liegende Ruheposition des Löwen, dagegen für Java absolut typisch ist das raue, schwer zu glättende, poröse Material: Lava-Gestein. Dieses Material war und ist auf Java jederzeit in großen Mengen verfügbar. Die Insel Java entstand in frühen Erdzeitaltern als Folge vulkanischer Großereignisse. Über die Insel Java zieht sich der für Geologen interessante Vulkangürtel hin, eine Kette von achtunddreißig teils erloschenen, teils aktiven Vulkanen. Materialgewinnung für Tempelbauten und Statuen war also zu jeder Zeit völlig unproblematisch. Der um 850 errichtete Candi Prambanan ist der größte hinduistische Tempelkomplex Indonesiens. In seiner Nachbarschaft wurde annähernd zeitgleich der Candi Sewu, eine buddhistische Tempelanlage errichtet. Candi ist die indonesische Bezeichnung für einen Tempel. An den großen Tempelbauten des Candi Prambanan fallen dem Laien die Definitionen der Tierdarstellungen nicht leicht. Der Vielfalt der Makaras und der Kalas ist nur schwer beizukommen. Löwe oder Makara? Löwe oder Kala oder gar ein Mischwesen? In vielen Fällen sind für ahnungslose Betrachter die Unterscheidungen nicht eindeutig zu treffen. Auf den Treppenwangen an den Zugängen lagern meistens Makaras mit weit aufgerissenen Mäulern, einigen von ihnen hängt die Zunge lang heraus. Weitaus seltener sind Löwen, Löwenköpfe (Bild 2) bzw. löwenähnliche Wesen (Bild 3) zu sehen. Die Tempel des Prambanan-Komplexes prangen rundum mit üppigen Verzierungen. Die rechteckigen Bildfriese in Sichthöhe sind an dekorativer Vielfalt und erzählerischen Inhalten kaum zu übertreffen. In variierten Wiederholungen sitzen Löwen in engen Nischen zur Wacht. Die Löwen (Bild 4, 5, 6 & 7) zeigen die Zähne, doch keiner hält das Maul weit aufgerissen. Gedrungen gewachsen, mit weit oben angesetzten Spitzohren, mit Augenröhren, die sich bis an den Hinterkopf fortsetzen, mit einer hahnenkammartigen Mittelscheitelmähne und differierenden Brustmähnen müssen diese Löwen schon als seltene Rasse eingestuft werden, die es in dieser Ausprägung nur in Indonesien gibt. Breite rechteckige, in Augenhöhe die Tempel umlaufende, gerahmte Bildszenen in Halbrelieftechnik werden regelmäßig von Löwen-Nischen unterbrochen. Die Löwen im quaderförmigen "Zwinger" überschreiten das Maß der Halbrelieftechnik, sie sind weitaus tiefer gearbeitet als die benachbarten Tierszenen. Die "Löwen im Kasten" gelten als typisches Prambanan-Motiv. Welche verschiedenartigen Modifikationen die Makara und ähnliche Wesen annehmen können, zeigt das Bild 9: auf einem Schlangenwesen, einem Makara mit weit aufgesperrtem Maul sitzt ein Löwe mit heraushängender Zunge. Dem gefräßigen Maul des Makara scheint sich ein Kinnara (ein Mensch-Vogel-Wesen) zu entwinden. Die mythologische Herkunft der Makara und die kunstgeschichtlichen Erläuterungen können hier nicht ausgebreitet werden. Hinweis: Alle Substantive aus dem Sanskrit mit der Endung auf a sind männlicher Herkunft: also der Makara, der Kinnara oder Simha-der Löwe. Die geschwungene Treppenwange (Bild 10) endet in einem Makara-Kopf. Der gestreckte Körper dieses mythischen Wesens bildet den Handlauf der fallenden Balustrade. Das Flachrelief an der Außenseite der Treppenwange zeigt einen aufrecht stehenden Löwen (Bild 11). Oben, beidseitig der Treppe bewachen Löwen den Tempeleingang. Einen dieser aufrecht sitzenden, brüllenden Tempellöwen in furchterregender Pose und in ungewöhnlicher Beinstellung zeigt das Bild 12. Die Detailstudien der Löwen (Bild 13 & 14) konzentrieren sich auf die besondere Kopfgestaltung und belegen den stilistischen Unterschied zu den kleineren Nischen-Löwen (Bild 4 – 7). Ein weiteres Merkmal unterscheidet die stehenden Tempellöwen von den Nischen-Löwen: die stehenden Löwen (Bild 13 & 14) erheben jeweils eine Vorderpfote, weshalb die eigenwillig wirkende Beinstellung (Bild 12 & 13) zustande kommt. Auf der Insel Elephanta (der Stadt Mumbai vorgelagert) in einer dem Gott Shiva geweihten Höhle werden Pilger und Besucher von Tempellöwen mit erhobenen Vorderpranken empfangen, siehe Artikel: LÖWEN IN INDIEN in diesem Blog. Löwen als Wasserspeier (Bild 15 & 16) lassen sich nicht nur im indonesischen Kulturkreis nachweisen. So finden sich an einigen Khmer-Tempeln in Kambodscha ebenfalls Wasserspeier, die den Löwenkopf favorisieren. Mehr zu Wasserspeiern können interessierte Leser im Artikel GARGOYLE in diesen Blog nachlesen. Im Candi Zewu, der dem Candi Prambanan benachbarten Tempelanlage, muss nach Löwen sehr intensiv Ausschau gehalten werden. Die zahllosen Bauten der zweitgrößten buddhistischen Tempelanlage auf Java haben unter mehreren Erdbeben stark gelitten und waren zuvor Jahrhunderte lang von Lavamassen verschüttet. Das letzte große Beben im Jahr 2006 hat den Haupttempel fast zum Einsturz gebracht. Wiederaufbauversuche sind nur zum Teil gelungen und noch längst nicht abgeschlossen (Wissenstand 2014). Besucher schreiten, wenn sie sich dem Candi Zewu nähern, durch geordnete Trümmerfelder. Inzwischen kann der Haupttempel wieder betreten und viele Details der inneren und äußeren Wanddekorationen bewundert werden. So mutet es fast wie ein Wunder an, dass viele der herrlichen Reliefs fast unversehrt erhalten geblieben sind. Den Tempeln sind die mehrfachen Zerstörungen und der Verlust zahlloser Steine anzusehen. Glatte Wandflächen stehen neben detailreich verzierten Wänden. Ziemlich einsam nehmen sich die in Eckbereiche kleinerer Tempel hinein geschichteten Löwen aus (Bild 17 & 18), dabei hätten sie einen würdigeren Platz verdient, denn sie sind, vom kunsthistorischen Standpunkt aus betrachtet, besonders wertvolle Exemplare. Diese Löwen sind in keine Nische gezwungen, stehen nicht frei, sondern zeigen sich in einer schräg-von-vorn-Ansicht. Besonders ausgeprägt ist die extrem lange Zunge. Ob die zwei Löwen jemals in Partnerschaft vor einem Tempel Wache hielten, kann nicht mit Bestimmtheit erkannt werden. Am leider schlechter erhaltenen Löwen (Bild 17) fällt der geschwungene lange Quastenschwanz ins Auge. Nähern sich Besucher dem Candi Borobudur wirkt die Größe des Stupas ungeheuer beeindruckend. Ein riesiger Berg aus Stein breitet sich majestätisch aus. Wer nicht in Ehrfurcht erstarrt, sondern zunächst im Uhrzeigersinn einmal um den Stupa herumgeht, der wird die vier Zugänge sehen, also auch an den Löwen-Statuen vorbeikommen. Nicht alle der Borobudur-Löwen sind in gutem Zustand erhalten geblieben. Kaum zu übersehen: Löwen behüten den Bildbereich des Borobudur, somit die vier unteren Galerien mit Flachreliefs, die Szenen aus Buddhas Leben vorführen. Es finden sich also Löwen an den ebenerdigen Zugängen und weit oben an den Ausgängen des Bildbereichs bzw. den Eingängen in die drei oberen Ebenen des bilderlosen Bereichs des Borobudur. Am Borobudur sind zwei Gattungen Löwen zu unterscheiden: sitzende Löwen, vier Beine am Boden (Bild 20, 23, 24 & 25) sitzende Löwen, drei Beine am Boden, eine Pranke erhoben (Bild 21 & 22). Gewisse Ähnlichkeiten zu den Prambanan Löwen sind nicht zu leugnen. Die Angaben der Bauzeiten differieren. Der Borobudur wurde zwischen 750 – 850 erbaut. Der Prambanan wurde um 850 erbaut. Es bleibt dem Betrachter freigestellt, zu entscheiden, welche Löwen die älteren sind und welche den jüngeren Löwen Modell gestanden haben könnten. Nicht unterlassen werden sollte der spannende Vergleich zwischen den Borobudur-Löwen (Bild 23 & 24) und den Löwen in Sambor Prei Kuk. Fotos und Beschreibungen der Sambor Prei Kuk-Löwen finden sich im Artikel LÖWEN IN KAMBODSCHA – nachzulesen in diesem Blog. Löwe im Maul eines Makara? Was sich hinter dieser Darstellung verbirgt, welche mythologische Begebenheit hier dargestellt ist, kann mangels Kenntnissen nicht beschrieben werden. Soviel immerhin, solche Darstellungen sind im Kontext buddhistischer Ikonographie nicht häufig finden. Wer will entscheiden, ob die Bilder 28 & 29 junge Löwen oder eine andere Spezies Wildkatzen zeigen? Am ehesten lässt sich in der Darstellung Bild 28 noch für einen jungen Löwen plädieren. Die kleinen Thron-Löwen (Bild 30 & 31) erinnern ein wenig an die Prambanan-Löwen in den Nischen. Buddha auf dem Löwen-Thron – ein weit verbreitetes Motiv. Die Provenienz solcher Darstellungen kann ziemlich konkret definiert werden. In südindischen Höhlentempeln finden sich Löwen-Thron-Reliefs, die mit großer Sicherheit Vorbild für die Borobudur-Bilder gewesen sind. Allemal faszinierend ist der stattgefundene, nicht mit eindeutigen Fakten nachzuweisende kulturelle Austausch zwischen weit auseinander liegenden Regionen. Die Gegenüberstellung der Bilder 30 & 31 und 32 & 33 belegt (ohne klare Beweiskraft zu beanspruchen) die ikonographische Übernahme des Löwen-Thron-Motivs. Entschieden schwieriger fällt die Zuordnung der Halbreliefs vom Candi Sojiwan (Bild 34 & 35). Die Szenerie des über Eck verlaufenden Reliefs kann beschrieben, doch inhaltlich nicht gedeutet werden. Menschliche Figuren reiten auf Löwen. Sind es Naturgeister (Yaksha) oder Halbgötter? Mittendrin ein Elefant, auf ihm steht ein Mensch. Ist es ein Yaksha? Am Boden liegen menschliche Figuren. Sind es Gana, das Gefolge des Ganapati=Ganesha? Es kann kaum Zufall genannt werden, dass im südindischen Ellora in der Höhle Nr. 6 mehrere Kapitelle (Bild 36 & 37) zu sehen sind, die eine ähnliche, wenn nicht verwandte Motivik aufweisen: kleine gedrungene Figuren reiten auf Löwen. Auch in diesem Fall könnte eine thematisch-inhaltliche Übernahme vermutet werden bzw. ein kultureller Transfair stattgefunden haben. Bild 36 & 37: Ellora (Indien) – Höhlentempel 6
Ohne Zweifel wären auf Java weitere Löwen-Statuen und Löwen-Reliefs zu begutachten. Leider kann hier nur die Ausbeute von vier Tagesausflügen vorgestellt werden. Allein im Sultanats-Gebiet von Yogyakarta böten sich weitere Tempelexkursionen an. Die Ausschau nach Löwen könnte auf weiteren indonesischen Inseln fortgesetzt werden. Das Thema ist vielschichtig und kann niemals erschöpfend behandelt werden. Der Artikel wurde absichtlich mit vielen Fotos angereichert, die als Anregungen zu intensiven Tempelbesichtigungen hilfreich sein könnten. Anmerkung: Die verwendeten Bezeichnungen Zwinger, Löwen im Kasten, Nischen-Löwe und Löwen-Nische sind keine kunstgeschichtlichen Termini, diese Begriffe wurden vom Autor erfunden. Um Zahlenangaben und Ortsnamen sicherzustellen, wurden die Artikel JAVA (INSEL), PRAMBANAN und BOROBUDUR von WIKIPEDIA befragt. Folgende Artikel zum gleichen Thema sind in diesem Blog nachzulesen: LÖWEN IN KAMBODSCHA LÖWEN IN INDIEN LÖWEN IN MYANMAR Fotos: Günter Schönlein und Vanessa Jones Text: Günter Schönlein Korrektur: Vanessa Jones Seit einigen Jahren können die meisten Regionen in Myanmar (dem ehemaligen Burma/Birma) ohne Probleme bereist werden. Die Hauptziele sind Bagan, Mandalay und Yangon (Rangun). Die »Löwenjagd« soll in der alten Königsstadt Bagan starten. Die Ausdehnung der Stadt wird mit etwa 35 km² angegeben. Auf dieser Fläche befinden sich über 2000 (zweitausend) Tempelbauten. Die Häufung derart vieler Tempelbauten in einer Stadt ist ungewöhnlich. Die ursprüngliche Stadt breitete sich am Ufer des Irrawaddi aus. Um Alt-Bagan herum liegen weitere Dörfer, die inzwischen zu größeren Siedlungen angewachsen sind und immer näher an den historischen Kern von Bagan heranrücken. Etwas weiter nordöstlich des alten Bagan, ebenfalls in der Nähe des Flusses, ragt zwischen den Dörfern Wetkyi In und Nyaung U die Shwezigon Pagode in den Himmel. Diese Pagode, ein von vielen Tempeln umgebener riesiger Stupa, zählt zu den meist besuchten Sehenswürdigkeiten in Bagan. Vier Pilgerwege, alle befestigt, teilweise überdacht, führen zur Shwezigon Pagode. Jeweils am Beginn eines Zugangsweges halten steinerne Löwen die Wacht. Keine Dvarapalas und/oder Löwen, wie an Tempeln in Kambodscha, sondern ausschließlich Löwen üben die Schutzfunktion aus. Eingangs muss auf eine spezifische Besonderheit der Burma-Löwen verwiesen werden. In Bagan, wie überhaupt in Myanmar, wurden (und werden) alle Tempel-Löwen aus Ziegelsteinen geformt, d.h. gemauert, anschließend verputzt und schlussendlich farblich dekoriert. Konkret: sind die Löwen auch noch so groß, der Betrachter steht immer vor einer gemauerten Tierstatue. Die Bereitstellung großer Mengen von Ziegelsteinen schien nie ein Problem gewesen zu sein, denn auch alle Tempel, gleich welchen Ausmaßes, ob kleinste Stupa oder mehrstöckiger Tempelbau, wurden mit Ziegelsteinen gebaut. Für die Löwen hatte sich im Laufe der Jahre ein Grundmuster in der Bau- und Fertigungsweise bewährt, das bis in die heutige Zeit überliefert wurde und gültig zu sein scheint. Meist finden sich zwei Löwen, die sich in Aussehen und Größe nicht unterscheiden, an den Zugangswegen bzw. neben den Eingängen der Tempel. Im Fall der Shwezigon Pagode halten die größten (stärksten?) Löwen am Süd-Zugang Wache, diese Löwen tragen Glocken am Halsband. Neben den anderen drei Zugängen stehen Löwen von geringerem Wuchs. Am Anfang des westlichen Weges bewachen die wahrscheinlich ältesten Löwen den Zugang zur Shwezigon Pagode. Hier sitzt sozusagen als Vorposten eine andere Rasse am Weg bzw. auf der Mauer. Die Tiere wirken gedrungener, sie sind auch tatsächlich wesentlich kleiner und ihre aufrechte Sitzhaltung mutet weniger imponierend und furchterregend an, als die herrische Position der anderen größeren Löwen. Eine Fehlstelle im Putz an einer der alten Löwenstatuen belegt die Ziegelverarbeitung. Unbeholfen und laienhaft schauen die Ausbesserungen am Löwenkopf aus. Der Vorteil gemauerter Tempelwächter liegt auf der Hand. Löwen aus Sandstein müssen aus einem Stück, aus einem Steinblock gehauen und zum Platz der Aufstellung transportiert oder gleich am richtigen Standort gefertigt werden. Allein das Gewicht der Sandsteinblöcke limitiert die Größe der Skulpturen. Eine aus Ziegeln gemauerte Löwen-Skulptur ist, so sie handwerklich sachgemäß gefügt, eventuell mit inneren Stützelementen verstärkt und die Statik berücksichtigt wird, keinen Beschränkungen im Ausmaß unterworfen. Reparaturen an Ziegelstein-Skulpturen sind ohne Probleme auszuführen. Löwen aus Sandstein verwittern, werden unansehnlich: Nässe dringt in Risse und irgendwann bersten die Steinfiguren auseinander. Reparaturen sind aufwendig und nur bedingt möglich. Der Preisvorteil zwischen Ziegelstein und Sandstein ist auch nicht von der Hand zu weisen. Sandstein ist teuer geworden. Ziegelsteine können preiswert in beliebigen Mengen produziert werden. Für die während der Regierungszeit des Königs Kyanzittha im Jahr 1100 vollendete Shwezigon Pagode wurde eine Bauzeit von etwa 50 Jahren veranschlagt. Angeblich hatte König Anawratha 1059 den Baubeginn veranlasst. Hier sind zwei wichtige Namen aufgeführt, die im Zusammenhang mit Bagans Tempelbauten immer wieder genannt werden. Beide Könige Anawratha und Kyanzittha gaben viele Tempelbauten in Auftrag. Regulär leuchtet der Shwezigon-Stupa im Sonnenlicht golden. Pilger werden vom strahlenden Glanz geblendet. Nach den Folgen des Erdbebens im Jahr 2016 musste die runde, ansonsten vergoldete Kuppel mit Schutzmatten umhüllt werden (Foto links). Ältere Fotos zeigen den Stupa komplett vergoldet. Rotgolden bemalt glänzen die Löwen an den Eckpunkten des quadratischen Sockels (Foto rechts). Nochmals: keiner der Löwen ist aus Sandstein, Granit oder anderen Steinsorten gemeißelt, auch die Eck-Löwen sind gemauert, verputzt und bemalt. Zu sehen ist eine Sonderform. Der Kopf blickt in Richtung der verlängerten Diagonale vom Grundriss. Die vorderen Beine positionieren sich in der gleichen diagonalen Orientierung. Der Körper breitet sich, den Kanten der quadratischen Grundform der Stupa folgend, zweigeteilt aus. Der Auftritt dieser wuchtigen Wächter-Löwen sollte vermutlich besonders furchterregend, aber auch majestätisch ausfallen. Üblicherweise zeigen die Löwen ihre Zähne, oft sogar das aufgerissene Maul. Große, weit geöffnete Augen sollen wohl erhöhte Wachsamkeit ausdrücken. Vonnöten sind noch Begriffserklärungen: Zedi meint immer einen Stupa, einen nicht begehbaren Bau, der Reliquien enthält. So kann beispielsweise von der Shwe Zigon Zedi die Rede sein, gemeint ist selbstredend die gleichnamige Pagode, also der 49m hohe Shwezigon Stupa. Patho meint immer einen Tempel, einen rechteckigen oder quadratischen begehbaren Bau, in dem fast ausnahmslos (ebenfalls gemauerte) Buddha-Statuen verehrt werden. Die Fotos vom Ananda Tempel und der Atwin Zigon Pagode zeigen zwei Eck-Löwen, die sich in Größe und Haltung deutlich unterscheiden. Der Löwe vom Ananda Tempel (Bild links) sitzt völlig entspannt auf seinem Sockel und bewacht ziemlich gelassen einen der Eckpunkte des Tempels, dieser Löwe erscheint geglättet, fast schon brav. Anders der Löwe der Atwin Zigon Pagode, er hütet einen der acht Eckpunkte der oktogonalen Stupa. (Oktogonale und pentagonale Stupas bilden die Ausnahme in Bagan. Hierzu existieren wissenschaftliche Studien, die aber mit gemauerten Löwen nichts zu tun haben.) Der Löwe vor der Atwin Zigon Pagode sitzt sprungbereit, er hat sich noch nicht wirklich gesetzt, er kann blitzartig jeden Angriff parieren. Das ist ein völlig anderer Gestus in der Darstellung. Der mit den Jahren grau gefärbte verwitterte Putz gibt dem Löwen zusätzlich den Anstrich unbändiger Wildheit. Viele Tempel in Bagan werden mehr im Vorbeigehen registriert, ohne dass sie wirklich besichtigt werden. Die Nga Myet Hna Pagode und die Su Taung Pye Pagoda haben für die Einheimischen für die Ausübung ihrer täglichen Glaubensriten Relevanz, doch für Touristen sind diese "Alltags"-Tempel mehr oder weniger bedeutungslos. Die Löwen vor diesen wenig prominenten Pagoden zeichnen sich durch verschiedene Besonderheiten aus. Erstens sind sie kleiner als die Kolossal-Löwen an der Shwezigon Pagode und zweitens sind sie nicht als monumentaler Block gemauert. Die Vorderbeine stehen separat nebeneinander, sind nicht miteinander verbunden, auch der Körper hat mehr Bauchfreiheit zum Boden. Die geringere Größe der Statuen erlaubt diesen "luftigeren" Aufbau. Die Mäuler sind weit aufgesperrt, aus dem Rachen ragt die Zunge, die Eckzähne dominieren. Recht statuarisch stehen die modifizierten (jüngeren) Löwen vor den Tempeln. Die geraden, säulengleichen Vorderbeine hinterlassen den Eindruck einer gewissen Leblosigkeit. Die dynamische Sprunghaltung, die an den Löwen der Atwin Zigon Pagode zu erkennen ist, hat sich zulasten steriler Statuarik verloren. Löwen bzw. löwenähnliche Wesen (Leogryphen) werden in Myanmar Chinthe genannt. Im MAHAVAMSA, einer bedeutenden Pali Chronik aus Ceylon (500 n.Chr.), wird eine Löwen-Geschichte überliefert, welche die Verehrung der Löwen erklärt und deren Aufstellung vor Tempeln verständlich scheinen lässt bzw. rechtfertigt. (Näheres im Anhang dieses Artikels) Kurz erwähnt seien hier noch Mischwesen. Manche der Chinthe scheinen Kreuzungen zwischen Löwen und Drachenwesen zu sein. Auch sind seltsame Erscheinungen von Löwen-Mensch-Wesen zu registrieren, diese treten männlich und weiblich auf den Plan. Trotz mancher Mutationen können jedoch die ältesten Tempelwächter eindeutig als Löwen identifiziert werden. An rechteckigen Tempelbauten sind oft die senkrechten Außenkanten zusammenstoßender Mauern durch hervorstehende Stuckaturen zu Schein-Pilastern stilisiert. Die Dekors wechseln. Zu sehen sind oft florale Muster, seltener sind mythische Wesen bzw. Löwen dargestellt. Die hier gezeigten Eck-Löwen sind sicher auf die großformatigen Vorbilder an der Shwezigon Pagode zurückzuführen. Das Bild vom Htilominlo Tempel muss keinen Löwen zeigen, hier ist die Kategorisierung nicht eindeutig. Auch kleine Dinge vermögen zu entzücken: die Glocken, resp. die Glockenaufhängungen mit Löwen-Dekor belegen einerseits die Beherrschung der Bronzegießerei in Burma und andererseits die Bevorzugung der Löwen als Schutzmacht an Ritualgegenständen. Der sich aufbäumende Löwe am Gubyaukgne Tempel darf nicht ausschließlich als selten schön erhaltene Stuckatur geschätzt werden, auch der Bildinhalt ist nicht häufig anzutreffen. Vollständige Stuckaturen haben sich an keinem Tempel in Bagan erhalten. Dieser aufrechte stehende Löwe muss unbedingt als Rarität bewundert werden. – Ähnlich selten finden sich Wasserspeier (Gargoyle) an Tempelbauten in Bagan oder anderen historischen Stätten in Myanmar. Der als Löwenkopf ausgeprägte Wasserspeier leitet das Regenwasser von einem Treppenabsatz nach draußen. Das sehenswerte Yoke Sone Kloster (Kyaung=Kloster) in Sale wird vorrangig wegen seiner Holzarchitektur und dem Schnitzwerk besucht. Im hinteren Bereich werden noch ältere steinerne Gebäude bewohnt, hier fand sich der Löwen-Gargoyle. Die kleine Stadt Sale liegt etwa 60km südlich von Bagan und wird zu Unrecht selten besucht, obwohl Sale, ähnlich wie Bagan, mit vielen alten Tempeln auf engen Raum auftrumpfen kann. Die kommerzielle Vermarktung dieser Tempelanlagen steht noch aus. Die Stille der Abgeschiedenheit wird von den wenigen Besuchern als durchaus angenehm, wenn nicht gar reizvoll empfunden. Touristen sind in Sale auf sich allein gestellt. Der unscheinbare Thandawgya Tempel gilt als einer von vielen Tempeln in Alt-Bagan. In der Tempelhalle ist eine gemauerte Buddha-Statue im Rohzustand zu sehen, ein wichtiger Grund, diesen Tempel aufzusuchen. Jedoch in diesem Artikel bleibt der Fokus auf gemauerte Löwen gerichtet. Die Thandawgya-Wächter-Löwen sind geschmückt. Sie tragen Bänder um den Hals, die sich bis zu den Vorderfüßen hinunter ziehen und die Fesseln umspannen. Die gepflegte Kopfmähne hängt weit auf den Rücken herab. Diese Merkmale müssen als Novität registriert werden. Der Thandawgya Tempel wurde in der Regierungszeit des Königs Narathihapate 1256 - 1287 erbaut. Fazit: seit dem Bau der Shwezigon Pagode waren etwa 200 Jahre vergangen und die ästhetischen Auffassungen betreffs Chinthe hatten sich gewandelt. Eine Art von Verspieltheit, die, wie noch zu sehen sein wird, durchaus steigerungsfähig ist, muss den Künstlern (Handwerkern) bescheinigt werden. Die drei Bilder (zwei aus Bagan und eines aus Mandalay) führen seltsame Mischwesen vor, die jedoch ihre Abkunft vom Löwen nicht verleugnen können. Der stehende, seine Männlichkeit präsentierende, etwa 1,60m große Löwe vom Myin Yaw Yaza Tempel ist ein Unikat. – Der Löwenkopf mit Horn, Zunge und Bart ziert den Eckpunkt eines Stupas der Che Daw Ya Hpaya. – Der betende Mensch-Löwe oder Löwen-Mensch, geschnitzt aus dunklen Edelholz ziert neben anderen Figuren eine Altarwand im Shwenandaw Kloster in Mandalay. Kurz vor Sonnenuntergang wird die Shwesandaw Stupa von hunderten Fotografen belagert. Jeder giert nach dem ultimativen Sunset-Foto. Kaum einer fotografiert zu ebener Erde den einen Löwen im Rohzustand. Zu sehen ist ein Eck-Löwe auf niedrigen Sockel. Weshalb der wahrscheinlich durch Erdbeben zerstörte Löwe nicht bzw. nur teilweise restauriert wurde, entzieht sich der Kenntnis des Autors. Neue Ziegelsteine sind an den Vorderbeinen erkennbar (Bild rechts). Wo sind die Kopfsteine verblieben? Wurde die unlogische Sockelverlängerung aus den Kopfsteinen geschichtet? Sind die Bruchstücke auf dem Sockel Teile des Kopfes? (Bild links). Betreffs sachgerechter Wiederherstellung der Tempel und Stupas in Bagan bleiben viele Wünsche offen und viele Fragen unbeantwortet. Wer durch Sale spaziert, verwandelt sich auf Schritt und Tritt zum Entdecker. Die kleine Stadt vermag mit seinen alten und neueren Tempeln und Klöstern die Besucher zu überraschen. "Löwenjäger" kommen nur bedingt auf ihre Kosten, doch außergewöhnliche Löwen sind an einem Tempel (dessen Name nicht eruiert werden konnte) östlich vom Yoke Sone Kyaung zu bewundern. Der Löwe (Bild links) erhebt seine rechte Tatze schützend über eine hockende menschliche Gestalt. Die ikonographische Bedeutung dieser ungewöhnlichen Kombination aus Mensch und Löwe war bislang nicht zu entschlüsseln. – Der andere Löwe (Bild rechts) hat beide Tatzen erhoben und steht vor einem verzierten Schutzschild, der allerdings auch als Säule gedeutet werden kann, an welcher der Löwe lehnt. Beide Löwen sind auffällig verziert, ohne sich zu gleichen. Prunk und Prachtentfaltung schienen in dieser Zeit gefragt zu sein. Unwillkürlich drängte sich dem Betrachter der Begriff "barocker Überschwang" auf. Kunsthistoriker werden jetzt die Nasen rümpfen . . . aber ich lasse mich gern aufklären, sogar belehren. Es lohnt sich, zu Fuß im östlichen Bereich von Nyaung U umher zu streifen. Ausgangspunkt könnte die Sapada Pagode sein. Kaum vorstellbar, wie viele Tempel, Klöster und Stupas, die in keinem Reiseführer genannt, schon gar nicht beschrieben werden, in dieser dörflichen Region zu finden sind. Die Restaurierung einiger Klöster ist abgeschlossen. Tempelneubauten sind nicht zu übersehen. Je öfters neugierige Tempel- und Löwenjäger die offiziellen Straßen und Wege verlassen, desto größer nehmen sich die Funde aus. Der Vergleich eines modernen und eines in die Jahre gekommenen Löwen ist nicht nur reizvoll, sondern komplettiert mit zwei weiteren Fotos einen auf Löwen-Statuen bezogenen Kurzabriss kulturgeschichtlicher Entwicklung in Myanmar. Das Sapadew Kloster ist eine große, im Laufe von Jahrhunderten nach und nach erweiterte Anlage. Um den Ausmaßen des Klosters zu entsprechen, müsste der Löwe (Bild links) weitaus monumentaler gestaltet sein. Offenbar ist Größe nicht das Maß aller Dinge. In der Neuzeit sind Vergoldungen bzw. Goldbemalungen sehr beliebt. Es heißt, in keinem Land der Welt wird mehr Blattgold verarbeitet als in Myanmar, die gleiche Bewandtnis wird es mit goldbronzenen Farben haben. – Alle Tempelbauten in Bagan sind registriert, die meisten mit Nummernschildern gekennzeichnet, so auch das Monument Nr. 0161. Der vergessene oder nie vorhandene Name eines Bauwerkes wird durch eine Nummer ersetzt. Der kleine, von Buschwerk umwucherte Stupa steht mitten im Wald (Bild rechts), nur wenige Schritte von einem Höhlenkloster entfernt. Hinweis: Weltweit existiert nur ein Basiswerk, welches alle Tempel der Bagan-Region systematisch auflistet und beschreibt, Fotos und Zeichnungen ergänzen die unvergleichliche Dokumentation: INVENTORY OF MONUMENTS AT PAGAN von PIERRE PICHARD. Die von der EFEO (École Française d´Extrême-Orient Paris) und der UNESCO geförderte, großformatige, schwergewichtige Buchausgabe in acht Bänden ist das Resultat intensivster Forschungsarbeit. Leider verhindern die geringe Auflage und der extreme hohe Preis die Popularität des wichtigen Buches. (Die Universitätsbibliothek in Göttingen verfügt über das achtbändige Werk, Fernleihe möglich.) Mandalay, einstmals königliche Hauptstadt, inzwischen zur Millionen-Metropole angewachsen, kann mit einigen Sehenswürdigkeiten aufwarten. Es empfiehlt sich, ausgewählte Ziele direkt anzusteuern, der nüchterne Reiz der Stadt verlockt kaum zu Spaziergängen. Wichtig sind einige bekannte Pagoden, nicht zuletzt die Pagoden auf dem Mandalay Hill. In Bezug auf Tempel-Löwen sind in Mandalay keine neuen wesentlichen Erkenntnisse zu gewinnen. Gewisse stilistische Verfeinerungen fallen Kennern ins Auge, so der gedrehte, zopfige, zweigeteilte Kinnbart des Löwen der Kuthodaw Pagode. Die vergoldeten Riemen des Mandalay Hill-Löwen (Bild rechts) werfen die Frage auf: Was ist Mähne, was Geschirr/Gurt? – Die beiden übergroßen, von Tauben bevorzugten Löwen (Bild links) am Zugang zum Mandalay Hill wirken sehr beeindruckend. Mit geschätzten acht bis neun Metern Höhe könnten sie die Giganten ihrer Gattung in Mandalay sein. Erst das folgende Foto vermittelt überzeugend die Größe der Löwen. CHINTHE erfreuen sich in Myanmar allgemeiner Beliebtheit, nur dem BUDDHA selbst wird noch höhere Verehrung zuteil. Reisende in Myanmar begegnen beiden auf Schritt und Tritt. Die mehrtägige "Löwenjagd" wurde zum Jahreswechsel 2016/2017 veranstaltet.
ANHANG: Löwen-Geschichte aus dem Mahavamsa: "A princess had a son through her marriage to a lion, but later abandoned the lion who then became enraged and set out on a road of terror throughout the lands. The son then went out to slay this terrorizing lion. The son came back home to his mother stating he slew the lion, and then found out that he killed his own father. The son later constructed a statue of the lion as a guardian of a temple to atone for his sin." Quelle: http://www.shwechinthebirmans.co.uk/chinthestory.html Übersetzung: Eine Prinzessin war mit einem Löwen verheiratet, gemeinsam hatten sie einen Sohn. Sie verließ den Löwen jedoch, woraufhin dieser wütend wurde und auf seinen Wegen das ganze Land terrorisierte. Der Sohn ging dann aus, um diesen schrecklichen Löwen zu töten. Der Sohn kam zu seiner Mutter zurück und sagte, er habe den Löwen getötet und dabei herausgefunden, dass er seinen eigenen Vater getötet habe. Der Sohn baute später eine Löwenstatue als Hüter eines Tempels, um seine Sünde zu büßen. Finale Anmerkung: In Bremen steht in der Nähe des Hauptbahnhofs eine beachtlich große, immerhin 10m hohe, gemauerte, nicht verputzte Tierstatue: ein Elefant, das Antikolonial-Denkmal. Verwendete Quellen: Für Auskünfte, vorwiegend Daten und Namen, wurden zwei Artikel von WIKIPEDIA zu Rate gezogen. Chinthe https://en.wikipedia.org › wiki › Chinthe Shwezigon-Pagode https://en.wikipedia.org › wiki › Shwezigon-Pagode Autor & Fotos: Günter Schönlein Korrektur: Vanessa Jones |
Autor Günter Schönlein
Auf meinen bisher acht Reisen nach Kambodscha habe ich viele Khmer-Tempel photographisch dokumentiert. Mit Pheaks Hilfe suchte ich auch viele schwer zu findende entlegene Tempel auf. In diesem Blog möchte ich meine dabei erworbenen Eindrücke und Kenntnisse gerne anderen Kambodscha-Liebhabern als Anregungen zur Vor- oder Nachbereitung ihrer Reise zur Verfügung stellen. sortiert nach Themen:
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Der Blog enthält sowohl Erlebnis-Reiseberichte als auch reine Orts- und Tempel-Beschreibungen, siehe Kategorien "Persönliches" und "Sachliches" in der Liste von Tags oben, sowie eingestreute Beiträge zu anderen Reiseländern und Themen.
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