Rund 100km östlich von Siem Reap entfernt steht der Preah Theat Khvav Tempel. Die Zufahrt ist unverfänglich, zu diesem Ziel führen befestigte Straßen. Vom ursprünglichen Tempel ist nur noch ein Prasat zu sehen, weil die neue Pagoda auf dem Fundament des alten Tempels errichtet wurde. Der formschöne Laterit-Turm ist ein wenig in Schieflage geraten, außerdem wurde die neue Tempelhalle viel zu nah neben den Prasat gebaut, dabei wäre ausreichend Platz vorhanden gewesen, um mehr Abstand zwischen dem alten und dem neuen Bauwerk zu gewährleisten. Weniger als Mannesschulterbreite Abstand trennen den Prasat von der Tempelhalle. Es lässt sich keine vernünftige Erklärung finden, welche den geringen Zwischenraum rechtfertigen würde. Die weite Anfahrt für nur einen Prasat aus Laterit würde sich kaum lohnen, wären nicht die vielen Sandsteinfragmente vom ehemaligen Tempel vorhanden, welche am Boden in Turmnähe lagern. Weitere Teile der alten Tempelanlage werden im neuen Tempel und in einem gesonderten kleinen Schrein verwahrt. Die zahlreichen zerbrochenen Teile geben wenn schon nicht Kunde, doch eine ungefähre Vorstellung vom Aussehen des einstigen Tempels. Schnell wird klar, dass mehrere Prasat existiert haben müssen. Die Menge der dekorativen Ausstattungsstücke bestätigt einen größeren Tempel. Die Sammlung der Fundstücke erheben den Ort zum sehenswerten Ziel. Zwar ist der Türsturz vom Tempel zerbrochen und unansehnlich, auch das Inventar im Sakralraum erhebt nicht den Anspruch auf Originalität, aber Kenner der Reliefkunst kommen beim Anblick der Sandsteinbauteile auf ihre Kosten. Interessenten aus Siem Reap mit eng begrenzten Zeitbudget werden für den Hin- und Rückweg die NR 6 wählen. Abwechslungsreicher ist die Fahrt auf der alten Straße von Beng Mealea nach Kvav. Die etwas staubige Straße führt an mehreren Khmer-Tempeln vorbei, auch werden etliche historische Brücken passiert, so auch die gut erhaltene Brücke in Kvav, dessen Naga-Balustrade irgendwann völlig eingewachsen und nicht mehr zu sehen sein wird. Die alten Brücken wurden sehr stabil gebaut, viele sind unversehrt und bis heute befahrbar, erfüllen somit ihren angestammten Zweck. Die hier gezeigten Fotos dokumentieren den Zustand des Tempels und den Bestand der Fundstücke am 6.12.2023. Dieser Hinweis ist insofern relevant, weil die Mönche oder sonstige verantwortliche Personen im Umgang mit den Hinterlassenschaften der Khmer ziemlich unbedarft, um nicht zu sagen mehr als lässig, eigentlich unzulässig verfahren. Historische französische Fotos und Fotos anderer Autoren belegen ständige Veränderungen im Bestand des mobilen Inventars vom Preah Theat Kvav Tempel.
Noch bewegen sich die Modalitäten betreffs Schutz und Pflege der ungeordneten Schätze weit entfernt von archäologischer Archivierung und wissenschaftlich historischer Aufarbeitung. Ein erster lobenswerter Schritt zur Rettung der Kunstwerke ist der kleine Schrein mit den Resten der Naga-Balustraden. Ein zweiter Schritt könnte die Errichtung eines größeren Gebäudes sein, in welchem die mobilen Sandstein-Fundsachen geordnet und sicher verwahrt wären, anstatt sie sorglos Wind und Wetter auszusetzen. Fotos und Text: Günter Schönlein Korrektur: Vanessa Jones
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Die Stadt DAMDEK breitet sich in südöstlicher Richtung zu beiden Seiten der National Road 6 aus. Diese Straße verbindet Siem Reap mit Phnom Penh, so gesehen ist die kleine Stadt nur ein Durchfahrtsort. Kaum ein Reisehandbuch erwähnt Damdek, trotzdem lohnt ein Besuch der Stadt und der Region. Ehe von Siem Reap aus Damdek erreicht wird, lohnt die Besichtigung der Khchas Pagoda, nördlich an der NR6 gelegen, Zufahrt direkt von der Straße aus (Google gibt einen weitaus längeren Weg vor). Die unscheinbare Pagoda entspricht den tradierten und in der Jetztzeit etablierten Baumustern, derlei Klöster finden sich häufig in Kambodscha. Nicht alle Klöster haben Beweise für die Existenz vormaliger Tempel bewahrt. Grundsätzlich gilt die Annahme, dass alle modernen Klosteranlagen an geheiligten Orten erbaut wurden, nämlich an Plätzen, auf denen vormals Khmer-Tempel standen. Das Verständnis für historische Bauwerke und deren Wert hat zugenommen, doch abgerissene Khmer-Bauten sind trotz begrüßenswerter Einsichten unwiederbringlich verloren. Bestenfalls sind die kargen Überreste der alten Tempel gesammelt und würdig geordnet an einem Platz zu sehen. Oft ist den steinernen Hinterlassenschaften ein kleines Haus, eine Art Tempel errichtet worden. Opfergaben an solchen Altären belegen die Verehrung für die alten Tempel und an den Glauben der Vorfahren. Meist sind es nur wenige behauene Sandsteinfragmente, die überlebt haben, seltener ist die Existenz alter Tempel neben neuen Pagoden, deren Namen meist den modernen Tempeln angepasst wurden. Im Fall der Khchas Pagoda wird allerdings das kleine Haus unter einem ehrwürdigen Baum als Prasat Tabrin bezeichnet (vorher nie gehört, Aussage der Mönche). Zu sehen sind neben zwei Yonis, Fragmente von Statuen, unter denen zwei als Löwen identifizierbar sind, außerdem Sandsteinbauteile, die von Türrahmen stammen, des weiteren Laterit-Steine. Fundamentreste sind nicht vorhanden, so kann nur vermutet werden, dass dies der Platz war, an welchem der alte Hindu-Tempel stand, ebenso ist aber die willkürliche Standortwahl möglich, weil dort ein ehrwürdig großer Baum Schatten spendet. Damdek kann immerhin mit einem nicht unbedeutenden Khmer Tempel aufwarten: dem Banteay Srei Temple Domdek, so das neueste Hinweisschild am Tempeleingang (tatsächlich Domdek, das ist kein Schreibfehler). Der Tempel selbst ist wenig bekannt, noch unbekannter sind die beiden Außentempel, die bisher vor lauter Bäumen und Buschwerk mehr zu ahnen als wirklich zu sehen waren. Inzwischen vom Holze befreit, zeigen sich die Ausmaße der nicht unwichtigen Tempel (besichtigt am 25.11.2023). Zwei massive Terrassen-Tempel, von denen die Fundamente und einige Tore zu sehen sind, flankieren den Haupttempel. Diese Außentempel und der Zentraltempel finden sich auf der Ost-West-Achse angeordnet. Das Wat Preah Trapeang mag eines von vielen Klöstern sein, die in den letzten Jahrzehnten errichtet wurden, doch nicht alle der modernen Klosterbauten negieren in radikaler Weise die vormaligen Tempel, wie es hier der Fall ist. Tatsächlich wurde auf dem Fundament des ehemaligen Tempels die Tempelhalle des neuen Klosters erbaut. Materialien des alten Tempels wurden für den Unterbau verwendet. Bauteile, die keine Verwendung fanden, liegen achtlos herum. Neben Ziegelsteinen sind Sandsteinfragmente und Laterit-Steine verschiedener Form und Größe in unmittelbarer Nähe der Vihara zu begutachten und genau diese wenig beachteten Bauteile belegen die einstige Existenz eines Sandsteintempels auf einem Laterit-Fundament bzw. eine Umfriedungsmauer aus Laterit. Die steinernen Überreste sprechen für sich. Archäologen und Kenner der Szene entwickeln an Hand der Fundstücke Vorstellungen vom verlorenen Tempel, dessen einstiger Name nicht zu eruieren ist. Bei Google findet sich der Eintrag Prasat Wat Preah Trapeang. Der Begriff Trapeang meint ein gemauertes Wasserbecken oder einen Teich, ein solcher ist der Klosterhalle vom Wat Preah Trapeang nördlich vorgelagert. Sumpfige Wege führen am Teich vorbei und in nördlicher Richtung zwischen Reisfeldern hindurch zu einem Hindutempel, dem ប្រាសាទសសរស្ដម្ភ. Wer dem Google-Übersetzungsprogramm Khmer-Deutsch vertraut, der hat den Prasat Osasarosdam gefunden. Aus der Entfernung hebt sich ein markant auffallendes Waldstück von den Feldern ab, welches sich als ein vom üppigen Dschungelbewuchs vereinnahmter Tempel entpuppt. Undurchdringliches dorniges Strauchwerk verhindert ein Vordringen zu den möglicherweise vorhandenem Tempelruinen, wahrscheinlich wären Steine und Fundamentreste zu finden gewesen. Ein einziges Bauteil aus Sandstein (mehr war nicht zu entdecken) und der Google-Eintrag belegen den Platz als Standort eines Tempels. Der nördlich der Khchas Pagoda befindliche Prasat Soriya Rong Ko bestätigt das Vorhandensein einer historischen Tempelanlage auf dem Gelände der modernen Klosteranlage Wat Soriya Rong Ko. Das moderne Kloster wurde in unmittelbarer Nähe der Ruinen des Hindu-Tempels errichtet, so stehen der Hindu-Tempel und der buddhistische Tempel in erfreulich friedlicher Koexistenz nebeneinander, ohne das ein Bauwerk das andere bedrängt, das ist eine begrüßenswerte Möglichkeit positiver Wertschätzung. Altes zu verwerfen, selbiges gar zu vernichten, ist die leichte bequemere Lösung zur aufwendigeren Alternative der Werterhaltung. Die Außenmauer vom Prasat Soriya Rong Ko befindet sich in gutem Zustand, macht folglich die Größe der Tempelanlage kenntlich. Der Eingang zum Tempel ist östlich, der Torrahmen steht noch und bestätigt die übliche Ost-Ausrichtung der meisten Khmer-Tempel. Abgesehen von einem nach außen verbrachten Piedestal, das als Sockel für eine Statue gedient haben mag, wurden alle anderen Steinfragmente liebevoll geordnet unter einem Wellblechdach als Altar aufgestellt. Gewissenlose Menschen haben den einzig nicht zerbrochenen Türsturz entstellt, klar und deutlich gesagt: hier wurde ein Kunstwerk geschändet. Hoffentlich ist der Versuch, das Mittelbild aus dem Relief herauszuschlagen, gescheitert. Solch seelenlosen Tätern wünscht man weder Freude am Raub noch Geldgewinn beim Verkauf. Die Lorm Brolerng Pagoda liegt nicht unbedingt an einem der Hauptwege, schon gar nicht an der Durchfahrtsstraße, doch der Weg ist nicht umsonst. Der Vihara hebt sich mit einigen Besonderheiten von den Musterbauten anderer Klosterhallen ab und nicht zuletzt beeinflusste ein Stupa die Zielauswahl. Wir haben im Laufe der Jahre viele Stupas (Grabmäler) in Kambodscha gesehen, deren Vielfalt ist den Grabsteinen auf europäischen Friedhöfen vergleichbar. Der Autor meint, niemals einen ähnlichen Stupa in Kambodscha gesehen zu haben. Es heißt, die Ausnahme bestätigt die Regel, doch dieser Stupa ist die Ausnahme ohne Regelbestätigung. Leider fand sich kein Mensch im Kloster, der hätte Auskunft geben können, wer hier bestattet wurde. Der Autor tendiert zur Annahme, dass hier ein Inder oder Burmese seine letzte Ruhe fand, vielleicht ein pilgernder Mönch oder ein Abt aus diesen fernen Ländern, der hier seinen Dienst tat und in der Fremde verstarb. Aus solchen Rätseln werden Geschichten gewebt. Normalerweise sind die Wände und die Decke der offenen Eingangshallen zu den Tempeln bunt bemalt, zu sehen sind die stets gleichen Szenen aus dem Leben Buddhas. Wer sich der Tempelhalle der Lorm Brolerng Pagoda nähert, glaubt auf eine Buddha-Statue zu blicken. Erst in direktem Gegenüber bemerkt der Betrachter, dass er vor einem kunstvoll gearbeiteten, monochrom gefärbten Vollrelief und nicht vor einer Statue steht: Buddha unter dem Lebensbaum. Wer sollte da nicht in Andacht verfallen . . . Das letzte ominöse Feature dieser Pagoda offeriert die Giebel-Dekoration an der Westseite der Vihara: Kala übergroß dominiert das Zentrum der Dreieckfläche, darüber Indra, eher wohl Yama, darunter eine bewegte Kampfszene. Eine menschliche Gestalt mit Tierkopf stürzt sich bewaffnet auf einen Stier. An welchen Kampf aus altindischen Legenden ist hier erinnert? Der Kämpfer kann als Hanuman (Affengott) identifiziert werden. Was hat die sichtbare Gegenwart hinduistischer Gottheiten (Kala, Yama, Hanuman) in einem buddhistischen Kloster zu bedeuten? Liegt vielleicht doch ein Hindu in dem Ausnahme-Stupa begraben? Wirklich im Abseits umgeben von abgeernteten Kornfeldern steht die Ruine vom Prasat Krovil. Weder mit Auto noch mit TukTuk ist die Zufahrt möglich, vielleicht bewältigt ein kräftiges Motorrad die tiefen Ackerfurchen. Nur zu Fuß gelangt man zu diesem Tempel. Zu sehen sind die Überreste von einem quadratischen Tempelbau aus Laterit-Steinen, der aber mit Dekorationen aus Sandstein versehen war. Die Sandstein-Beweisstücke liegen im Umfeld des Prasat umher: neben behauenen Sandsteinquadern finden sich ein rechteckiges Piedestal (Altar), eine sehr schön gearbeitete Säule, das Relief einer betenden Gestalt und das Bruchstück einer Lotos-Bekrönung. Angkor als historischer Begriff betrachtet, der ein Großreich meint und ein riesiges Gebiet umreißt, beschränkt sich nicht ausschließlich auf die touristisch erschlossenen Ziele. Die Menschen (und nicht nur die Könige) haben im Großreich der Khmer auch außerhalb der im Laufe der Jahrhunderte wechselnden Regierungsstädte zahlreiche Tempel in ländlichen Gegenden bauen lassen. Wer Augen hat, der suche, längst sind nicht alle religiösen Stätten der Khmer entdeckt.
Hinweis 1: Der Prasat Ta Pruoch, 10km nördlich von Damdek und westlich der R64 gelegen, wäre ein weiteres Ziel im Großraum Damdek, ein anderes Ziel wäre der Moni Saom San Tempel, 7km südlich von Damdek zu finden. Hinweis 2: Google zeigt an der von Norden her kommenden, südlich nach Damdek verlaufenden Straße R64 mehrere blaue Turmsymbole, das südlichste der Symbole ist als PHUM DAM DEK LEU benannt und meint einen Historischen Ort, von mehreren dazugehörigen Fotos muss eines irrtümlich eingefügt worden sein, denn ein Wasserheiligtum mit vielen Lingams haben wir dort vergeblich gesucht, auch die Dorfbewohner kannten ein solches nicht. Fotos und Text: Günter Schönlein Korrektur: Vanessa Jones Wer zum Mebon Tempel in Banteay Chhmar gelangen möchte, muss sich um kein Boot mehr kümmern oder die Trockenzeit abwarten, seit geraumer Zeit führt ein gesicherter Holzsteg (mit Geländer) vom Baray-Westufer zur Mebon-Insel. Diese benutzerfreundliche Neuerung ist begrüßenswert, wie auch die Restaurierung vom Anlegesteg des Baray Anlass zur Freude gibt. Vor einigen Jahren noch lagen nichts als unansehnliche Trümmer am Ufer des Wasserspeichers, nun zeigt sich der Pier de Baray in neuer Pracht, die wohl dem ursprünglichen Aussehen der Anlegestelle nahekommt. Über mehrere Jahre zogen sich die Restaurierungsarbeiten an einer fast baugleichen Anlegestelle im Kerngebiet von Angkor hin. Dort wie hier sind mittlerweile die Erhaltungsmaßnahmen abgeschlossen. Für Liebhaber der Khmer-Architektur bietet sich der interessante Vergleich beider Bauwerke an. Feststeht zumindest annähernd die Bauzeit: sowohl der Srah Srang (Anleger in Angkor) als auch der Bootssteg in Banteay Chhmar wurden im Auftrag von Jayavarman VII. erbaut, das heißt die Entstehung beider Stege muss ins späte 11. Jahrhundert datiert werden. Während der Srah Srang-Steg schon vorhanden war und lediglich umgebaut wurde, ist der Steg von Banteay Chhmar ein Neubau, als Bauzeit für den Banteay Chhmar Tempel und folglich auch für den Steg werden die letzten Regierungsjahre des Königs angenommen. Genaue Daten sind nicht überliefert. Sind auch die Aufbauten der Stege in Banteay Chhmar und Angkor, also die Terrassen, die Zugänge, die Stufen, die Löwen-Statuen und die Garuda-Naga-Balustraden einander doch sehr verwandt, muss dennoch auf Grund seiner zusätzlichen Wanddekorationen dem Banteay Chhmar-Landungssteg gegenüber dem Srah Srang-Steg der Vorzug eingeräumt werden. Alle senkrechten Außenwände sind mit unterschiedlich großen Hamsa-Reliefs verziert. Die Hamsa gelangten zu Zeiten der späten Khmer-Könige zu hohen Ehren, in Stein verewigt finden sich die Heiligen Gänse (Hamsa: Wildgans, Gans, Schwan) z. B. mehrfach an prominenten Plätzen in der Stadt Angkor Thom. Viele Hindus sehen den Hamsa als Verkörperung des Schöpfergottes Brahma, also nicht zuletzt die Inkarnation der Reinheit, des Makellosen überhaupt, folglich ist die dominante Präsenz der Hamsa an einer Landungsstelle (einem Profanbauwerk) bemerkenswert. Geebnete Wege führen geradlinig vorbei am Prasat Ta Im (auch Ta En Tempel genannt, die Namen variieren von Karte zu Karte) zum Hauptkomplex vom Banteay Chhmar Tempel oder anders gesehen: auf der West-Ost-Achse sind die zwei westlichen Außentempel, der Haupttempel, der Ta Im Tempel, der Landungssteg und der Baray mit dem Prasat Mebon angeordnet. Die geometrische Ausrichtung der Bauten lässt sich an Hand der Übersichtskarte problemlos nachvollziehen. Der Spaziergang auf dem Holzsteg über dem Wasser ist völlig problemlos zu bewältigen. Ein Blick zurück zeigt nochmals den Landungssteg aus neuer Perspektive. Im Vorwärtsschreiten erschließt sich trockenen Fußes die Flora und Fauna der Wasserwelt des Baray. Der Holzsteg endet am Westufer. Ein westlicher Anleger auf der Insel hat sich nicht erhalten. Mag sein, dass die Tempelinsel seinerzeit östlich angesteuert wurde, was der üblichen östlichen Ausrichtung der Tempelanlagen entspräche. Am östlichen Ufer der Insel nach Überresten von einem Landesteg zu suchen, wurde leider versäumt. Die künstlich angelegte rechteckige Mebon-Insel überrascht zunächst durch ihre Größe, gleichfalls ruft die zusätzliche Verschanzung der Tempelanlage Staunen hervor. Allein die Abgeschiedenheit der Insellage schien ungenügend. Hinter einem niedrigen Uferdamm riegelt ein umlaufender Wassergraben den unmittelbaren Zugang zum Mebon Tempel ab. Westlich und östlich führen schmale Dämme über den Wassergraben in Richtung Tempel. Innerhalb des Grabens haben sich ostseitig Laterit-Stufen erhalten, die auf Wasserbecken schließen lassen. Die Dämme über den Wassergraben waren durch Naga-Balustraden begrenzt. Teile dieser Steingeländer liegen unbeachtet im Gras. Außer dem Wassergraben umgibt eine Lateritmauer den Mebon Tempel. Der Zustand der Mauer muss über weite Strecken als desolat eingeschätzt werden. Torbauten sind nicht mehr vorhanden. Nicht konzentrische Kreise, sondern nach geometrischem Verständnis konzentrische Rechtecke umschließen den Mebon Tempel. Der Mebon Tempel wurde bisher nicht restauriert, die vorhandene Bausubstanz ist lediglich gesichert und zugänglich gemacht worden (Stand: Februar 2022). Manche hölzerne Stufe und etliche Stege mit Geländer ersparen beschwerliches Übersteigen von Steinbergen und erleichtern die Besichtigung. Besucher werden mit einem bis zur Unübersichtlichkeit zerstörten Tempel konfrontiert. Nur wenige Gebäudeteile stehen noch aufrecht. Ein Grundriss der Tempelanlage ist nirgends abrufbar. Natürlich lassen sich erprobte Grundmuster der Gebäudeanordnungen erkennen, doch verbindliche Aussagen zu den Baustrukturen können aus Laiensicht nicht gegeben werden. Der Mebon Tempel teilt das Schicksal aller Satelliten Tempel vom Banteay Chhmar Tempel: Vergessen, wenig beachtet und erst in den letzten Jahren buchstäblich wiederentdeckt und durch lobenswerte Initiativen der Anwohner zu Ansehen und Wertschätzung gelangt. Geebnete Wege führen zu jeden dieser Tempel. Die Bilderfolge zum Mebon Tempel legt die Zerstörung des Tempels offen, andererseits lassen sich markante Bauelemente erkennen. Steinschichtungen, Stürze, Pfeiler, Mauervorsprünge, Gesimse und Reliefs entsprechen dem Bayon-Stil. Imposante Reliefs sind im Mebon Tempel nicht zu finden. Keine Statuen, keine Lingas sind am Ort verblieben, eine zerbrochene Yoni und viele zerstörte Reliefs sind die einzigen Zeugnisse vormaliger religiöser Nutzung.
Der Mebon Tempel von Banteay Chhmar ist mit dem Mebon Tempel im Western Baray (Angkor) nicht vergleichbar, außer der Namensgleichheit und der Insellage haben die Tempelanlagen nichts gemeinsam. Die Mebon Tempel im Srah Srang Becken (Angkor) und im Beng Mealea Becken sind Fantasiebauten der Neuzeit, die attraktiv wirken sollen, doch in Wahrheit nur die Standorte verlorener Tempel fixieren. Der Lolei Tempel, der älteste der Inselbauten in Angkor, und der Östliche Mebon Tempel sind heutzutage als Inseltempel nicht mehr wirklich zu erkennen, da die jeweiligen Wasserbecken vor langer Zeit ausgetrocknet sind und frühzeitig zu Ackerland umfunktioniert wurden. Aus dieser Perspektive betrachtet, nimmt der Mebon Tempel von Banteay Chhmar als echter Inseltempel außerhalb vom Angkor-Kerngebiet eine Sonderstellung ein. Hinweis: Interessierte Leser können in diesem Blog einen Artikel über die HAMSA und einen weiteren Artikel über die BANTEAY CHHMAR SATELLITENTEMPEL abrufen: https://www.angkor-temples-in-cambodia.com/schoumlnlein-blog/hamsa https://www.angkor-temples-in-cambodia.com/schoumlnlein-blog/banteay-chhmar-satellitentempel Fotos und Text: Günter Schönlein Korrektur: Vanessa Jones Das 1999 eröffnete Museum nennt sich nach dem Ort, dem Fluss und der Region ANGKOR BOREI. Die weitestgehend flache Gegend wird vorwiegend landwirtschaftlich genutzt. Das Gebiet zählt zur Provinz Takeo. Die Entfernung nach Phnom Penh beträgt lediglich 80km. Trotz mehrfacher Grabungen in den letzten 100 Jahren ist die Region kulturhistorisch noch längst nicht vollständig erschlossen. Wenig weiß man über das Königreich Funan und dessen Hauptstadt Vyadhapura (heute: Angkor Borei). Konkret lässt sich die Besiedelung des Mekong-Deltas zumindest 2500 Jahre nachvollziehen. Es wird davon ausgegangen, dass schon während der prähistorischen Eisenzeit Menschen im südostasiatischen Raum siedelten. Das Angkor Borei Museum ist eine der Außenstellen des National Museums in Phnom Penh. Mehrere solcher äußerlich ähnlichen Museumsbauten wurden in Kambodscha gebaut. Die kleinen Museen beherbergen archäologische Funde und geben Auskunft über die jeweiligen Regionen. Die Sammlungen des Angkor Borei Museums beinhalten Artefakte aus der Frühzeit kambodschanischer Zivilisation, gezeigt werden Grabungsfunde aus der Funan- und Chenla-Periode. Die wichtigsten=auffälligsten Ausstellungsobjekte stammen vom Phnom Da, einem Hügel in der Nähe von Angkor Borei, auf dem noch zwei markante Tempel aus frühen Khmer-Zeiten zu sehen sind. Es besteht keineswegs die Absicht, in diesem Artikel die Museumkollektion umfassend vorzustellen. Nur einige besondere Objekte, die den üblichen Rahmen regionaler Ausstellungen sprengen, sollen hier kurz beleuchtet werden. Das Thema der Sammlung steht unter dem Motto: Von Funan nach Angkor. Chronologisch geordnet schildern die Ausstellungsobjekte den Verlauf der kulturhistorischen Entwicklung und das Erstarken von Handwerk und Kunst der Khmer. Die Buddhistische Stele (Bild 1, 1.1 & 1.2) muss als äußerst seltenes Fundstück betrachtet werden, in keinem Museum Kambodschas wird eine auch nur ähnliche Stele gezeigt, weshalb das herrliche Stück aus dem 6. Jahrhundert in drei Teilansichten vorgestellt und ausführlich beschrieben wird. Zwei Seiten der Stele sind bearbeitet, eine dritte Seite blieb unbearbeitet, möglicherweise stand diese Seite an einer Wand oder an einem Pfeiler, die vierte Seite der massiven Stele ist abgebrochen. Der untere Teil des Steins ist im Querschnitt quadratisch, der obere Teil ist oktogonal gestaltet, woraus sich eine Formänderung bzw. eine Flächenverschiebung ergibt, oben endet die Stele äußerst formvollendet mit einer kreisrunden Lotosblüte. Die Frontseite (Bild 1 & 1.1) zeigt eine stehende Person, welche in der linken Hand einen Lotosstängel hält. Ähnliche Figuren dieser Ausstrahlung sind an den Eingängen zu indischen Höhlentempeln auf dem Dekkan (Süd-Indien) nachweisbar, dort sind sie eindeutig als Dvarapalas (Tempelwächter) identifizierbar und als solche definiert. Die um 45° versetzten kleinen Rechteckflächen geben jeweils Raum für einen Pagoden-Stupa. Hervorzuheben ist die Symbolik der Zahl Sieben, ausgedrückt und betont durch den Stufenaufbau des Stupas. Der Stupa gilt als architektonische Metapher für den Buddha. Übrigens sind in Kambodscha derartige Stupas nie gebaut worden. Die Seitenfläche (sofern diese nicht als Frontansicht der Stele gedacht war) brilliert mit drei glückverheißenden, tradierten buddhistischen Symbolen: dem Rad der Lehre (Chakra), einer Vase (Purnagatha) mit Lotos und einem Gazellen-Paar. Der Purnagatha könnte auch als Piedestal für den Lotos angesehen werden, das entspräche einer sachlich-nüchternen Bildauslegung. Wann aber hätte ein Lotos eines sockelartigen Unterbaus bedurft, Lotos und Postament passen nicht zueinander. In der frühen Khmer-Reliefkunst sind keine derartigen Bildlösungen bekannt. Die Gazellen sind eine Referenz an jene Tiere, die im Hain von Benares Buddhas erster Rede gelauscht haben sollen. Vereinigt in harmonischer Eintracht finden sich auf der Seitenfläche der Stele das Rad der Lehre und die Gazellen, Symbole, die bis heute über den Eingängen buddhistischer Klöster an Buddhas Lehrtätigkeit erinnern. Nimmt man die zwei (vormals vier) Stupas auf den oberen kleinen Flächen und den Lotos hinzu, ist die Stele als eine gelungene uneingeschränkte Huldigung an den Buddha zu bewerten. Sollte die Stele tatsächlich, wie vermutet, aus dem 6. Jahrhundert stammen bzw. in dieser Zeit gefertigt worden sein, wäre das Kunstwerk ein Beleg für die religiöse Orientierung der frühen Siedler und auch ein Hinweis auf deren Herkunftsland, sofern sich die beschriebenen formalen Ähnlichkeiten und stilistischen Verwandtschaften stichhaltig als indisch/südindisch belegen ließen. Das in Angkor Borei (Kampong Rou, Poek Phtoul) ausgegrabene ungewöhnliche Buddha-Relief (Bild 2) zeigt einen völlig ausgemergelten Buddha, über dessen Knochen sich nur noch Haut spannt. Schulter, Schlüsselbein, Brustkorb und Rippen zeichnen sich deutlich ab. Buddha hatte beschlossen, durch Askese und völlige Enthaltung die Erleuchtung zu erreichen, folglich seine täglichen Essensrationen auf wenige Reiskörner zu beschränken. Das äußerst seltene, leider nur fragmentarische Sandsteinrelief wird dem 4. – 5. Jahrhundert zugeordnet. Khmer-Bildhauer haben sich selten oder wahrscheinlich nie am "Fasten-Buddha" versucht. Darstellungen vom hungernden Buddha Shakyamuni sind beispielsweise durch die Gandhara-Kultur (heute Pakistan) überliefert, eventuell finden sich Bilder vom fastenden Buddha auf bemalten Wänden in modernen Klöstern Kambodschas wieder. Zwei recht gut erhaltene Buddha-Statuen (Bild 3 & 4) werden im Umfeld der Buddhistischen Stele (Bild 1) präsentiert, das ist durchaus legitim, weil sie annähernd der gleichen Periode zugeordnet werden. Die Statuen unterscheiden sich in der Ausführung erheblich, was in der jeweiligen Ausstrahlung und im Gestus zum Ausdruck kommt. Der Buddha (Bild 3) ist fein modelliert, besonderer Ernst ist dem Buddha ins Gesicht geschrieben (Bild 3.1), solche Gesichter wurden von Khmer-Bildhauern nicht gestaltet, unweigerlich drängen sich Vergleiche zu Kunstwerken aus der Dvaravati-Kultur auf. Der in das 7. Jahrhundert datierte Buddha präsentiert sich mit der Varanda-Mudra, das ist die Geste der Wunscherfüllung. Die zweite Buddha-Statue (Bild 4), datiert in das 6. Jahrhundert, ist mit großer Wahrscheinlichkeit nicht fertiggestellt worden. Der stehende Buddha zeigt die Abhaya-Mudra, das ist eine Grußgeste, die gleichzeitig Schutzgewährung garantiert. Formschönheit und Eleganz können der kopflosen Durga-Statue (Bild 5 & 5.1) nicht streitig gemacht werden. Körper und Gewand vereinen sich zu zeitloser Harmonie. Kaum eine Göttin ist populärer als Durga, sie ist die GÖTTIN schlechthin, die Ur-Mutter (Mahadevi) überhaupt. Durga kann sich in verschiedenen Erscheinungen manifestieren. Verehrt wird sie als Sarasvati, Shakthi oder Lakshmi, aber auch als Ambika oder Ishvari. Tritt sie als Kali oder Chamunda auf, dann zeigt sich die vielgestaltige Göttin in furchterregenden Emanationen. Um die rachedürstende Kali zu besänftigen, werden ihr bis heute in Indien und Nepal blutige Tieropfer erbracht. In Kambodscha hat sich der einstmals populäre Durga-Kult gelegt. Durga-Statuen haben sich nur wenige erhalten, so beispielsweise die berühmte Durga aus Sambor Prei Kuk (National Museum Phnom Penh). Die hier vorgestellte Durga steht fest auf ihrem Sockel, an dem sich der massive Zapfen gut erhalten hat. Zapfen und Sockel belegen den ehemaligen Standort der Statue auf/in einem Piedestal (Bild 5.2). Ganz schwach konturiert ist an der Frontseite vom Sockel eine Gravur zu erkennen, die einen Büffel zeigt. Gefunden wurde die Statue im Wat Kamnou, Prek Phtol (Angkor Borei), gefertigt wurde die Statue im 7. Jahrhundert. Türstürze im Prei Khmeng-Stil sind selten, gut erhaltene Einzelstücke befinden sich in Museen. In situ haben nur wenige Stürze aus dieser Vor-Angkor-Periode überdauert, das hat seine Ursache im geringen Tempelbestand aus dieser Zeit. Den namensgebenden Prei Khmeng Tempel in Angkor besuchen nur Archäologen und bestenfalls unentwegte Tempelliebhaber, denn dort ist vom Tempel fast nichts mehr zu sehen, auch kein Lintel. Der Lintel (Bild 6) wurde im Wall vom Phnom Touch in Angkor Borei geborgen. Stilistisch markiert dieser Lintel schon den Übergang zum Sambor Prei Kuk-Stil. Alle frühen Lintel im Prei Khmeng-Stil zeigen vorwiegend florale Motive. In pflanzliches Rankenwerk integrierte Darstellungen von Göttern bzw. halbgöttlichen Wesen sind eher die Ausnahme. Auf dem Prei Khmeng-Lintel sind drei weibliche Götter zu sehen. Mit den jeweils außen auf den Pflanzenranken positionierten Wesen könnten Nagini gemeint sein, das wären die Personifikationen der weiblichen Nagas (Schlangen). Zieht man in Betracht, dass im 7. und 8. Jahrhundert die kultische Verehrung der Durga noch weit verbreitet war, wäre als Mittelbild Durga nicht auszuschließen. Menschenähnliche Darstellungen der verehrten Götter (Anthropomorphismus) vermochten sich als Stilmittel erst in späteren Perioden der Khmer-Kunst durchzusetzen. Götterbilder von Indra, Shiva und Vishnu sind seit dem Preah Ko-Stil zahlreich nachweisbar, doch Göttinnen auf Reliefs der frühen Stilperioden müssen als Rarität betrachtet werden. Während in späteren Stilperioden die Götterbilder dominieren und die vielgestaltigen floralen Gebilde eher als dekoratives Beiwerk rangiert, herrscht auf dem Prei Khmeng-Lintel zwischen floralen und anthropomorphen Bildelementen noch eine gediegene Ausgewogenheit. Bemerkenswert im Angkor Borei Museum sind auch die zahlreichen Fundstücke profaner Herkunft, die Rede ist von Ziegelsteinen, Dachziegeln und Irdenwaren, wie etwa Krüge und Schalen, besondere Erwähnung verdienen noch einige liebevoll gehauene Reibesteine.
Keine Museumsdependance in Kambodscha zeigt seltenere und wertvollere Fundstücke aus frühen Khmer-Zeiten. Dieser Sammlungsbestand und die Tempel auf dem Phnom Da rechtfertigen eine Visite in der Region Angkor Borei. Fotos und Text: Günter Schönlein Korrektur: Vanessa Jones Phnom meint Berg und Hügel gleichermaßen. Auf dem rund 100m hohen Phnom Da, nach westlichem Verständnis eher ein Hügel, stehen zwei bemerkenswerte Tempel: der gleichnamige Prasat Phnom Da und der Asram Maha Rosei. Eine Schrifttafel im Angkor Borei Museum (Bild 1) betont den historischen Wert beider Tempel und der Region. Maugers Skizze (Bild 1.1) aus dem Jahr 1936 zeigt, dass sich der Phnom Da in zwei benachbarte Hügel gliedert. Der eigentlich unscheinbare Berg ist dennoch weithin sichtbar, da sich rundherum nur flaches Land ausbreitet. Die Entfernung zwischen dem Tempelberg und der kleinen Siedlung Angkor Borei misst keine vier Kilometer. Die befestigten und mit Stufen versehenen Wege zu beiden Tempeln sind nicht zu verfehlen. Der Hügel, obgleich bewaldet, bleibt überschaubar. Der Phnom Da ist von einem Fahrweg umschlossen. Auf dem Berg wohnen keine Menschen, doch an der Ringstraße um den Berg herum haben die Menschen ihre sehr einfachen, zweckgebundenen Häuser gebaut. Die gesamte Gegend steht jedes Jahr für mehrere Monate unter Wasser, was einerseits zu beklagen ist, andererseits sich vorteilhaft auswirkt. Diese Region gilt als äußerst fruchtbar, Reis gedeiht hier prächtig. Mehr als ein sanft ansteigender Spaziergang, der an einer Felsenhöhle (Bild 2) vorbeiführt, ist nicht zu bewältigen, um zum Prasat Phnom Da zu gelangen. Zu welcher Zeit die kleine, rechteckige Andachtsstätte (Bild 2.1) in den Fels geschlagen wurde, ist nicht bekannt. Die Opfergaben bezeugen, dass der bescheidene Gebetsplatz für die Menschen noch immer von Bedeutung ist. Auf dem Berg sind weitere Höhlen vorhanden, die ebenfalls religiösen Zwecken dienen. Nirgends in Angkor wurde jemals ein größerer Laterit-Turm gebaut. Gesichert ist die Bauzeit. Der Phno Da Tempel im jetzigen Zustand (Bild 3 & 4) wurde auf alten Fundamenten aus dem 6. – 7. Jahrhundert im 12. Jahrhundert errichtet. In Anbetracht von rund 1000 Jahren, die seit der Einweihung und vermutlich andauernden Nutzung als Tempel vergangen sind, beeindruckt die massive wuchtige Erscheinung des 18m hohen Turmes, im selben Maße, wie die solide gefügten Mauern und die hervorragende Bearbeitung der Fassadenflächen Staunen hervorrufen. Betreffs der Grundfläche geben die meisten zugänglichen Quellen 12m² an, eine Auskunft, welche sich wohl auf den Innenraum bezieht, folglich wäre die Grundfläche lediglich auf 3x4m zu veranschlagen. Diese Angabe kann nicht stimmen, selbst die Zahlendrehung auf 21m² ist meines Erachtens noch zu niedrig. Der rechteckige Tempelinnenraum misst geschätzt etwa 4x5m, wenn nicht gar 5x6m, also rund 20 bis 30m². (Zukünftig gehört ein Meterstab oder ein Maßband in den Rucksack.) Informationen zum Phnom Da Tempel sind auf einer in Tempelnähe aufgestellten Tafel zu erfahren (Bild 5). Weitere Auskünfte zu geschichtlichen Hintergründen teilt Herr Ando Sundermann in seinem Artikel zum Phnom Da mit → https://www.angkor-temples-in-cambodia.com/phnom-da.html Gleich an welchem Standpunkt Betrachter verharren und auf die Fassaden schauen, ihre Blicke forschend über die Mauerflächen schweifen lassen, Anerkennung und Respekt sind das Mindeste, was den Erbauern zuerkannt werden muss. Von diesem Laterit-Prasat geht eine unvergleichliche Faszination aus, die aus seiner Einmaligkeit resultiert. Einstmals müssen die Wände in einem gleichmäßig warmen Braun geleuchtet haben, heute differieren die Wandpartien von Grau, über Braun bis Schwarz. Verwitterung und Alterung der Steine haben die farblichen Veränderungen verursacht, unverändert sind die herrlichen Strukturen der Fassaden. Auch Nichtfachleute wird die ausgewogene Harmonie zwischen Fundament-Gesimsen, Basen, Pilastern, Kapitellen, Tympana und oberen Gesimsen begeistern. Der Architekt wusste die Maße diverser Formen zum Ebenmaß abzustimmen, das macht die außerordentlich gediegene Gleichmäßigkeit der Gesamtansicht aus (Bild 6 & 7). Begnadete Handwerker verstanden Laterit unglaublich fein zu bearbeiten, selten sind Naga-Eck-Akroter so fein aus grobem Lateritgestein geschnitten worden, überhaupt scheint die Porosität des Laterit am Phnom Da Tempel aufgehoben, als wären diese Steine mit einem speziellen Verfahren behandelt worden. Die Scheintürfassaden gleichen sich. Mit schlichter Einfachheit der geometrischen Linienführung wird der Eindruck räumlicher Tiefe hervorgerufen, die real vorhanden ist, aber durch glatte Pilaster und weit hervorstehende Kapitelle noch verstärkt wird. Die prächtigen Naga-Makara-Bögen betonen die Eleganz der Scheintüren. Stufen führen zu den Scheintüren hinauf. Die Abnutzung in den unteren Bereichen der Türen ist nicht zu übersehen. Viele Menschen müssen mit den Fingern schauen. Die Lust, Kunstwerke zu berühren und seien es nur Tempelwände, ist verführerischer, als die Kraft selbige zu unterbinden. Schlimmere Folgen verursacht der ungehinderte, schwer zu bannende Strauch- und Baumbewuchs an unzugänglichen Dachbereichen der Tempel. Wer sollte jährlich ohne ernsthafte Schäden anzurichten, die Pflanzen aus den Mauerfugen entfernen? Dem natürlichen Phänomen ist kaum zu begegnen und schadet leider allen Tempeln in Kambodscha. Die übrigens - das ist ungewöhnlich - gen Norden orientierte Eingangsfassade (Bild 10) hinterlässt den unvollkommensten Eindruck, daran tragen die Menschen keine geringe Schuld. Rücksichtslos wurde entwendet, was gefiel, was wertvoll galt: die Bauteile aus Sandstein. Abgesehen vom Türrahmen und zwei Säulenfragmenten ist vom Außenschmuck im Eingangsbereich nichts mehr zu sehen. Es muss einen Türsturz gegeben haben, vielleicht sogar ein Tympanum. Diese Sandsteinreliefs sind, warum auch immer, entfernt worden. Bruchstücke sinnloser Verwüstung liegen auf dem Tempelboden (Bild 11.2), die ansehnlicheren Teile werden im Angkor Borei Museum verwahrt (Bild 11.1). Betreffs der Bergung der Sandsteinfragmente schienen die Archäologen uneins gewesen zu sein. Wie ist zu erklären, dass ein Fragment ins Museum verbracht, das andere im Tempel verblieb, dabei ist offensichtlich, dass beide Teile von einem Lintel stammen. Trotz der bruchstückhaften Überlieferung sind die Fragmente des Reliefs als »Quirlen des Milchozeans« zu deuten (Bild 11.1 & 11.2). Für den Laien ist das Motiv auf dem Vishnu-Lintel (Bild 12.1) einfacher zu deuten. Zu sehen ist der auf der Schlange Shesha liegende, im Schöpfungsschlaf befindliche Gott Vishnu (Anantashayana). Der übergroße Türsturz muss bei der sinnlosen Bergung mehrfach zerbrochen sein. Ein vergleichbarer Türsturz befindet sich am Phnom Rung Tempel im heutigen Thailand, damals noch in den Grenzen vom Khmer-Imperium gelegen. Interessenten müssen allerdings nicht nach Thailand reisen, um dieses Motiv zu sehen. Im Preah Khan Tempel ist ein herrliches Tympanum mit dem Vishnu-Motiv erhalten und auch im Angkor Wat findet sich das berühmte Motiv wieder. Was einst den Tempelinnenraum zierte und die Pilger zum Gebet lockte, wird heute im National Museum Phnom Penh präsentiert. Die Statuen aus dem Phnom Da Tempel gehören zu den prachtvollsten Objekten des Museums. Zurückgeblieben ist ein heilloses Durcheinander im Tempelinnern, von dem westliche Besucher unangenehm berührt, wenn nicht gar schockiert sind. Was hier angerichtet wurde, ist weder zu erklären, noch zu verzeihen. Der zaghafte Versuch, Ordnung herzustellen, ist gescheitert. Erklärungen zu den Phnom Da Statuen: die vier Statuen wurden auf dem Phnom Da (wahrscheinlich im Phnom Da Tempel) geborgen, kunsthistorisch werden die Statuen dem Phnom Da Stil zugeordnet, gefertigt wurden die Kunstwerke vom späten 6. bis zum frühen 7. Jahrhundert. Bild 14: Parashurama (Rama mit der Axt, die 6. Inkarnation Vishnus) Bild 15: Harihara (Vereinigung von Vishnu und Shiva) Bild 16: Rama (Rama mit Bogen, die 7. Inkarnation Vishnus) Bild 17: Vishnu (achtarmig) Keine 300m vom Phnom Da Tempel entfernt steht der Asram Maha Rosei, nur wenige Stufen trennen den Tempel vom Hauptweg. Dieser außergewöhnliche Granitbau (vielleicht auch Basalt?) ruht auf einem geglätteten Felsvorsprung, ist von Felsen umgeben und im Süden Kambodschas einmalig. Während der Phnom Da Tempel auf einem alten Fundament aus dem 6.-7. Jahrhundert erbaut wurde, stammt der Asram Maha Rosei Tempel wirklich aus dem 7. Jahrhundert, aus einer Zeit, in der König Bahavavarman herrschte. Bewegte Zeiten hatten die Khmer hinter sich. Die Funan wurden von den Chenla besiegt. Historiker bezeichnen diesen für die Khmer bedeutenden geschichtlichen Umbruch als Chenla-Periode. Archäologen beschreiben den Asram Maha Rosei Tempel und den Asram Isay Tempel in Sambor Prei Kuk baustilistisch als Ausnahmetempel der Khmerkultur. Dawn Rooney verweist auf Ähnlichkeiten mit Tempeln auf dem Dieng Plateau (Java) und Tempelanlagen in Südindien. Der jetzige Zustand vom Asram Maha Rosei Tempel ist das Resultat einer Restaurierungsmaßnahme die Anfang der dreißiger Jahre des 20. Jahrhundert von französischen Archäologen durchgeführt wurde. Historische Fotos (die aus rechtlichen Gründen hier nicht gezeigt werden können) zeigen den desolaten Bauzustand vor dem Wiederaufbau. Der Tempel kann nur mit geringen Ausmaßen aufwarten, dennoch wirkt der Bau in seiner Gedrungenheit massiv, ohne Eleganz zu entbehren. Es muss wohl an dem gelungenen Miteinander von waagerechten und senkrechten Linien und den eingefügten Bogenformen liegen, welche den imposanten Anblick der Eingangsfassade ausmachen (Bild 19). Trotz deutlicher Verluste am Fassadenschmuck sind die Fremdanleihen erkennbar. Klarer ließ sich die Eingangsfront kaum noch gliedern: Je eine quadratische, rechteckig eingefasste Fensterluke neben der hohen rechteckgen Tür, darüber der übergroße Bogen (ein Scheinfenster bzw. Tympanum). Die kleineren Bögen über den Fenstereinfassungen fehlen, waren aber vorhanden (über dem linken Fenster noch zu ahnen). Allein die rund geformten Säulen neben Tür und die beiden Fenster lockern die karge Geometrie auf. Ohne Säulen und Bogen wäre die Fassade allein vom funktionalen Zusammenspiel konkreter geometrischer Flächen gekennzeichnet. Die hohe Tür und der Bogen strecken den Bau optisch in die Höhe. Das nüchtern verstandene, durchaus kühne Architekturkonzept baut einzig auf die symmetrische Ansicht (Bild 20). Je drei Fenster gliedern die Seitenwände (Bild 21). Durch diese fällt spärliches Licht in den engen Gang zwischen Außenwand und Cella. An der Rückwand wurde auf Fenster und jeglichen Schmuck verzichtet. Eingezwängt befindet sich, sozusagen Tempel im Tempel, die verkleinerte Wiederholung der Außenform im Innern. Tür und Säulen gleichen dem äußeren Gestaltungskonzept. Dieser Kubus (2x2m) barg eine der schönsten Statuen, die je in dieser Epoche geschaffen wurde: Harihara, heute ein Glanzstück der Sammlung Guimet in Paris. Die Tatsache, dass in diesem Tempel der Harihara-Kult gepflegt wurde, belegt die religiöse Glaubensausrichtung und gleichzeitig die indische Provenienz der Architektur. Während in Indien die Verehrung für die Doppel-Gottheit (Vishnu und Shiva) bis heute anhält, lässt sich für die Khmer der Harihara-Kult nur in den frühen Prä-Angkor-Epochen nachweisen. Harihara stand in Kambodscha stets im Schatten anderer Götter. In späteren Epochen der Khmerdynastien verloren sich Ansehen und Wertschätzung Hariharas völlig. Die lebensgroße, übermenschlich schöne Harihara-Statue (173x65x23cm) muss in der engen dunklen Cella des Asram Maha Rosei auf die Pilger grandiosen Eindruck gemacht haben, so erhaben blickt nur ein Gott auf die Menschen herab. Wer in dieser Cella zum Gebet niederfiel, wusste und fühlte den schützenden Gott über sich. Kunstliebhaber können heutzutage im Pariser Musée Guimet der im besten Licht präsentierten Gottheit unmittelbar gegenüber stehen und sich an der göttlichen Statue erfreuen (Bild 25). Ein fast verlorener Tempel ist noch zu erwähnen. Völlig überwuchert finden sich in der Nähe vom Asram Maha Rosei Tempel bescheidene Mauerreste von einem Ziegelprasat. Die unscheinbare Ruine ist für Touristen ohne Belang, lediglich der Standort des Schreines im Kontext der anderen Tempel und Höhlen auf dem Phnom Da könnte für archäologische Forschungen relevant sein. Anmerkung: Weiter oben wurden der Asram Maha Rosei und der Asram Isey in Sambor Prei Kuk als Ausnahmetempel bezeichnet, diese Aussage gilt ohne Abstriche, doch müssen in diese Auflistung zwei weitere Tempel, die ebenfalls dieser Rubrik angehören, eingefügt werden. Etwa 20km nördlich von Kampong Cham steht auf dem erhöhten Ufer des Mekong der Kouk Preah Theat Tempel. Dieser Tempel ist ein ziemlich genaues Abbild des Asram Maha Rosei Tempels. Nur wenige hundert Meter südlich, ebenfalls am Mekong, steht auf dem Gelände der Hanchey Pagoda der Hanchey Tempel. Dieser Tempel ist die annähernde baugleiche Wiederholung des Asram Isey in Sambor Prei Kuk. Beide Tempel sind über die PR222 (asphaltierte Straße) problemlos zu erreichen.
Zu vergleichen sind die Tempel: Asram Maha Rosei Tempel ← → Kouk Preah Theat Tempel Asram Isey Tempel ← → Hanchey Tempel Fazit: In Kambodscha existieren nicht zwei, sondern (nach Wissen des Autors) wenigstens vier Ausnahmetempel aus der Frühzeit der Khmerkultur mit indischen Architekturmerkmalen. Drei der Tempel befinden sich bezeichnenderweise im Strömungsgebiet des Mekong und seiner Nebenflüsse, woraus zu schließen wäre, dass die Einwanderer über das Meer ins Land kamen und auf dem Mekong stromaufwärts fuhren. Die Besiedelung (Landnahme) durch diese Fremden erfolgte also vom Wasser her. Sesshaft geworden errichteten sie Tempel, die ihrer kulturellen Herkunft entsprachen und ihren religiösen Praktiken gerecht wurden. Wie jedoch ist die Existenz des Asram Isey Tempels in Sambor Prei Kuk zu begründen? Die Tempelgruppen von Sambor Prei Kuk stehen rund 300km nördlich vom Phnom Da und sind nicht in der Nähe des Mekong gelegen. Fotos und Text: Günter Schönlein Korrektur: Vanessa Jones |
Autor Günter Schönlein
Auf meinen bisher acht Reisen nach Kambodscha habe ich viele Khmer-Tempel photographisch dokumentiert. Mit Pheaks Hilfe suchte ich auch viele schwer zu findende entlegene Tempel auf. In diesem Blog möchte ich meine dabei erworbenen Eindrücke und Kenntnisse gerne anderen Kambodscha-Liebhabern als Anregungen zur Vor- oder Nachbereitung ihrer Reise zur Verfügung stellen. sortiert nach Themen:
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